Wet Dog kann man mit Fug und Recht eine „Allstarband“ nennen: Am Bass steht Richard Searle, der bei der britischen Band Doctor and the Medics spielte, die 1986 mit ihrer Coverversion von „Spirit in the Sky“ die Charts stürmten. Ebenfalls bei Doctor and The Medics sass ein junger Mann namens Vom Ritchie am Schlagzeug, der einige Jahre später bei den Toten Hosen einsteigen sollte, wo er auch heute noch die Stöcke schwingt. Die dritte im Bunde, Sängerin und Gitarristin Anna Donarski, spielte mit verschiedensten Legenden wie zum Beispiel den Fehlfarben und Damo Suzuki von Can zusammen. Die drei nassen Hunde trafen sich im vergangenen Jahr in Voms Haus, in welches Anna als Untermieterin einzog … man verstand sich sofort grossartig, der Kreis schloss sich, eine Band wurde gegründet, die ersten Songs aufgenommen. An den Biografien der Musiker lässt sich eine enorme Stilvielfalt ablesen, die sich auf dem Album „Perfect Crime“ niederschlägt, das jetzt auf Drummer Voms eigenem Label Drumming Monkey Records (im Vertrieb von Rough Trade) erschienen ist. Die Songs bouncen zwischen Punk- und Hardrock, Beat -und Modklängen und zuckersüssen, girlpopinspirierten Balladen hin und her, das Ganze wird von einer überschäumenden Energie zusammengehalten, die ihresgleichen sucht. Experimente jeglicher Art sind willkommen: das Album beginnt mit „Punk X“, einem nach vorne drängenden Abgehstück, „Chemicals“ flirtet mit Trance und TripHop-Elementen, „Polish Girls“ ist ein augenzwinkernder Party-Rock'n'Roll-Song. Man merkt der Band an, dass sie die Cramps, B-Movies und psychedelische Gitarren lieben – was man sonst noch über Wet Dog wissen sollte, erzählen Richard Searle und Vom Ritchie im satt.org-Interview:
Wet Dog: Perfect Crime (Drumming Monkey/ Rough Trade)
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CM: Euer Albumcover und -titel spielen auf trashige B-Filme an - auf welchen Film könnt Ihr Euch alle einigen? Und welchen würdet Ihr vor einem Wet Dog-Konzert zeigen?
Richard Searle: Unser Lieblings-B-Movie ist aus den Sechzigern und heisst “Psych-Out” Jack Nicholson spielt darin den Gitarristen einer Psychedelic-Instrumentalrockband. Der Plot ist um ein blindes Mädchen gestrickt, das LSD nimmt und total ausfreakt. Dazu führen ausgeflippte Leute beknackte Tänze zu schlechter Musik auf. In diesem Film taucht eine grossartige Band namens “The Seeds” auf, die aus unersichtlichen Gründen mitten auf einem Acker spielt. Vom und ich haben “Psych-Out” zum ersten Mal beim Psychedelic-Movie-Festival im Londoner Kino “Scala” gesehen, das übrigens von Doctor and The Medics veranstaltet wurde.
Vor einem Wet Dog-Konzert würde ich “Geek Magot Bingo” zeigen, angeblich der Lieblingsfilm der Cramps. Er ist wirklich enorm schlecht! Aber er würde Wet Dog sehr sehr gut erscheinen lassen ….
CM: Wollt Ihr mit dem Cover bewusst ein "unmodisches" Statement setzen? Also insofern, dass Ihr Euch keinem Trend anhängt ….
RS: Wet Dog sind nicht per se anti-modisch. Aber jedes Mitglied hat eine eigene Identität, die mit einem bestimmten Stil einhergeht, also Mod, Punk und Rocker.
Das Albumcover bezieht sich mehr auf die Songtitel, im Besonderen “Perfect Crime”, “Heart”, “Chemicals” und “Polish Girls”. Die meisten unserer Songs handeln von Sex und Gefahr, deswegen sollen auch die Illustrationen sexy und gefährlich aussehen!
CM: Die 14 Songs Eures Albums vereinen jede Menge verschiedene Einflüsse (Punk, Beat, Mod, Balladen, Rock, Girlgroupsound, Dancemusic) - wie bekommt Ihr alles unter einen Hut? Wer hat im Studio das letzte Wort?
RS: Wir wollten keine Tracks aufnehmen, die sich alle gleich anhören. Viele Bands machen Alben, bei denen man nur ein paar Stücke anhören muss, um zu wissen, wie der Rest klingt. Deswegen haben wir nach neuen Ansätzen für jedes einzelne Lied gesucht. Unser Sound spiegelt die verschiedenen Geschmäcker und Spielweisen der einzelnen Mitglieder wider und zeigt, welche Art von Musik wir zu der Zeit spielen wollten, als wir das Album aufgenommen haben: lärmig, poppig oder funky.
Aber niemand fällt die letzte Entscheidung allein – Wet Dog ist eine demokratische Band!
CM: Wie ernst ist der Titel "Disco Suck" gemeint?
RS: Der Song handelt von einem Freund, der in einem Nachtclub in eine Prügelei geriet. Wir hassten damals die Musik (ist schon eine Weile her), gingen aber trotzdem hin, weil samstagabends alle Mädchen dort waren!
