Fünf schicke Sampler ...
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Message Soul. Politics & Soul in Black America 1998 – 2008
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Message Soul. Politics & Soul in Black America 1998 – 2008
Als Marvin Gaye 1971 sich in dem Song „What´s Going On“ zum ersten Mal politisch und sozialkritisch über den Vietnamkrieg, Korruption, Drogenmissbrauch und Umweltverschmutzung äußerte, reagierte Motown-Labelchef Berry Gordy entsetzt und wollte die Platte nicht veröffentlichen: er hielt Soul nicht dafür geeignet, Botschaften zu vermitteln, die über den Satz „I Love You“ hinausgingen. Er befürchtete, „What´s Going On“ würde ein gigantischer Flop und Marvin Gaye seinen Status als Motown-Topstar aufs Spiel setzen. Doch Gaye war es ernst und drohte, nie wieder auf Motown zu veröffentlichen. Als die Single wider Erwarten ein großer Erfolg wurde, lenkte Gordy ein und und forderte Marvin Gaye schließlich auf, ein ganzes Album mit kritischen Songs aufzunehmen. Der Longplayer „What´s Going On“ schlug enorme Wellen; KünstlerInnen wie Curtis Mayfield und Aretha Franklin gehören neben Gaye zu den Pionieren der sozialkritischen Soulmusic. In den vergangenen Jahren konnte man auf die Idee kommen, dass wieder einige Berry Gordys in den Labelzentralen sitzen und Soul zu einer sich auf Liebe, Sex und Beziehungsprobleme beschränkenden Angelegenheit gemacht haben. Kritische Texte finden sich selten im satinglänzenden Modern Soul resp. R'n B – vielleicht liegt dieser Eindruck aber auch schlicht und einfach in der „Übermacht“ der großmäuligen Gangstarapper und HipHopper begründet. Denn es gibt sie in großer Zahl: junge schwarze Musiker und Musikerinnen, die sich auf die Tradition des Rhythm' Blues besinnen und Mißstände anprangern. Oder – wie es der aus North Carolina stammende Sänger Anthony Hamilton ausdrückt: „Wir müssen wieder lernen, ein Mann zu sein, ohne Pistole im Hosenbund.“
Musikjournalist Jonathan Fischer, der schon einige Sampler für Trikont zusammengestellt und mit erhellenden Booklet-Texten ausgestattet hat, zeichnet für die Songauswahl auf „Message Soul. Politics & Soul in Black America 1998 - 2008“ verantwortlich. Unter anderem dabei: Amp Fiddler, Erykah Badu, Me'Shell Ndegeocello, India Arie featuring Akon, Jill Scott, Anthony David und Bilal.
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Coming Home – Nightmares on Wax
„Jeder Mensch hat ein Recht darauf, sich wohl zu fühlen und gut drauf zu sein. Das habe ich immer im Hinterkopf, wenn es um Musik geht... und genau deshalb unterstützt meine Zusammenstellung hier dieses Recht ganz ausdrücklich. ENJOY & FEEL GOOD!“
Diese gewichtigen, ja beinah staatsmännischen Worte findet George Evelyn alias DJ E.A.S.E. alias Nightmares on Wax für seine „Coming Home“-Compilation. Aber keine Angst, DJ E.A.S.E. geht alles ganz E.A.S.Y. an und präsentiert eine einmalig fluffige, lässige, sonnige und entspannte Mischung, die wie gemacht ist für einen relaxten Sommerabend am See. Der legendäre Jazztrompeter Donald Byrd eröffnet den 18-Track-Reigen mit „Places and Spaces“, auf ihn folgen weitere zeitlose Jazz-, Soul-, Funk- und Reggaetracks von Jimmy Cliff („Those Good, Good Old Days“), Erykah Badu („The Healer“), Marvin Gaye („After the Dance“), The Heptones („The Book of Rules“) und Roots Manuva („A Man´s Talk“): Nightmares on Wax zollt vielen „alten Helden“ Respekt und schmeckt das Ganze mit moderat-modernen Elektrotunes von Gelka, Guts, Mr. Scruff, Sola Rosa (mit Mariachi-Einschlag!) und sich selber ab. Sehr schön – und bestens geeignet für den Urlaub: selbst wenn es Bindfäden regnet und sich das vermeintliche Luxushotel als Baracke herausstellt, Nightmares' „Coming Home“-Compi zaubert wieder ein breites Lächeln aufs Gesicht!
