Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




August 2007
Robert Mießner
für satt.org

Ein Zigeuner aus Oklahoma
Lee Hazlewood (1929-2007)

Lee Hazlewood (1929-2007)
Lee Hazlewood (1929-2007)
Foto: Kevin Cummins

Er war ein Charmeur, ein Rumtreiber und Zelteabbrecher. Lee Hazlewood hatte Duane Eddie ins Rampenlicht geschoben, Nancy Sinatra zum unerwarteten Erfolg verholfen, der Popmusik Songs wie These Boots Are Made For Walkin’, Summer Wine und Friday’s Child geschenkt, Dean Martin produziert und mit Gram Parsons ein ganzes Genre, Countryrock, erfunden. Da kehrte der Sohn eines Tankwarts seiner Heimat den Rücken und ließ sich 1970 in Schweden nieder. Das Land sollte ihm, neben Paris und London, eine zweite Heimat werden, während es um den einstigen Star stiller wurde.

Das Unstete scheint ihm früh zu eigen gewesen sein. Bereits der Teenager zog von Oklahoma nach Texas, der musikbegeisterte Jugendliche studierte Medizin in Forth Worth und Kalifornien und nahm am Koreakrieg teil. Hazlewood ist weder erfolgreicher Arzt noch ordenbehangener Militär geworden. Er wurde Songwriter und Produzent mit einem unverwechselbaren Stil. Seine Musik atmet die scheinbare Leichtigkeit von Country und das Aufrührerische des Rock ‘n’ Roll, versagt sich aber ansonsten allen Schubladen und Kategorien. Im Studio war er gerne Experimentalist, sein später Ruhm im Underground der achtziger Jahre alles andere als eine Laune der Popgeschichte. Hazlewoods Songs erzählen von enthusiastischen Verlierern, Strolchen und Trunkenbolden. Sie feiern das Glück der Übertretung und den Kater danach. Die Liste seiner Fans spricht Bände. Unter ihnen finden sich Beck, Jarvis Cocker, Nick Cave, Anita Lane, Primal Scream und die Tindersticks. Lydia Lunch und Rowland S. Howard haben eine sinistre Version von Some Velvet Morning aufgenommen, die Einstürzenden Neubauten Sand gecovert.


Lee Hazlewood:
Cake Or Death


Lee Hazlewood: Cake Or Death
   » amazon

Hazlewood war, wie seine Verehrer, ein fröhlicher Rebell. Einer, der wusste, dass Humor Katastrophen nicht ungeschehen macht und das, wofür es das Unwort Schicksal gibt, nicht aufhalten, aber wenigstens erträglich machen kann. Die Ironie, nicht die aus Überlegenheit, sondern aus Einsicht geborene, hat ihn auch nicht verlassen, als bei ihm 2006 Nierenkrebs diagnostiziert wurde. Hazlewood entschloss sich, weiterzuarbeiten. Er veröffentlichte sein Abschiedsalbum Cake Or Death und begleitete die Veröffentlichung mit sarkastischen Interviews, in denen er im Plauderton über Schmerzmittel, Todesangst und Erinnerungen sprach. Man solle ihn verbrennen und die Asche über der schwedischen Insel, die er bewohnte, verstreuen. Der Grabstein möge die Aufschrift “Didn’t he ramble” tragen, so sein Wunsch. Am 04. August ist Lee Hazlewood im Alter von 78 Jahren, den Geburtstag konnte er noch feiern, in Henderson, Nevada der Krankheit erlegen. Er hinterlässt einen Sohn, zwei Töchter und eine Ehefrau.