Die Farbe rot ist ein starkes Signal: Wut, Liebe, Kampf, Leben, Energie, Gefahr – rot steht für Intensität in jeder Beziehung, ist Stop- und Alarmzeichen, aber auch Sinnbild für Vitalität und Wärme. Sabrina Setlur, Deutschlands prominenteste Rapperin, suchte sich die Farbe rot als übergreifendes Motto für ihre neue Platte aus und setzt so ein deutliches Zeichen für ihren Neuanfang – auch wenn sie selbst „ROT“ keineswegs als Comebackalbum sieht, sondern ihre längere Abwesenheit vom Musikbusiness damit erklärt, dass gut' Ding eben Weile haben will. Dennoch: zwölf Jahre sind vergangen, seitdem Sabrina Setlur als Schwester S. mit „Ja, Klar“ debütierte. Mit ihren Buddies Moses Pelham und Thomas Hofmann vom Rödelheim Hartreim Projekt produzierte sie Platten, die sie schnell zur coolsten und berühmtesten deutschsprachigen HipHopperin machten, trotz und wegen ihres Frankfurter „Schlappmauls“. 1997 featurete sie auf ihrem Track „Freisein“ einen bis dato unbekannten Sänger, der danach zur Lichtgestalt des deutschen Soul und HipHop avancieren sollte: Xavier Naidoo. Sabrina selbst gewann dreimal den Branchenpreis „Echo“ und wurde zum Liebling des Boulevards: Liebschaften mit berühmten Männern und ihr angeblich divenhaftes Image sorgten dafür, dass sie Anfang der Nullerjahre weniger wegen ihrer Musik, sondern wegen ihres Lifestyles im Rampenlicht stand. 2003 war sie Jurymitglied in der TV-Show „Popstars“ und veröffentlichte ihr bis dahin letztes Studioalbum „Sabs“. Jetzt, vier Jahre später, ist Sabrina Setlur mit voller roter Power wieder da: die Vorabsingle „LAUTA“ bereitete die Gemeinde schon auf das vor, was sie auf dem Album „ROT“ erwartet: vollmundiger, tiefbassiger Sound mit Platz für jede Menge elektronische Spielereien, Sabrina und ihre Crew zeigen sich in Höchstform. Die Tanzbarkeit steht deutlich im Mittelpunkt, die Reime knallen, die Beats sind fresh. Tracks wie „Im Roten Raum“, „Discolampen“ oder „I Think I Like It“ dürften auf den Dancefloors in aller Welt Furore machen; langsamere Stücke wie „Als sei nix gewesen“ oder „Bald vielleicht O.K.“ zeigen eine nachdenkliche Sabrina, der es gelingt, auch aus schwierigen Situationen gestärkt herauszukommen. Der Refrain von „Dieses Mal“ klingt regelrecht programmatisch für die „neue“ Sabrina:
Yeah – dem ist kaum etwas hinzuzufügen, ausser dem kleinen Interview, das Sabrina für satt.org gab:
Sabrina Setlur Foto: 3p |
CM: Ist „ROT“ für dich ein Comebackalbum oder die Weiterführung deiner Arbeit?
Sabrina: Ich bin nicht weggegangen und so ist "ROT" für mich auch eine ganz normale und doch sehr aufregende Weiterführung meiner bisherigen Arbeit. Es gibt ja auch nicht so viele Rapper, die ihr 6. Studioalbum machen. LL Cool J`s "Don`t call it a comeback" aus "Mama said knock you out" zu bemühen, wäre an dieser Stelle wahrscheinlich auch übertrieben, obwohl es meine Stimmung
sehr gut trifft.
CM: Was hat sich seit dem letzten Album („Sabs“) verändert – künstlerisch, produktionstechnisch?
Sabrina: Die Welt dreht sich immer weiter und so verändert sich auch alles Mögliche ständig. Mit jedem Tag der vergeht, habe ich neue Eindrücke und neue Ideen davon, was ich sein will und verbessern muss. Ich hoffe, das hört man "ROT" an.
