Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




15. März 2009
Thomas Backs
für satt.org

  Tourplakat: Phillip Boa and the Voodooclub

Boa live
Foto: Thomas Backs

Diamonds fall
» phillipboa.de

Setlist:
Fine Art in Silver
The World has been unfaithful
The Race is over
Annie flies the love bomber
Coppergirl
Love on sale
DJ Baron Cabdriver
Diamonds fall
Atlantic Claire
Jane Wyman
This is Michael
The Ballad Of Pia And Toett
I dedicate my soul to you
60's 70's 80's 90's 10
Burn all the flags
Valerian
Container Love
Black Light
Lord have mercy with the 1-eyed
Diana
Albert is a headbanger
And then she kissed her
Speed
Kill your ideals


Diamonds fall

Phillip Boa and the Voodooclub, live in der Matrix Bochum, 10. März 2009

„Der beste Song. Dann können sie ja gleich wieder aufhören.“ Sagt irgendwer neben uns, bei den letzten Klängen von „Fine Art in Silver“, dem Opener der Diamonds Fall-Tour von Phillip Boa and the Voodooclub. Gleich wieder aufhören? Hoffentlich nicht. Schließlich sind locker 400 bis 500 Leute ins Kellergewölbe der Bochumer Matrix gekommen, um die Songs des neuen Albums und Indiepop-Klassiker wie eben „Fine Art in Silver“ live zu erleben. An einem grauen, regnerischen Tag im Ruhrgebiet, das auf den Frühling wartet.

Die Katakomben der Matrix sind die passende Location für diesen Konzertabend. Phillip Boa, Pia Lund, David Rebel (Gitarre), Maik T. (Bass), Moses Pellberg (Drums) und Toett (Keyboards, Percussion) haben sich für einen ruhigen Beginn entschieden. „Fine Art in Silver“ klingt unter dem Jubel der Besucher an und sorgt auf der dunklen, sparsam beleuchteten Bühne und im Publikum für die Grundstimmung. Mit „The World has been unfaithful“ folgt der erste Track des neuen Albums, auch keine tanzbare Temponummer. Auf dem neuen Werk „Diamonds fall“ haben Boa und seine Mitmusiker ohnehin einen Gang runter geschaltet, das Songwriting und eingängige Melodien stehen beim neuen Material eindeutig im Vordergrund. Wie es die Tourplakate bereits angekündigt haben: Der Abend in Bochum ist ein Mix aus diesen neuen Songs und Indiepop-Klassikern der letzten zwanzig Jahre. Ein Rezept, das wirkt. Nicht zuletzt dank Pia Lund. Wie wichtig sie für den Voodooclub ist, war immer klar, ein Abend wie der heutige ist der beste Beweis: temporeiche Songs wie „Annie flies the love bomber“ und „Container Love“ sind ohne Lunds helle Stimme und ihre Bühnenpräsenz (heute deutlich mehr im Vordergrund als Ende der Achtziger/ Anfang der Neunziger) nicht denkbar. „Atlantic Claire“ und „The Ballad of Pia and Toett“, bei denen sie die Lead Vocals singt, gehören zu den Höhepunkten des Abends.

„Ich bin kein großer Entertainer und so“

Überhaupt, „The Ballad of Pia and Toett“: Es ist dieser von Lund geschriebene Track und ihr Sologesangspart, der an diesem Abend das Eis bricht. „Hat euch der Song gefallen? Den hat Pia geschrieben“, fragt Herr Boa dann nach seiner kurzen Bühnenabwesenheit das jubelnde Publikum. Irgendwie scheint der Chef selbst nun gelöster. Mit „I dedicate my soul to you“ folgt einer der Ohrwürmer der späten Achtziger, mit dem der Voodooclub den Durchbruch geschafft hat. Boa ist nun auch zwischen den Songs deutlich gesprächiger als zuvor. „Ein Song über die Unsterblichkeit von Songs“ sagt er „60's 70's 80's 90's 10“ an. „We're longing for the Sixties, we're longing for the Seventies, we're longing for the Eighties” singt Boa hier. Viele im Publikum werden das sicher auch. Die meisten haben Boas Anfangstage in den Achtzigern bereits miterlebt. Wenigere, jüngere Besucher tanzen wild vor der Bühne, am Rand und im hinteren Bereich des röhrenartigen Kellers ist nicht so viel Bewegung. Begeisterung ist aber dennoch zu erleben, vor allem bei den älteren Songs, die (fast) alle aus der Zeit von 1985 bis 1994 stammen. Gleich sechs Zugaben geben Boa, Lund und der Voodooclub am Ende: „Ich weiß, ich bin kein großer Entertainer/ Unterhalter und so“, grantelt der Sänger zwischendurch auf seine typische Art. Um mit „Kill your ideals“ zuletzt den umjubelten traditionellen Rausschmeißer folgen zu lassen, bei dem wenige im Publikum ruhig stehen bleiben.

Eine Nostalgieshow also? Nicht wirklich, dafür hat das neue Album „Diamonds fall“ einen zu zentralen Part. Elf der zwölf Albumtracks gehören zum Set, mit Singles wie „Lord have mercy with the 1-eyed“ und „Valerian“ oder Pia Lunds „The Ballad Of Pia And Toett” sind wunderbare Songs dabei, die auch beim Publikum gut ankommen. Der neue, mit Produzent Tobias Siebert und Drum-Legende Jaki Liebezeit (Can) entwickelte Studiosound wird 2009 von einer – zum Teil sehr jungen – Liveband erstklassig umgesetzt. Phillip Boa und Pia Lund mit einer Nostalgieshow, zum Beispiel bei der „Nokia Night of the Proms“? Tatsächlich eine grauenhafte Vorstellung. So weit wird es ganz sicher nicht kommen. Das genannte Spektakel gastiert zum Beispiel auch in Dortmund. Und da tritt Herr Boa schon lange nicht mehr auf.