Gestrichen und gezupft
Willard Grant Conspiracy waren in Glasgow und haben ein beeindruckendes Orchesteralbum aufgenommen. Ohne Bombast, dafür mit Herz und Verstand.
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Robert Fisher Foto: Glitterhouse
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Robert Fisher trug Bart, als Gesichtsbehaarung noch nicht der letzte Schrei war. Seine Mähne erreichte wahre Walt-Whitman-Dimensionen, ist seit längerem aber ab. Jetzt erinnert er eher an Buddy Holly. Nun haben Whitman und Holly bekanntlich fast alles gesagt, was man so übers Leben wissen muss. Fast alles. Ein paar ganz entscheidende Dinge wollen dann aber doch selber herausgefunden werden. Davon, dass das alles andere als einfach ist, singt Robert Fisher jetzt auf »Pilgrim Road«, dem neuen Album der Willard Grant Conspiracy, einem weitverzweigten Kollektiv aus Los Angeles, das mittlerweile auf Orchesterstärke, auf 22 Personen, angewachsen ist. Für »Pilgrim Road« haben sie sich in Glasgow getroffen. Jackie Leven, der große (das ist jetzt nicht nur bildlich gemeint) schottische Barde, ließ es sich natürlich nicht nehmen, vorbeizuschauen. Das Songschreiben hat sich Fisher mit Malcolm Lindsay, dem Herrn über das klassische Instrumentarium, geteilt. Mit getragenen Pianoklängen fängt diese Platte an. Später kommen eine Streicher- und Bläsersektion dazu. Bis die sehr sporadisch erklingende Perkussion, Trommel und Tamburin, einsetzt, müssen ganze vier Songs vergehen. So etwas wie ein richtiges Rockschlagzeug gibt es gar nur ein einziges Mal. Auf »Miracle On 8th Street«, der Song stammt aus dem Frühwerk von Mark Eitzel’s American Music Club, passiert das, sehr dezent von einem elektronischen Beat eingeleitet. Ansonsten geht es höchst kammermusikalisch zu, wird gestrichen und gezupft.
Was »Pilgrim Road« aber so selten macht, ist, dass hier nichts süßlich oder überzuckert klingt. Die großen Gefühle, das Straucheln, Suchen und Finden, sie werden von der Willard Grant Conspiracy ökonomisch illustriert. Schwammig klingt das nicht, sondern klar und präzise. Auf »The Great Deceiver« erkundet Fisher die Geistesverwandtschaft von Country und Gospel. Karge Balladen stehen neben Songs, die fast schon an Kunstlied (»Jerusalem Bells«, »Painter Blue«) denken lassen. Mit »Phoebe« verneigt sich Fisher vor Lal Waterson, der 1998 verstorbenen englischen Folksängerin, die den Song auf ihrem vorletzten Album, gemeinsam mit Sohn Oliver Knight, aufnahm. Robert Fisher selbst, er hat einiges mitgemacht. Alkohol, Drogen, das volle selbstzerstörerische Programm. Man muss das nicht breittreten, sollte es aber wissen. Läuterung ist eines dieser Wörter, die gleich immer nach Kreuz und Weihrauch klingen. Ein ähnliches, ein oft gebrauchtes Modewort dazu, ist Spiritualität. »Pilgrim Road« ist in der Tat ein spirituelles Album geworden, zum Glück aber eines, das die Welt da draußen nicht vergisst und Geschichten erzählt, die jede und jeder kennt. Die einen etwas heller, die anderen etwas dunkler.
Willard Grant Conspiracy bringen »Pilgrim Road« auf einige handverlesene europäische Bühnen.
Im deutschsprachigen Raum sind das:
- 20. Mai.2008: 20. 00 Uhr, Kaserne, Basel
- 21. Mai.2008: 20.00 Uhr, Szene, Wien
- 22. Mai.2008: 20.00 Uhr, Filmtheater Babylon, Berlin
» www.willardgrantconspiracy.com
» myspace.com/willardgrantconspiracy
» www.glitterhouse.com