CM: Du bist nicht auf dem Frontcover zu sehen, erst auf der Rückseite – ist das ein bewusstes Statement? HipHopperinnen/Rapperinnen werden häufig (leider) auf ihre äußeren Reize
reduziert, da ist es schon bemerkenswert, wenn du mit einem foto-losen Cover an die Öffentlichkeit gehst …
Sabrina: Darüber habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht. Ich habe das Cover
gesehen und wusste, 'das ist es.' Wenn Du mich so fragst, muss ich allerdings sagen, dass ich in dem Schriftzug Sabrina Setlur mich so erkenne, als ob es ein Foto wäre.
CM: Siehst du dich als weibliches Role model? Es gibt ja nicht so viele weibliche RapperInnen/HipHopperinnen – wirst du von Mädchen, die auch Musik machen wollen, um Rat gefragt? Was rätst du ihnen?
Sabrina: Ich sehe mich einfach als Mensch und rate genau dies jedem, der mich fragt.
CM: Was bedeutet dir HipHop?
Sabrina: Die Möglichkeit sich selbst auszudrücken, eine wunderbare, heilsame, erbauende und inspirierende Sache ist, die ich jedem nur empfehlen kann.
CM: Um 3p war es etwas ruhiger geworden – ist jetzt (in Zeiten von Aggro Berlin) die Zeit wieder reif für Rödelheim?
Sabrina: Schätzchen, bitte.
Sabrina Setlur Foto: 3p |
CM: „ROT“ besteht aus tanzbaren Tracks mit deepen Bässen, aber auch aus nachdenklichen Balladen – gibt es Songs, die dir besonders am Herzen liegen? Welcher ist der wichtigste und welcher war der schwierigste?
Sabrina: Frag doch mal eine Mutter, welches ihrer Kinder ihr liebstes ist. "ROT" ist einfach mein Leben. Natürlich gibt es aber Momente, in denen mir der eine oder andere Track näher ist. Wenn ich feiern will, sind es Tracks wie "Lauta", "Discolampen", "I think I like it", "Das Leben in Rot" und "Im
roten Raum". Zur Motivation höre ich "Überleben" und "Dieses Mal", wenn ich gefrustet bin, eher "Rot", "Als sei nix gewesen" und "Lass mich los" und wenn ich das Bedürfnis habe, von einem Lied richtig umarmt zu werden, "Zweifellos", "Am Feuer" und "Bald vielleicht O.K.". Im Moment bin ich in
der "Discolampen"-Stimmung.
CM: Xavier Naidoo ist häufig auf „Rot“ zu hören – wie wichtig ist dir eine künstlerische und/oder freundschaftliche Community?
Sabrina: Auf meiner Platte sind ausser Xavier so viele begnadete Sängerinnen und Sänger, die auch
zum Grossteil meinen Chor bei Auftritten bilden. Ich glaube, wenn man sich das Booklet zu "ROT" anschaut, wird man ganz schön überrascht sein.
CM: Wenn du Tracks aufnimmst: hast du zuerst einen Text im Kopf oder kommt zuerst der Beat?
Sabrina: Es gibt beides, Hauptsache, da ist etwas, das mich zu irgendetwas inspiriert.
CM: Welche Musik war dir in den letzten Jahren am wichtigsten?
Sabrina: Na die, die ich mir immer wieder anhören wollte. Die mich gefüttert hat, mir Trost, Halt und Inspiration war.
CM: Wie wichtig ist dir Frankfurt als „homebase“ – könntest du dir vorstellen, woanders zu leben?
Sabrina: Ich kann mir in bestimmten Situationen alles Mögliche vorstellen und wenn man muss, muss man eh, aber Heimat ist halt Heimat.
CM: Du hast in den letzten Jahren auch viel in anderen Genres zu tun gehabt – TV, Film, Popstars-Jury – womit fühlst du dich am wohlsten?
Sabrina: Es gibt tatsächlich so viele interessante Dinge, aber Musik ist und bleibt mein Hauptkommunikationsmittel. Der Beat hat Priorität! Das hier ist meine grosse Liebe.
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