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JH: Die Zusammenarbeit war für meinen Bruder und mich eine schöne Art, Zeit miteinander zu verbringen. Wir sind beide ziemlich reserviert und sehr vorsichtig im Umgang miteinander, zusammen Musik zu machen hilft uns, lockerer zu werden und gemeinsam Spaß zu haben. Wirst du mit „How to Walk Away“ auf Tour gehen? JH: Ich war mit „How to Walk Away“ in den USA unterwegs, aber im Moment gibt es keine Pläne, woanders auf Tour zu gehen. Das heißt aber nicht, dass ich in 2009 nicht außerhalb Amerikas auftreten werde – ich weiß es nur schlicht und einfach noch nicht. Als ich dein Buch „When I grow up“ fertig gelesen hatte, fühlte ich mich, als hätte ich den langen Brief einer sehr engen Freundin gelesen. Du schreibst viel persönlicher und intimer als viele andere Musiker, die ihre Autobiografien veröffentlichen. Hattest du manchmal das Gefühl, zu offen zu sein? Und schreiben dir manchmal Leute, um ihre eigenen Geschichten zu erzählen? JH: Leute fragen mich immer wieder, ob es nicht heikel oder gar gefährlich sei, so persönlich zu schreiben, meine geheimsten Gedanken öffentlich kundzutun, so dass Fremde in mein Herz und meinen Kopf gucken können. Aber das kümmert mich überhaupt nicht: ich bin Autorin, und SchriftstellerInnen oder SongtexterInnen schreiben nun mal über sich selbst und ihre Erfahrungen. Selbst wenn ein Roman reine Fiktion zu sein scheint, beinhaltet er trotzdem jede Menge persönliche Wahrheiten und Ansichten des Autors. Mir bleibt keine Wahl: ich muß ehrlich sein in dem, was ich über mich und meine Erfahrungen schreibe, sonst wird es nicht gut. Mir haben bisher viele Leute berichtet, dass sich mit meinem Buch sehr identifizieren konnten, ich hätte etwas von ihnen selbst im Buch festgehalten. Mir gefällt es sehr, dass meine eigenen Gefühle denen anderer Leute so ähnlich sind. Das Buch ist eine Form der Kommunikation. In deinem Buch erwähnst du immer wieder, wie scheu und schüchtern du anderen Menschen gegenüber bist – in deinem Blog „an arm and a leg“ schreibst du sehr offen über dein Leben, zum Beispiel auch darüber, wie sehr du um deine tote Hündin Betty trauerst. Ist das Internet das Instrument, auf das du insgeheim gewartet hast, um leichter mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen? JH: Ich habe das Internet im Allgemeinen und Bloggen im Besonderen lange Zeit gemieden. Ich hatte Angst davor, für so viele Menschen öffentlich „zugänglich“ zu sein und fürchtete mich, zu viel von mir preiszugeben. Das kam mir wirklich gefährlich vor! Aber dann habe ich doch angefangen, ein eigenes Blog zu schreiben und es macht mir sehr viel Spaß – es ist ein Weg, mit Leuten auf der ganzen Welt zu kommunizieren. Und es ist mein persönliches „support system“: als mein Hund starb, bekam ich so viele warmherzige Zuschriften – die Leute schrieben mir, wie es war, als ihr eigenes Haustier starb und das hat mir wirklich geholfen. Ich fühlte mich nicht mehr so schrecklich allein. In „When I grow up“ schreibst du, dass es so gut wie unmöglich ist, bei Livekonzerten immer gleich leidenschaftlich zu sein – und dass auch jemand wie Lenny Kravitz manchmal müde und gelangweilt sein MUSS. Ich fand das bemerkenswert, weil andere Musiker selten darüber reden, dass man durchaus abstumpfen kann, wenn man längere Zeit auf Tour ist. Haben dich andere Musiker für diese Äußerung kritisiert? JH: Nein, auf diese Textstelle bin ich noch nicht angesprochen worden. Vielleicht ist es auch einfacher, jeden Abend total leidenschaftlich und aufgeregt zu sein, wenn man vor tausenden von Leuten spielt. Mein Publikum ist nicht so groß und ich finde es an manchen Abenden schwierig, mich selbst zu motivieren und aufzumuntern. Die Performer und das Publikum beeinflussen sich gegenseitig, und eine begeisterte große Menge kann dich auf der Bühne wirklich hochziehen. Die Energie, die vom Publikum ausgeht, kann man buchstäblich greifen, so als ob du diese Energie mit einem Generator verbinden könntest, um damit eine ganze Stadt aufzuheizen oder abzukühlen. Du warst in den frühen neunziger Jahren sehr erfolgreich und ein role model für weibliche Musiker. Denkst du manchmal, du hättest „mainstreamiger“ sein sollen, um noch erfolgreicher zu werden? Gefällt dir deine Rolle als Indie-Popstar? Ich frage, weil dein Buch mit einer sehr bemerkenswerten Episode in einem schäbigen Club beginnt, in der du dich (heutzutage) fragst, warum du das alles machst... JH: Manchmal wünsche ich mir schon, ich hätte etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen (damals wie heute), aber dann bin ich wieder froh, nicht zu berühmt geworden zu sein. Ich schätze es sehr, dass ich mich anonym und unerkannt durch die Straßen und den Alltag bewegen kann. Ich glaube sogar, dass es für mich ein Alptraum wäre, superberühmt zu sein – überall Leute, die dich anstarren, fotografieren, dich beim Essen unterbrechen, weil sie ein Autogramm haben wollen... Glaubst du, dass es heute für weibliche Musiker immer noch schwieriger ist als für Männer, akzeptiert zu werden – und zwar für ihre Musik, nicht für ihr Aussehen. Gibt es junge Musikerinnen, die du bewunderst oder die deiner Meinung nach alles richtig machen? JH: Ich finde, dass es heute sogar noch schwieriger ist, eine gewisse Mainstream-Akzeptanz zu erreichen, als damals, als ich angefangen habe, Musik zu machen. Heute ist es wahnsinnig wichtig, wie du aussiehst, viel wichtiger als die Musik. Wo sind denn die neuen Hole? Wo die neuen Veruca Salt? Und wo sind neue Chrissie Hyndes und PJ Harveys? Und ach ja, Chrissie Hynde hat alles richtig gemacht. Wenn du deine Karriere auf einen einzigen Punkt konzentrieren müßtest – was war der wichtigste Moment? JH: Paul Westerberg (The Replacements; Julianas großes Vorbild. Anm. cm) zu treffen war einer der bedeutendsten Momente – bis heute. Eine letzte Frage – wenn sie dir zu morbid ist, mußt du nicht antworten – ein deutsches Label hat gerade den Sampler „Final Song“ veröffentlicht. Dort stellen Musiker und DJs den Song vor, der auf ihrer eigenen Beerdigung laufen soll. Was wäre dein liebster „funeral song“? JH: Oh je, das weiß ich nicht. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. |
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