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1. Juni 2009
Jürgen Körber
für satt.org

HANZEL UND GRETYL

Konzert am 18.5.2009 im Nachtleben (Frankfurt am Main)

Es waren einmal in einem fernen Land namens Amerika ein Junge und ein Mädchen, die wollten zusammen Musik machen. Sie gründeten eine Kapelle, die seitdem unter dem Namen HANZEL UND GRETYL bekannt ist, sich selbst aber nannten sie KAIZER VON LOOPY und VAS KALLAS. Wunderliche Namen waren dies, und wunderlich war auch ihre Musik, die sie zunächst nur mit zwei Gitarren, und später dann zusätzlich mit einem Schlagzeug erzeugten, welches von wechselnden gedungenen Schergen bedient wurde. Außerdem wussten HANZEL UND GRETYL diverse elektronische Instrumente und Effekte einzubinden, so dass die Menschen diese Musik „Industrial Metal“ oder auch „Industrial Rock“ nannten, doch so genau wusste das keiner zu sagen. Die beiden sangen viele ihrer Lieder in einer fremden Sprache, dem Deutschen, die sie gleichwohl nur sehr dürftig beherrschten, weshalb ihre Lieder dann solche Namen hatten wie „Scheissmessiah“ und „Über alles“. Vor allem letzteres rief immer wieder bösen Argwohn und den Verdacht einer rechten Gesinnung hervor, jedoch konnten sie sich immer auf eine ironische Brechung des Rezipierten und dadurch eine bewusste Distanzierung berufen.

Jahrein, Jahraus spielten sie HANZEL UND GRETYL so, und schließlich brachten sie ihr fünftes Studioalbum hervor mit dem Titel 2012: Zwanzigzwölf, nach einer apokalyptischen Weissagung, denn nach einer alten Mär der Mayas sollte just in diesem Jahre die Welt untergehen. Diese Idee begeisterte unsere Barden, und sie beschlossen, zu diesem Zeitpunkt in den Stätten der Mayas ihr letztes Konzert zu geben. Vorher gingen sie aber noch auf Tournee und kamen am 18 Mai auch zu uns, nach Frankfurt, in das Nachtleben.

Frohen Mutes waren war eine Schar Anhänger erschienen, jedoch nicht so zahlreich, als dass nicht noch einige mehr in den Keller gepasst hätten, es waren also keinesfalls mehr als 100. Die treuesten von ihnen trugen seltsame Gewänder in vielen Farben, von denen die meisten allerdings schwarz waren. Neben dem Kaizer und Vas, die beide Gitarre spielten, war noch Jon Osterman am Schlagzeug mit dabei.

HANZEL UND GRETYL legten sich auch gleich mächtig ins Zeug und warteten mit Liedern ihrer neuen CD auf, die Namen hatten wie „Übermensch Überfrau“ und „Fikken über Death Party“ und also vom Text an alte Werke erinnerten. Von der Musik her waren sie aber ganz eindeutig Metal und hatten gar so wenig von der gelungenen Mixtur aus Diskobeat, Gitarren (ein bisschen wie „Sigue Sigue Sputnik“ auf Speed und böse: viel schneller, härter und bizarrer). Zu verzerrt und laut warten die beiden Gitarren, und wer das Nachtleben kennt, weiß, was dies bedeutet. Daher blieben die Texte auch leider größtenteils unverständlich, schade, aber eine gelungene Kombination von Metal, Industrial und E-Musik war dies nicht mehr. Nach einer kurzen Pause kamen mit „Fikk Dich Mit Fire“, „SS Deathstar Supergalactik“ und dem herrlichen „Disko Fire Scheiss Messiah“ einige der Perlen ihres früheren Schaffens.

Die Stimmung der Gäste war dennoch gut, denn sie bekamen wohl, was sie wollten: Der Kaizer schenkte Bier und Schnaps in rauen Mengen aus, und zwar direkt von der Bühne aus in die wartenden Schlunde. Dazu spielte dann mitunter Bierzeltmusik vom Bande und forderte die Anwesenden lautstark zur fröhlichen Zecherei auf. Schade, denn dies vermittelte den Eindruck einer musikalisch unterschiedslosen und wenig ironisch-witzigen Zudröhnung.

So blieb am Schluss des Abends ein etwas enttäuschender Eindruck: Die Originalität der alten Studioplatten wurde live leider nicht erreicht, zu brachial und eintönig kamen HANZEL UND GRETYL daher. Und nur Jägermeister allein macht auch noch kein lustiges Konzert.