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Ragazzi aus Berlin verwirren gern: so riss ihre smarte Blues- und Boogiemixtur kürzlich einen Konzertbesucher zu dem Zwischenruf „Ihr spielt ja Bluesrock!“ hin. Matthias Einhoff, Sänger und Texter der Band, lacht: „Das war der typische Indie-Fan, der hat offenbar etwas ganz anderes erwartet!“ Ragazzis neues Album „Lumber“ spielt sehr locker mit verschiedenen Stilelementen; Blueselemente, Westcoastsound, Boogieklavier, poppige Melodien und hier und da eine Hardrockgitarre ergeben ein anspruchsvolles, aber leichtfüssiges Ganzes, das von den Hörern eine gewisse Offenheit einfordert. Eingefahrene Gewohnheiten sind definitiv fehl am Platz: Der sehr eingängige Opener „Forer You“ kontrastiert mit dem abgehangenen Blues von „K2“, die dramatische Melodieführung von „The Knight“ lässt an Placebo denken. „Memory Mate“ ist ein überschwenglicher Hit, auf den Supergrass stolz sein könnten, wenn sie ihn denn geschrieben hätten: Einhoffs sanfte Vocals stemmen sich schräg gegen die knackigen Gitarrenläufe, Britpop at its best aus good old Berlin. „Boys in Jeans“ mit seinem treibenden Beat und dem lässig-flanierenden Pianoplinkern ginge als verträumter Popsong durch, bis die Gitarre eintritt und eine ganz andere Geschichte von Jeans und Boogie erzählt. Ragazzi exisitieren seit neun Jahren, mit ihrem Album „Friday“, das 2003 bei Buback erschien, definierten sie den grossen Popentwurf britischer Prägung neu, Vergleiche mit Rialto, Clinic und Zoot Woman wurden gezogen. Für „Lumber“ wandten sie sich Blues und Boogie zu, also eher „altmodischen“ Stilrichtungen, die den geneigten Indiefan vor Rätsel stellen, siehe oben. satt.org sprach vor dem Konzert im Frankfurter Cooky's am 31.5. mit Matthias Einhoff. CM: Wer eure letzte Platte „Friday“ kennt, wird vom neuen Album vielleicht etwas verwirrt sein. Statt britisch geprägtem Pop verwendet Ihr jetzt Blueszitate – ist das eine ironische Geste? CM: Also ähnlich wie PJ Harvey, die den Blues für sich auf sehr individuelle Weise interpretiert? CM: Als ich zum ersten Mal Frank Zappas „Dancin' Fool“ (vom Album „Sheik Yerbouti“) war ich begeistert, weil man dazu toll tanzen konnte. Als ich dann erfuhr, dass er die Discobewegung damit auf die Schippe nahm, war ich irgendwie beleidigt … CM: Auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden? Die Verwirrung wird noch weiter getrieben: Das Album heisst 'Lumber', im Booklet sieht man die Band mit Holzfällerhemden und Motorsägen – was steckt hinter dieser Holzfixierung? Ist das als Wink in Richtung David Lynchs 'Twin Peaks' zu verstehen? In dieser Serie spielte das Holz ja eine ganz bedeutende Rolle … Einhoff lächelt wieder, „das Holz hat gar nichts zu bedeuten.“ Vielleicht sollte man erwähnen, dass Matthias Einhoff Gründungsmitglied der Künstlergruppe Superschool ist, die unter anderem Videos für befreundete Bands wie Kante drehen; ausserdem hat Einhoff einen Lehrauftrag für Aesthetische Praxis an der Universität der Künste/Berlin, Kunst und Musik gehen bei Ragazzi also Hand in Hand. Das Ausprobieren verschiedener Stile, die Wechselwirkung zwischen optischer Gestaltung und musikalischem Experiment schliesst sich nicht aus, sondern bedingt einander. Ein Textauszug aus „Not Exactly“ vom neuen Album mag helfen, das künstlerische Konzept von Ragazzi zu entschlüsseln: A simple way is what's preferred CM: Ihr tretet nachher gemeinsam mit Kissogram auf, die wie Ihr auf Englisch texten – wollt Ihr Internationalität demonstrieren, gerade jetzt, da jede Band meint, deutsch singen zu müssen?
CM: Apropos Aufmerksamkeit: Ihr seid auch bei myspace zu finden, hilft euch das Netz? CM: Euer neues Album erscheint bei Staatsakt, wie kam die Zusammenarbeit zustande? CM: Um nochmal auf Eure Tourkollegen Kissogram zurückzukommen: Kissogram gelten gerade als Berlin-Boheme-Vorzeigeband – seht Ihr Euch auch als Teil einer Boheme?
» www.ragazziworld.de |
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