CM: Eure Musik klingt wie für Liveauftritte gemacht - gab es schon welche? Wie sind die Reaktionen des Publikums?
RS: Wet Dog sind noch nicht live aufgetreten, weil wir alle noch Verpflichtungen anderen Bands gegenüber haben. Wir planen aber Auftritte im nächsten Jahr. Der Sound wird dann viel härter und reduzierter sein – wir mögen Bands, die live ganz anders klingen als auf ihren Platten, denn ansonsten könnte man ja auch einfach zum Playback mimen.
CM: Könnt Ihr ein bisschen von Eurer Geschichte erzählen? Das Kurzinfo zur Platte erweckt den Eindruck einer Allstarband …
RS: Das Bandinfo ist korrekt! Ich habe bei Doctor and The Medics und Corduroy gespielt und in einer Menge anderer Bands. Vom habe ich kennengelernt, als er bei Doctor and The Medics angefangen hat, er hat noch in vielen anderen Bands gespielt, zum Beispiel bei The Boys und – am allerwichtigsten - bis heute bei den Toten Hosen. Anna Donarski war Sessionmusikerin der Fehlfarben, und hat unter anderem mit Damo Suzuki von Can zusammengespielt. Wir behaupten gerne, wir seien eine Supergroup, aber das ist wirklich nur ein interner Witz. Aber wenn wir unsere Songs Leuten in Deutschland vorgespielt haben, meinten die alle, sie wären “super”!
Der erste Song, den wir zusammen aufgenommen haben, war “Devil in Me”, der als letzter auf dem Album zu hören ist. Wir hatten ursprünglich vor, nur ein einziges Stück aufzunehmen, hatten dann aber so viel Spass zusammen, dass wir einfach weiter gemacht haben. Wir trafen uns dann einmal im Monat, feierten, und schafften es nebenbei tatsächlich, ein Album einzuspielen!
CM: Ist Wet Dog ein Hobbyprojekt oder eine eigenständige Band neben Euren anderen Aufgaben/Bands?
RS: Wet Dog hat bei mir oberste Priorität, aber wir haben alle noch andere Jobs/Projekte/Bands nebenher. Vielleicht wird Wet Dog mal ein Full-Time-Job für uns alle, wer weiss.
CM: Frage an Vom: brauchtest du eine Auszeit von den Toten Hosen oder kannst du mit Wet Dog einfach die Art von Musik machen, die mit den Hosen nicht möglich wäre?
Vom: Ok, hier kommt meine erste Antwort: Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Art Musik mit den Hosen spielen kann oder nicht, aber über sowas denke ich gar nicht nach, wenn ich mit anderen Leuten Musik mache. Was wir mit Wet Dog komponieren und spielen, ist einzigartig und funktioniert nur in dieser Kombination. Ich denke nie 'oh, vielleicht könnte ich das bei den Toten Hosen verwenden', sondern die Wet Dog-Songs fliegen uns ganz natürlich zu, wenn wir drei zusammen sind (was nicht allzu oft passiert). Ich brauche wirklich keine Auszeit von den Hosen, aber ich nutze jede freie Minute, um eigene Sachen aufzunehmen.
CM: Gibt es schon Reaktionen von Hosen-Fans? Wie finden sie das neue Projekt?
Vom: Tja, manche finden Wet Dog gut und manche nicht. “Heart” zum Beispiel ist vielen Hosen-Fans zu langsam und zu soft. Ich finde aber gerade diesen Song toll und es ist ja ohnehin das Gute an Wet Dog, dass jedes Lied anders klingt. Es gibt so viele verschiedene Stile auf unserer Platte, dass fast jeder darauf etwas finden kann, das ihm oder ihr gefällt …
CM: Was lernt man fürs Leben bei den Toten Hosen?
Vom: Ich habe vor allem viel übers Live-Spielen bei den Hosen gelernt. Das beste ist wirklich, dass jeder 100 % bei jeder Show gibt – ich liebe diese Professionalität. Du brauchst dir nie Sorgen zu machen, dass einer deiner Kollegen heute ein Totalausfall sein könnte. Wir spielen jede Nacht, als wäre es der letzte Gig, den wir je haben werden und das inspiriert mich sehr. Auch als wir unplugged gespielt haben, musste ich wahnsinnig diszipliniert und konzentriert sein. Das hat mein Spiel sehr verbessert und war insgesamt eine grosse Herausforderung für mich.
CM: Wen würdest du gern für dein "Drumming Monkey"-Label signen? Welche jüngeren Bands mögt Ihr?
Vom: Wir haben noch nicht das Stadium erreicht, dass wir andere Bands unter Vertrag nehmen können. Ich versuche, jeden Tag etwas über dieses unvorhersagbare Business zu lernen und je mehr wir wachsen, desto grösser können unsere Ambitionen werden. Im Moment bringe ich nur Sachen heraus, in die ich selber involviert bin, aber das wird sich im Lauf der Zeit ändern. Letzte Woche habe ich eine CD von einer Band namens “Houdini Roadshow” geschickt bekommen und ich habe mir sagen lassen, sie seien eine fantastische Liveband. Ausserdem bin ich grosser Fan der Band KIM?, die wirklich tolle Songs schreiben. Allerdings sitzt gerade deren Sänger neben mir, ich muss das also schreiben!!
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