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Juli 2007
Christina Mohr
für satt.org

The Pierces:
13 Tales of Love and Revenge


The Pierces:
13 Tales of
Love and Revenge

(Lizard King)

The Pierces: 13 Tales of  Love and Revenge
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The Pierces sind das Geschwisterpaar Allison und Catherine Pierce aus Alabama – zwei bezaubernde, hochbegabte, vor Kreativität überschäumende Sängerinnen, Gitarristinnen und Komponistinnen. Auch das Cover ihrer aktuellen Platte „13 Tales of Love and Revenge“ haben sie selbst gezeichnet und gestaltet, ihre Talente beschränken sich also keineswegs auf den musikalischen Bereich. Mit ihrem neuen Album gelingt den Pierces das Kunststück, Mainstreampop mit ihrem sehr speziellem Humor und gewagten stilistischen Experimenten zu verbinden – The Pierces sind sowas wie die Corrs und CocoRosie in einem. Eingängige, honigsüsse Melodien bestimmen die „13 Tales …“, die zwischen Country, Folk, Dance und HipHop changieren. Die Songs sind stilsicher und perfekt instrumentiert und offenbaren beim genaueren Hinhören meist eine sehr garstige und stachlige Seite. Das schläfrig-raunende „Boring“ zählt Lifestyle-Accessoires, Modemarken und sogenannte Celebrities auf, die alle zusammen nichts anderes sind als „boring“. Der folkige Opener „Secret“ erzählt davon, dass man Geheimnisse nur den Toten anvertrauen kann, in „Ruin“ verwünschen sie einen treulosen Lover und im tanzbar-wilden „Lights On“ machen sie ihrem neuen Objekt der Begierde schnell klar, was sie erwarten: „Can I have your number / can I have your Baby / can we run away together?“ Allison und Catherine heissen tatsächlich Pierce, was einzigartig gut zu ihren zustechenden, bissigen Liebes- und Racheliedern passt. Noch dazu sind die beiden mit einem rabenschwarzen Humor gesegnet, der seinesgleichen sucht – freundlicherweise gaben uns The Pierces ein Interview, ganz ohne böse Verwünschungen …

CM: Ihr habt kürzlich gesagt, dass Ihr sehr froh darüber seid, dass nicht allzu viele Leute Eure ersten beiden Alben kennen – was hat sich seit „The Pierces“ von 2000 und „Light of the Moon“ (2005) verändert? Und warum seid Ihr mit „13 Tales …“ so viel zufriedener?

The Pierces: Wir sind für diese Platte komplett allein verantwortlich, sie entspricht hundertprozentig unseren eigenen Vorstellungen. Wir hatten sehr viel Spass im Studio und haben keinen Gedanken daran verschwendet, eine radiotaugliche Single auf dem Album zu haben. Diese Art zu arbeiten ist viel erfüllender, als den (unmöglichen) Versuch zu unternehmen, so zu klingen, wie es sich jemand anderer ausgedacht hat.

CM: In Eurem Presseinfo werden lustige Geschichten verbreitet, zum Beispiel, dass eine von Euch von einer Zigeunertanzgruppe entführt wurde und die andere auf eine lange Suche nach ihr ging, bis Ihr schliesslich wieder glücklich vereint wart …. macht es Euch Spass, die Leute an der Nase herumzuführen?

The Pierces: 13 Tales of  Love and Revenge

The Pierces: Sagen wir es so: Wir haben einfach ein hübsches Gemälde aus unserem Leben gemacht … es ist alles bis zu einem gewissen Grad wahr. Wir wollen nur unterhalten, nicht verwirren! (auf Englisch sagen sie: We only want to amuse, not confuse! Anm. cm)

CM: Und Eure Songs klingen auch erstmal „nett“ und süss beim ersten Hören – zeigen dann aber ganz garstige Krallen und Stacheln …

The Pierces: Egal, wie niedlich etwas zuerst erscheint, unter der Oberfläche lugt immer die Dunkelheit hervor. Das ist einfach so.

CM: Zur Zeit ist noch ein anderes Geschwisterpaar in aller Munde: CocoRosie sind hier in Deutschland gerade sehr angesagt. Bereiten sie den Boden für Euch oder kann man Euch nicht vergleichen?

The Pierces: Wir kennen ihre Musik leider nicht so gut, aber wenn sie Wegbereiterinnen für uns sind, können wir uns nur bedanken! Wir haben nur Gutes über sie gehört!

CM: Erinnert Ihr Euch an die ersten Platten, die Euch wichtig waren und in Euch die Idee keimen liessen, auch Musikerinnen zu werden?

The Pierces: Die Beatles sind verantwortlich dafür, dass wir Popsongs schreiben wollten und Joni Mitchell sorgte dafür, dass wir unsere Herzen ausschütten!

CM: Wie geht Ihr beim Songschreiben vor?

The Pierces: Das ist ganz unterschiedlich, es gibt kein Rezept. Manchmal ist zuerst ein Stückchen Text da, manchmal eine Melodie. Üblicherweise schreibt und komponiert jede für sich, und jede hat ihre eigene Arbeitsweise.

CM: Streitet Ihr Euch oft während der Arbeit an einer Platte oder seid Ihr Euch eher einig?

The Pierces: Oh ja, wir streiten! Aber wir schaffen es immer, uns zu einigen. Wir müssen … wir kleben ja quasi aneinander.

CM: Ihr seht beide super aus – haben es gutaussehende Leute einfacher, ein Publikum zu erreichen?

The Pierces: Danke danke … Wir glauben aber nicht, dass gutes Aussehen – was immer das heisst – viel ausmacht. Wir wissen nur, dass wir nicht zu Konzerten gehen, nur weil die Band gut aussieht.

CM: Was steht in Eurer Fanpost?

The Pierces: Das reicht vom Heiratsantrag bis zur Morddrohung ….

CM: Seht Ihr Euch als Rolemodels für junge Mädchen, die Musik machen wollen?

The Pierces: Wir hoffen sehr, dass wir Vorbilder sein können!

CM: Bevorzugt Ihr männliche oder weibliche SängerInnen?

The Pierces: Das macht für uns keinen Unterschied – obwohl zur Zeit eine Menge toller Sängerinnen unterwegs sind! Good job, ladies!

CM: Ihr spielt mit vielen verschiedenen Musikstilen – gibt es ein Genre, das Ihr gern mal ausprobieren wollt, Euch aber noch nicht rangetraut habt?

The Pierces: Wir würden gern mal ein richtig altmodisches Countryalbum machen. So wie Hank Williams oder Emmylou Harris.

CM: Womit vertreibt Ihr Euch die Zeit, wenn Ihr keine Musik macht?

The Pierces: Essen, Schlafen, Lesen, Malen, Trinken, Spielen, Liebe machen, Banken überfallen, Leute verhexen. Was man eben so tut …

CM: Der wertvollste Tipp, den Euch Eure Grossmutter gab:

The Pierces: Tretet niemals in Deutschland auf!

CM: Letzte Frage: Kommt Ihr mal nach Deutschland für ein paar Konzerte?

The Pierces: Klar. Wer hört denn schon auf seine Oma?



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