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3. November 2008
Christoph Happel
für satt.org

 


Im Bett mit den Fuzztones
Live, 19.10.08, Frankfurt, Das Bett

So ein Glück, nach über vier Jahren mal wieder ein Gastspiel der legendären Fuzztones in Frankfurt. Der treue Fan ist es schon gewöhnt, dass zwischen den nur noch sporadisch erscheinenden Scheiben und Auftritten mehrjährige Ruhepausen liegen, in denen Herr Protrudi, seine Mannen und die Quotenfrau einfach weg vom Fenster sind und man immer wieder glaubt, jetzt haben sie sich aber wirklich aufgelöst. Und jedes mal kehren sie zurück und die Zweifler unter den Fans werden eines besseren belehrt. Allerdings werden die Auftrittsorte zumindest in Deutschland immer bescheidener: Konnten die Fuzztones mit ihrem Garagensound zu Beginn der Neunziger noch die Batschkapp, ein Club mit einem Fassungsvermögen von achthundert Personen, problemlos füllen, so hat sich das inzwischen geändert. Bei folgenden Gastspielen verkleinerten sich die Clubs und am 19.10.08 war die fünfköpfige Gruppe für “das Bett”, den winzigen, im Gegensatz zum Namen sehr originellen Club in Frankfurts touristischer Feierquadratmeile Alt-Sachsenhausen gebucht. Ein Laden, der gerade mal 120 Gästen Platz bietet.

An Fuzztones-Mastermind Rudi Protrudi scheinen die Jahre spurlos vorüberzugehen. Er ist immer noch, wie zu Zeiten erster musikalischer Erfolge vor über fünfundzwanzig Jahren, der groß gewachsene drahtige Typ unbestimmbaren Alters mit rehbraunen Augen und wallender, dichter Haarmähne. Sein wahres Alter verrät er auch hartnäckigen fragenden Interviewern nicht, er bezeichnet sich als Berufsteenager und wird bei weiterem Nachbohren nur umso wortkarger. Die Mitstreiter wechselten schon seit Bandgründung von Platte zu Platte und die einzige Konstante war außer Rudi über die Jahre hinweg immer die Organistin Deb o' Nair, die seit kurzem auch nicht mehr mit von der Partie ist. Die Orgel wird momentan von einer vergleichsweise jungen und exotisch-geheimnisvollen Schönheit mit dem zum Träumen anregenden Namen “Lana Loveland” gespielt, die diesen Part als reguläres neues Bandmitglied übernommen hat. Die anderen Mitstreiter waren eigens für diese Tour angeheuert. Die Rhythmusgitarre ging an einen sehr jungen Mann aus Großbritannien, der hauptsächlich Sänger und Gitarrist einer dort ansässigen Neo-Sixties-Garagenkapelle ist, die anscheinend sehr sehr stark von den Fuzztones beeinflusst wurde, wirkte er doch schon äußerlich wie eine (noch) jüngere Ausgabe von Mr. Protrudi. Am Schlagzeug saß mit Mad Mike Czekaj ein altgedientes und langjähriges Bandmitglied, welches zwar nicht von Anbeginn der Fuzztones die Stöcke schwang, aber dafür in der stabilsten Phase der Band zwischen Mitt-Achtziger bis zur ersten Auflösung zu Beginn der neunziger Jahre die Besetzung komplettierte. Als besonderes Schmankerl, das vom anwesenden Publikum jedoch nicht ganz so richtig gewürdigt wurde, war die Position des Bassisten mit Craig Moore, einem alternden Sonnyboy besetzt, der seines Zeichens, wie das anwesende Publikum mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen durfte, Mitglied der Sixties-Garagenrock-Legende GONN ist. So drahtig und agil dieser Mann auch ist und was immer er für den Rock 'n`Roll in seinem Leben getan hat, er passte schon rein optisch nicht zur Band und hatte dafür aber eine zu tragende Rolle übernommen. GONN's Craig spielte sich mit Rudis Segen immer wieder in den Vordergrund, übernahm Ansagen zu Fuzztones-Stücken, bewarb seine eigene Band (GONN) stark und sang Teile der Leadvocals, sodass der eingefleischte Fan das Gefühl nicht loswurde, hier handelt es sich um eine ganz andere Band als die Fuzztones. Dem im Bett anwesenden Publikum hat es allerdings gefallen. Musikalisch wurde ein Garagenklassiker nach dem anderen aus dem reichhaltigen Repertoire der Band geboten, die anderen Mitglieder passten sich gut in die Band ein, ein großer Gewinn ist sicherlich die Organistin, die mit ihrem gespenstisches Spiel den Songs die besondere Note verabreichte und ansonsten wie eine unnahbare Vampira hinter ihrem Tasteninstrument aushielt und die Dampfplaudereien von GONN's Craig Moore stoisch an sich vorbeirauschen ließ. Der andere Lichtblick war Mike Czekay, der klassische Drummer, der durch sein extrem dichtes und bewegungsreiches Schlagzeugspiel (wie viel Beats per Minute?) einige Akzente in die Performance einbringen konnte.

Nach anderthalb Stunden war es vorüber und die Fuzztones hinterließen im kleinen Bett ein zufriedenes Publikum.



» www.fuzztones.net
» myspace.com/thefuzztones
» www.bett-club.de