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Dezember 2007
Christina Mohr
für satt.org

Weihnachtssampler 2007

Weihnachten steht vor der Tür und man ist jetzt schon genervt von den ewiggleichen Pop-Weihnachtssongs wie "Driving Home for Christmas" und "Last Christmas".... Trikont schafft Abhilfe mit "Wish you", einem wahrhaft ungewöhlichen Weihnachtsalbum, außerdem ideal für den Gabentisch: die Morr-Music-Singles-Compilation, Rock'n'Roll kompiliert von Kitty, Daisy & Lewis und Come on Soul! Vol. II ...


Wish you best Christmas ever
(Trikont)

Wish you best Christmas ever

Es lässt sich nicht mehr wirklich verheimlichen: Weihnachten steht vor der Tür. Die Fußgängerzonen erstrahlen in gleißendem Licht, Schaufenster quellen auf obszöne Weise über und – untrüglichstes Zeichen - im Radio erklingen wieder die ewiggleichen Pop-Weihnachtshorrorschocker wie “Drivin' Home for Christmas”, “Last Christmas” oder “Santa Claus is Coming to Town”. Doch, um es mit Jens Friebe zu sagen, es gibt Hoffnung, es gibt Heilung und die kommt mal wieder aus München vom verdienten, hochgeschätzten Trikont-Label. Die Journalistin Renate Heilmeier hat 19 Songs zusammengestellt, die inhaltlich zwar das Thema “Weihnachten” behandeln, aber ansonsten kaum Gefahr laufen, mit altbekannten Weisen (siehe oben) in Verbindung gebracht zu werden. “Wish you” kann man ohne Bedenken auch dem größten Weihnachtshasser verehren, jeder einzelne Song lohnt die Entdeckung. Alte Haudegen und Stimmungskanonen wie Louis Prima, die Andrews Sisters und Brenda Lee sind darunter, vor allem aber jede Menge weitgehend unbekannte Perlen: Whams “Last Christmas” wird von The Twang bis zur Unkenntlichkeit unter einem Country-Rock'n'Roll-Gewand versteckt, so dass nur textsichere Menschen feststellen werden, dass sie diesen Song schon mal gehört haben, nur irgendwie anders... Florence Dore, ehemaliges Mitglied der Posies, eröffnet den außergewöhnlichen Reigen mit dem bittersüßen Countrystück “Christmas”, die 50's-Vokaltruppe The Debonaires doo-wopt sich durch “Christmas Time”, Nancy White preist die Vorzüge des Schwangerseins während der Weihnachtszeit (die Verkäuferinnen sind nämlich plötzlich nett und zuvorkommend), Jimi Butler verbreitet anzügliche Sauereien, die sich über den Begriffen “Baum”, “Spitze” und ähnlichem “ergießen” (“I'm gonna bring along my hatchet / My beautiful Christmas balls / I'll sprinkle my snow up on your tree...”) und Riff Ruffin lässt sein “Xmas Baby” einen intensiven, langsamen Blues tanzen. Große Überraschung ist “Christmas Wish” von NRBQ (= New Rhythm and Blues Quartet), das Beach-Boys-Harmonien, Blues und Soul auf so großartige Weise verbindet, dass man sich sehr gut vorstellen kann, diesen Song nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern auch an Ostern, Pfingsten und sogar einem ganz normalen Tag zu hören.


» www.trikont.de



A Number of Small Things
(Morr Music, 2 CDs)

