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Kid Acne: Romance ain’t dead Lex Records/Rough Trade
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Kid Acne: Romance ain’t dead
Was der Beipackzettel der Promo liebevoll als “UK’s answer to the Beastie Boys” bezeichnet, könnte der gestandene Hater ohne weiteres als Biten, d.h. Verwenden eines nicht selbst entwickelten Stils, abtun. Mit britischem Akzent zu rappen macht dabei dann auch keinen großen Unterschied mehr, hört man doch den Beastie Boys-Stil fast in jedem Track irgendwann mal durch, auch wenn Kid Acne a.k.a. Eddy Fresh nicht von Bandkollegen gebacked wird, wie man es von den Originalen kennt. Die musikalische Auswahl erinnert ebenfalls an die amerikanischen Old School-Größen: „Oh No You Didn’t“ und „Fuck all lately“ sind schnelle Punkrock-Stücke mit Rap-Strophen, ansonsten treffen mal komplexere Beats auf simplere, d.h. Drum'N'Bass-Anflüge bis klassischer Vier-Viertel-Takt. Letztlich gibt es aber keinen tatsächlichen Grund, den shoutenden Gute-Laune-Rapper wegen Plagiats zu kreuzigen, der Witz des Albums und seine im Detail dann eben doch sehr frische Ausgestaltung dürfen auch mal gelobt werden. Zum Beispiel covert Eddy Fresh den fast vergessenen KRS-One Klassiker „South Bronx“ als „South Yorks“, eine Hommage an seine Heimatstadt aus der Sicht eines hiphoppenden Rumtreibers. Der sein Pseudonym begründende Track „Eddy Fresh“ geht nach vorne und lädt zum crumpin’ ein. Und „2, 3 Break it“ ist ein Bericht aus Kid Acnes Leben, erzählt über ein langsam und gemütlich vor sich hinplätscherndes Instrumental, das die 60 Bpm auf gar keinen Fall überschreitet. Wer also für Raps mit britischem Akzent viel übrig hat und die Mitte zwischen The Streets und Grime à la Roll Deep Crew sucht, darüber hinaus auch Beastie Boys zu schätzen weiß und sich nicht am gelegentlichen Gleichklang stört, findet in „Romance ain’t dead“ ein unterhaltsames Album für die Hintergrundbeschallung der nächsten Einweihungsparty. Musikalisch übermäßig auftrumpfen kann Kid Acne aber nicht.
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D-Flame: Stress Souljah Records
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D-Flame: Stress
Wenn ein gebürtiger Frankfurter, noch dazu aus der mittlerweile berühmt-berüchtigten Frankfurter Nordweststadt, ein Album mit dem Namen „Stress“ veröffentlicht, klingt das zunächst nach Fausthieben und Frust, nach einem weiteren späten Pflasterstein auf dem Siegeszug der finsteren Mienen. Doch weit gefehlt: D-Flames mittlerweile fünftes Album meint mit seinem Titeltrack nicht etwa gewaltsame Auseinandersetzungen, sondern den Stress zwischen Mann und Frau. „Stress“ behandelt waschechten Beziehungsärger, allerdings nicht mit pathetisch jammernder Attitüde, sondern durchaus lustvoll auf gut gelaunten Reggaeklängen. Für „die Flamme“ geht es auf dem gesamten Album immer wieder um Frauen, auch „Es tut mir Leid“ handelt vom Beziehungsgehader, diesmal allerdings wesentlich melancholischer. Das Thema des „Ghetto“-Daseins thematisiert D-Flame aus einer so gar nicht glorifizierenden Perspektive, so dass allein aus seiner Einstellung zum Hustle viel Authentizität entsteht: da wird um Freunde getrauert, die im Knast sitzen und auch ganz allgemein bereut, aus den vielen Fehlern nichts gelernt zu haben. „Stress“ ist ein sehr persönliches Album, dem man den tief sitzenden Frust über eigene Fehler und den ausbleibenden Erfolg genauso anhört wie D-Flames Freude an seinem eigenen Stil. Die tiefe Stimme wendet sich mal R'n'B-Klängen zu, ansonsten wie immer etwas Reggae und plain Rap. Sauber produzierte Beats lassen „Stress“ definitiv als Über-Durchschnitt-Album erkennen. Auch wenn die Rapskillz des Protagonisten stellenweise etwas zu wünschen übrig lassen bzw. das Bearbeiten von Themen wie globaler Hunger und Weltfrieden und auch sonst allem schlechten in der Welt etwas ins klischeehafte abrutschen, sind die Tracks runde Sachen. „TeerinmeinenAdern“ feat. Spezializtz ist einmal mehr eine Hymne auf das intensive Rauch-rauslassen, nebenbei aber auch ein Klangbrett an Reggaesound. Man kann zwar Vorbehalte gegen D-Flame’s „Stress“ haben, in meinem Fall hat eine intensivere Auseinandersetzung mit der Musik diese aber beigelegt. Hoffentlich bleibt der gute „Daniel X“ bescheiden, dann könnte das der Kick-Off zu einer sehr erfolgreichen Entwicklung sein.
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Yo Majesty: Futuristically Speaking ... Never be afraid Domino
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Yo Majesty: Futuristically Speaking ... Never be afraid
Ganz kurz: Yo Majesty sind ein Phänomen. Das weibliche Trio, bestehend aus Shunda-K, Jwl B. und Shon-B, heizt nicht nur den Hörern ein, sondern vertritt dabei eine absolut provokative Attitüde: da sich die drei Ladies in ihrem Liebesleben in erster Linie für Frauen interessieren, erlauben sie es sich durchaus auch, sich sprachlich nicht sonderlich von ihren männlichen Kollegen zu unterscheiden. Präsentiert wird das ganze dann in Form von messerscharfen Raps im Tempo von Ragga-Shoutern oder Miami-Bass-Raps. Musikalisch mit elektronisch orientierten Beats unterlegt entsteht bei Yo Majesty ein Sound, der sich nur mit Wortmonstern wie „ElektroCrunk’n’Bass“ oder „dirty-south-SynthiePunkRap“ beschreiben lässt. Und selbst dann hat man maximal zwei drittel des Sounds auf den Begriff gebracht. Das britische Produzenten-Duo „Hardfeelings U.K.“ lebt sich abwechslungsreich aus, schreckt auch vor 8-Bit-Samples nicht zurück, und die Ladies lassen sich gekonnt und treffsicher darauf ein. Das Ergebnis kann von Slow-Jams bis House reichen („Don’t let go“ erinnert ein wenig an Booka Shades „Bodylanguage“) und bringt es mit sich, dass das Durchhören des Albums etwas anstrengend wird, da man von einer Emotion zur nächsten geschickt wird. Das Raptrommelfeuer kann dabei zwischen packend und überfordernd schwanken, flößt aber zu jeder Gelegenheit Respekt ein. „Futuristically speaking... Never be afraid“ ist in Sachen Zugänglichkeit ein ziemlicher Brocken und dem entsprechend weit vom Mainstream entfernt, aber mit nichts zu vergleichen und an vielen Stellen absolut Club-tauglich. Mit Genrebegriffen zu arbeiten ist wie gesagt weitgehend sinnlos. Ganz klar aber ist: Yo Majesty sind Dynamit und das Album eine Explosion mit anschließendem Schwelbrand.
Filling is hot, handle with care!
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