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11. April 2009
Wolfgang Buchholz
für satt.org

Lamborghini, Maserati, Alfa Romeo, Ferrari
und die Frank Spilker Gruppe auf Haus Nottbeck (3.4.09)

Früher, beim Autoquartett spielen, war man scharf darauf, alle vier Karten mit den schicken italienischen Sportwagen zu haben. Auch beim Skat gefällt ein Grand mit Vieren dem Spieler besser als ein Spiel mit nur ein oder zwei Trümpfen. Man strebt nach Vollständigkeit beim Spielen, beim Sammeln und der Musikliebhaber auch beim Besuch von Konzerten. „Das Morrissey-Wappen fehlt mir noch auf meinem Spazierstock, da muss ich in diesem Jahr unbedingt hin.“ Aber natürlich nicht in erster Linie wegen eines Sammelwappens, sondern wegen der Frank Spilker Gruppe geht es wieder einmal zum Haus Nottbeck nach Oelde-Stromberg. Auch nicht in Erwartung der Verleihung der goldenen Ehrennadel, aber schon zufrieden mit dem eigenen kulturellen Engagement; beim vierten Besuch bei den Begleitkonzerten zur Ausstellung „Stadt.Land.Pop“ im Museum für Westfälische Literatur klappt die Anreise mittlerweile auch ohne Navigationsgerät...

Frank Spilker Gruppe: Mit all den Leuten

Als langjähriger Die Sterne-Anhänger war man im letzten Jahr sehr gespannt auf das Soloalbum von Frank Spilker und seiner Gruppe, Mit all den Leuten. Das Album ist ok und klingt nach dekonstruiertem Sterne-Sound - spartanischer instrumentiert, etwas waviger aber genauso funky. Die Texte scheinen persönlich, aber mit klarer Botschaft, auch das ist nicht unbedingt neu aus dem Hause Spilker.

Zu Beginn der neunziger Jahre waren Die Sterne im Triumvirat der Hamburger Schule neben Blumfeld und Tocotronic die vielfältigsten und versiertesten Musiker, in letzter Zeit ging ihnen doch etwas die Puste aus. Während Tocotronic das eigene Neuerfinden mit jeder Platte prima hinbekamen und Blumfeld irgendwie esoterisch wurden bevor sie sich auflösten, traten Die Sterne mit ihren letzten Alben etwas auf der Stelle. Ein Soloprojekt kann da vielleicht neue Energien freisetzen. Heute Abend also das Konzert dazu.

Das Wetter sommerlich, so dass sich im Biergarten des ortsansässigen Brauhauses die Zeit bis zum Konzertbeginn wunderbar überbrücken lässt. Der Sommerabend im April lässt auch das Publikum auf den Konzertbeginn auf Haus Nottbeck im Freien harren. Vereinzelte Indie-Mädchen in Minis und Adidas-Turnschuhen oder Ballerinas, Nerds im Cordjacket mit Stickern am Revers, vereinzelte Althippies mit grauen langen Haaren, einer mit weißem Hut, zuletzt gesehen bei Wolfgang Niedecken, sowie die hier obligatorische Verwandtschaft bilden ein bunt gemischtes Publikum. Frank Spilker im beige-farbenen Anzug, neben mir also ein weiterer Anzugträger vor Ort – beruflicher Termin vorher.

„Kommt alle her“ ist der Opener, den Frank Spilker als vertrottelte Standortbestimmung ankündigt. Mit „Ich stehe auch mal hinter der Bar“ ziehen das Tempo und der Gitarrenkrach merklich an, eine tolle Rhythmussektion hat Herr Spilker an seiner Seite, manchmal fühlt man sich an The Jam erinnert. Dreiercombos kommen wieder mehr in Mode, reicht eigentlich auch: gute Lieder, punktgenau arrangiert, engagiert dargeboten – die Frank Spilker Gruppe ist ein schönes Beispiel für diese These. Die Band spielt sich souverän durch das Programm des bisher einzigen Albums, bis am Ende des Sets die beiden Highlights der Platte „Ex-Lover’s Painting“ und „Es sieht gut aus“ dargeboten werden. Hier klingt der phänomenale Sound der ersten Gang of Four-Platten durch: Monotone Bassläufe, nervöses Schlagzeug und die Gitarren wechseln zwischen wohlklingenden offenen Akkorden und zerhackenden Disharmonien ab. Sehr schön auch ein Stück, bei dem jemand von der allerersten Sterne-Besetzung, noch aus Ost-Westfalen, als Gast die Bühne betritt. Frank Spilker meint das Lied wäre damals für die „Hamburger-Sterne“ zu poppig gewesen, das ist es allemal, durchaus hitverdächtig. Die Zugaben starten mit Rock, Antipopkurs, der Bonustrack der Platte mit wüstem Gitarrengenudel, bei dem Herr Spilker richtig außer Atem gerät. Dann wieder Pop, ein Klassiker, der dazu führt, dass ich wieder zu Hause sofort alte Squeeze-Platten auflegen muss. „Up the junction“ lässt sich auch in einer wie hier dargebotenen Rumpelversion mit gesungener Keyboardmelodie nicht ruinieren, toll. Das Publikum hat noch nicht genug, aber die Band keine Lieder mehr. Eine Wiederholung und zum Schluss dann das einzige Lied von Frank Spilkers anderer Veranstaltung: „Wenn dir St. Pauli auf den Geist fällt“. Ein passendes Ende eines prima Konzertes. Die laue Sommernacht tut ihr Übriges, schade, dass es keine fünf italienischen Sportwagen beim Autoquartett gibt.

Die sehr liebevoll gestaltete Ausstellung „Stadt.Land.Pop“ geht noch bis zum 19. April. Für den Anhänger von intelligenter deutscher Popmusik ein Eldorado. Also auf zum kleinen Osterausflug ins Westfälische...



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