A Number of Small Things

Wer trotz “Wish You” genug von Weihnachten und den dazugehörigen Liedern hat, könnte sich zum Beispiel diesem feinen Sampler zuwenden: das für liebevollen Elektro- und Singer-/Songwriterpop bekannte Berliner Label Morr Music veröffentlicht seit 2001 regelmäßig auf 1000 Exemplare limitierte 7-Inch-Singles und faßt diese unter dem Reihennamen “A Number of Small Things” zusammen. Jetzt kann man die Singles im Paket respektive auf einem Sampler erwerben, besonders hilfreich für diejenigen, die keine nerdigen Sammler sind und trotzdem die Morr-Music-Kleinode ihr Eigen nennen wollen. Begonnen wurde die Serie mit Bernhard Fleischmanns Single “Nico”/”Hyvä Päivä”, die am Schluß dieses Doppel-CD-Samplers zu finden ist. Die Kollektion beginnt nämlich im Hier und Jetzt mit “Get Away”/”Leave This Town” des Engländers Joel Nicholson a.k.a. Butcher The Bar, weiter geht es mit dem isländischen Songwriter Benni Hemm Hemm, der im vergangenen Jahr freundliche Aufmerksamkeit seitens Fans und Kritikern genoß; auf der B-Seite seiner Single “Skvavars” ist Schweden-Shootingstar Jens Lekman zu hören. Seavault, Seitenprojekt Anthony Ryans von ISAN, covern “The Mercy Seat” von Ultra Vivid Scene und “I Could be Happy” der leider immer noch nicht wiederentdeckten Altered Images, und überhaupt spielen Coverversionen eine große Rolle in der “Small Things”-Reihe: Lali Puna-Sängerin Valerie Trebeljahr und Markus Acher (The Notwist, Tied & Tickled Trio) interpretieren als John Yoko “Papa was a Rodeo” von Magnetic Fields und “Morning Paper” von Smog neu, Masha Qrella singt eine spröde, entschlackte, bewegende Version von Bryan Ferrys “Don't Stop the Dance”, Seabear machen aus “Teenage Kicks” von den Undertones ein zartes Folkpopstück. Außerdem dabei: Lali Puna, Other People's Children, ISAN, Styrofoam, Populous, Electric President, Teamforest. Auf den beiden CDs (oder drei LPs) sind neben den Singles auch sechs bisher unveröffentlichte Tracks zu hören.


» myspace.com/morrmusic



A to Z / Kitty, Daisy & Lewis:
The Roots of Rock'n'Roll
(2 CDs, Sunday Best)

A to Z / Kitty, Daisy & Lewis: The Roots of Rock'n'Roll

Ja ja, die Jugend von heute... nur HipHop und Bling-Bling im Kopf, kennt keine Schallplatten mehr, sondern nur Datenpäckchen, die auf briefmarkengroße Abspielgeräte gezogen werden... alle Jugendlichen? Nein, nicht alle Jugendlichen: Kitty, Daisy & Lewis, 12, 15 und 17 Jahre alt, verkörpern quasi das Gallische Dorf im Teenagerland. Die drei wuchsen beziehungsweise wachsen in einem höchst musikverrückten Londoner Elternhaus auf, gemeinsam mit den Eltern Graeme und Ingrid wird dort offensichtlich rund um die Uhr gerockt und gerollt. Kitty, Daisy & Lewis genügte es schon sehr früh nicht mehr, die Platten von Rufus Thomas, Eddie Hill, den Flamingos, Louis Jordan, Tex Williams, den Platters oder Floyd Nixon nur zu hören – Instrumente wurde besorgt, die drei Kleinen bauten sich hinter Keyboards, Kontrabässen und E-Gitarren auf, schmierten sich Pomade ins Haar und legten los. Die Mischung aus Enthusiasmus, Talent und der unglaublichen Jugend der drei Musikanten sorgte bald dafür, dass Kitty, Daisy & Lewis als Support für die Pipettes und die Concretes auftraten, bei Festivals spielten und von Dani Siciliano für ihr letztes Album “Slappers” als Gastmusiker eingeladen wurden. Es ist für sich genommen so obskur und ungewöhnlich, dass drei Londoner Rotznasen ein solches Wissen über den Blues, Swing, Doo-Wop und Rock'n'Roll der vierziger und fünfziger Jahre angehäuft haben und sich dieser Musik mit Leib und Seele hingeben, dass wir uns darüber nicht weiter auslassen wollen, sondern einzig auf den mit Liebe und Kenntnisreichtum zusammengestellten Doppelsampler hinweisen wollen. Let's Rock!


» myspace.com/kittydaisyandlewis
» www.sundaybest.net



Come on Soul! II
(Légère Recordings/Soulfood)

Come on Soul! II

Sehr erfreulich: der Légère-Sampler “Come on Soul! I” war offensichtlich so erfolgreich, dass schon nach kurzer Zeit Volume II veröffentlicht wurde. Erneut von den beiden Soul-Devotees Ada James und Basil Hunt zusammengestellt, erklingen 19 epochenübergreifende Songs, die beweisen, dass “Soul die schönste Musik der Welt” ist. Egal, ob “Pennygold” von Lindy Stevens aus dem Jahre 1971, Jimmy Macks “My World is on Fire” von 1967, das Marvin-Gaye-Cover “What's Going on” der Neo-Soulband The Sweet Vandals, “Don't Take it too hard” vom finnischen Soulwunder Tuomo oder Klassiker der Four Tops, der Whispers oder der Showstoppers, die Musik sorgt für positive Vibes, breites Lächeln und ausladende Hüftschwünge. Dieses Album sollte unbedingt zur Silvesterparty mitgebracht werden, damit 2008 gar nicht anders kann, als ein tolles Jahr zu werden!