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ZE 30. 1979 – 2009
Vor über dreißig Jahren trafen sich der französische Kunststudent Michel Esteban und der aus Großbritannien stammende Journalist Michael Zilkha in New York und beschlossen, ein Label zu gründen, das eine Schnittstelle der damals wichtigsten Musikstile sein sollte: Punk und Disco. Für viele Menschen ein unvereinbarer Widerspruch, nicht für Zilkha und Esteban - eine visionäre Einstellung, wie sich herausstellen sollte, denn bis heute sind die ZE-Veröffentlichungen begehrte Sammlerstücke und beeinflussen junge Bands auf der ganzen Welt. „Mutant Disco“ nannten Zilkha und Esteban den ZE-Stil, der sich vor allem dadurch auszeichnete, Stil- und Genregrenzen zu sprengen: No Wave-KünstlerInnen wie Lydia Lunch, Mars und James White, das Elektro-Punk-Duo Suicide, Kid Creole & The Coconuts, die französische Experimentalistin Lizzy Mercier Descloux, Avant-Discoqueen Cristina Monet (später Zilkhas Gattin), Was (Not Was), Aural Exciters und Bill Laswell gehören zur spektakulären Künstlerliste von ZE Records, auf der in den achtziger Jahren auch hitparadentaugliche Acts wie die Französinnen Lio und Caroline Loeb Platz fanden. Strut Records rufen das New Yorker Label mit einer luxuriös aufgemachten Compilation wieder ins Gedächtnis: die CD (oder Doppel-Vinyl-Ausgabe) beinhaltet neben vierzehn Songs ein umfangreiches Booklet mit Interviews und vielen raren Fotos. Schwerpunkt der Compilation ist die discoide Seite von ZE Records: die durchaus anstrengenden No Wave-Sachen von Mars, Arto Lindsay, Rosa Yemen und Teenage Jesus & The Jerks sucht man hier vergebens, dafür darf mit Material & Nona Hendrix, Cristina, Kid Creole, Garcons und Don Armando´s Second Avenue Rhumba Band entfesselt getanzt werden.
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Horse Meat Disco
Doppel-CD/Doppel-Vinyl, Strut/!K7
» strut-records.com
» myspace
HMD in Deutschland:
Berlin, Tape Club: 12.9.09
München, Erste Liga: 19.9.09
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Horse Meat Disco
Nochmal Strut Records: Horse Meat Disco ist eine sonntags stattfindende Partyreihe, die seit 2003 von den Londoner DJs James Hillard, Jim Stanton, Severino und Filthy Luka veranstaltet wird. Dabei konzentrieren sie sich nicht nur auf London, sie ziehen mit ihrer Party durch ganz Europa, bis jetzt brachten sie Paris, Istanbul und besonders Berlin (Tape Club) zum Tanzen. Auf den Partys legen immer wieder auch berühmte Gast-DJs auf, darunter waren bis jetzt Lady Miss Kier (Deee-Lite), Prins Thomas, James Murphy vom LCD Soundsystem und Dimitri from Paris. Die HMD-Macher huldigen der glanzvollen, queeren NYC-Disco-Ära mit ihren Stars wie Sylvester, haben keine Angst vor Kitsch und Glamour und bauen in den Clubs schon mal typische New Yorker Hinterhofkulissen auf. Prämisse von HMD: Remember the good old days of Disco! Deshalb befinden sich auf dem Sampler auch nur Discoperlen und -hymnen aus den späten siebziger bis mittleren achtziger Jahren (CD 1 gemixt, CD 2 ungemixt), darunter Smokey Robinsons „And I Don´t Love You“ im Larry Levan-Mix, Eddie Drennons „Disco Jam“, „I Depend On You“ von den Two Tons (Martha Wash and Izora Armstead, die beiden sollten später als The Weather Girls zu einiger Berühmtheit gelangen....), „Put Yourself in My Place“ von TJM, „(Got My) Dancing Shoes“ von Plaza, Gino Soccios „It´s Alright“ und viele, viele mehr.
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Music En Vogue Vol. 3
Schon bei „Music En Vogue Vol. 2“ fragten wir uns an dieser Stelle, ob in Zeiten von iTunes etc. Hitcompilations á la „Bravo Hits“ heutzutage immer noch Konjunktur haben – aber offenbar gibt es einen Markt für solche Alben, denn sonst würde Universal ja keinen dritten Teil der „Music En Vogue“-Reihe veröffentlichen. Wie auf den beiden Vorgängern sind auf „Volume 3“ nicht die aller-allerneuesten Kracher zu finden, sondern eine Auswahl von 42 älteren und neueren Charthits, die die Kompilatoren für en vogue und zeitlos in einem halten. Deswegen darf es nicht verwundern, dass sich neben dem halbwegs aktuellen Placebo-Song „For What It´s Worth“ auch bereits recht angegraute Dudelfunk-Hits wie „Viva La Vida“ von Coldplay, „Rehab“ von Amy Winehouse und Peter Fox' „Stadtaffe“ auf den zwei CDs befinden. Die MEV-Macher richten sich eindeutig an ein „adulteres“ Publikum, das A-ha, Reamonn, James Blunt, Die Toten Hosen und Take That super findet, dem man aber auch mal junge crazy Acts wie Lily Allen, Polarkreis 18, Empire of the Sun, Katy Perry, La Roux, The Noisettes und The All-American Rejects unterjubeln zumuten kann. Deswegen tut die Auswahl manchmal ziemlich weh (siehe oben), ansonsten ist es halt wie Radiohören. Neu dieses Mal: die „Trend“-, „Style“- und „Glamour“-Tipps (Empire of the Sun sind Trend-Tipp, La Roux wegen Elly Jacksons Haaren Style Tipp und Lady Gaga Glamour Tipp).
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