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25. März 2010
Christina Mohr
für satt.org

  Recoil: Selected
Recoil: Selected
(Mute)
» recoil.co.uk
» myspace


Tourdaten:
  • 25.03.2010 München, Hansa 39 @ Feierwerk
  • 27.03.2010 Köln, Alter Wartesaal
  • 31.03.2010 Zürich, Kaufleuten (CH)




Discographie Recoil:
  • 1+2 (EP, 1986)
  • Hydrology (1988)
  • Bloodline (1990)
  • Unsound Methods (1997)
  • Liquid (2000)
  • subHuman (2007).
  • Recoil Selected (2010)




Recoil: Selected

Alan Wilder, Depeche Mode-Keyboarder bis 1995, wollte mit seinem Projekt Recoil niemals live auftreten. Jetzt tut er es doch: unter dem Titel "A Strange Hour with Alan Wilder & Paul Kendall" finden zwischen März und Mai 2010 eine Reihe Veranstaltungen in Europa und den USA statt, die laut Wilder mit einem üblichen Rockkonzert nichts zu tun haben werden. Bei jedem Auftritt werden andere GastkünstlerInnen dabei sein, wie auch auf dem neuen Album "Recoil Selected": Diamanda Galás, Joe Richardson, Douglas McCarthy, Toni Halliday, Samantha Coerbell und Maggie Estep sind auf den Tracks zu hören, die Wilder aus dem umfangreichen Recoil-Backkatalog für "Selected" aussuchte und mit seinem langjährigen musikalischen Partner Paul Kendall remixte und neu arrangierte.

Am 19. März spielten Recoil im historischen Meistersaal der legendären Berliner Hansa Tonstudios, davor gab Alan Wilder satt.org ein Interview:

◊ ◊ ◊

Du bist zum ersten Mal mit Recoil auf Tour, eigentlich wolltest du nie mit Recoil auftreten. Warum jetzt doch dieser Sinneswandel? Und wie fühlst du dich, bist du aufgeregt?

Alan Wilder: Natürlich bin ich aufgeregt – sehr sogar. Wir haben sehr lange und sehr intensiv an der Audio-Präsentation gearbeitet und via Internet mit vier verschiedenen Regisseuren einen Film zusammengestellt. Ich war außerdem sehr stark in die Organisation der Tour involviert, habe Venues ausgesucht, die Gastkünstler zusammengestellt und so weiter. Am Freitag (19.3.2010, Anm. CM) werden wir sehen, ob unsere Bemühungen Früchte tragen!

Wie war es, das alte Recoil-Material wieder in die Hand zu nehmen?

AW: Es war sehr interessant, alles wieder einmal durchzuhören, mit verschiedenen Versionen zu experimentieren, diese zu bearbeiten und alles in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Und ich fand, dass Stücke aus der Zeit vor dem Album „Unsound Methods“ schwieriger zu bearbeiten waren.

Der Prozess des Remixens und Bearbeitens – ist das so, als würde man neue Stücke machen?

AW: Nicht wirklich. Bei neuem Material sucht man immer nach dem Fokus, bereits vorhandene Stücke haben diesen Fokus schon, haben ein eigenes Leben. Es ist vielleicht etwas befreiender, an neuen Mixes für existierende Stücke zu arbeiten – man hat weniger Druck.

Warum "Recoil Selected" und nicht "Best of"?

AW: Also, es ist nur ein Titel... :-) Auf dem Album sind meine Favoriten gelandet, auf alle Fälle diejenigen, die ich am besten für eine Collection geeignet fand. Wir hatten keinerlei Beschränkungen. Und Hitsingles brauchten wir nicht auszuwählen, weil es keine Hitsingles gibt!

Auf dem Album sind viele GastsängerInnen, die Tour heißt "A Strange Hour with..." - hältst du dich immer noch am liebsten im Hintergrund wie bei Depeche Mode? Was wirst du auf der Bühne machen?

AW: Abwarten – ich überlege selbst noch! Wichtig ist, dass man keine Band oder einen Standard-Rock-Gig erwarten darf. Was wir vorhaben, ist eher eine Kunstinstallation als ein Rockkonzert. Im Mittelpunkt stehen die Bearbeitungen der Songs, die so umgearbeitet wurden, dass sie auf einer Bühne funktionieren. Der bedeutendste visuelle Aspekt wird der Film sein.

Auf „Recoil Selected“ ist auch ein Stück mit Diamanda Galás zu hören („Strange Hours“) - wie ist es, mit ihr zusammen zu arbeiten? Ist sie sehr kompliziert?

AW: Ich fand sie überhaupt nicht kompliziert. Sie war sehr natürlich und spontan. Wir arbeiteten sehr schnell, nahmen jeden ihrer Takes auf (die alle unterschiedlich waren) und dann habe ich noch ein bisschen Zeit damit verbracht, alles zusammenzufügen.

Du arbeitest mit Paul Kendall seit zehn Jahren zusammen – seid Ihr Freunde oder ist es eine reine Arbeitsbeziehung?

AW: Wir sind sehr gute Freunde. Paul hat die letzten zwei Jahre in meinem Haus gewohnt. Wir kommen aus verschiedenen Ecken, was die Musik betrifft, und das tut unserer Arbeit gut, denke ich. Paul hat im Mute-Studio gearbeitet und dort haben wir uns getroffen, als er in einer Depeche Mode-Session ausgeholfen hat. Wir haben uns öfter getroffen und dann haben wir einige Remixes für „Unsound Methods“ zusammen gemacht. Mir gefiel sein Zugang zu den Stücken, seine Ideen und seine Geduld im Studio. Wir beide teilen den Willen, das allerbeste aus dem zu machen, an dem wir gerade arbeiten. Ohne Kompromisse.

Depeche Mode sind in Deutschland immer noch sehr, sehr big (bitte entschuldige, dass ich dich mit deiner alten Band in Verbindung bringe) – kontaktieren dich Leute aus Deutschland, freust du dich darauf, hier zu spielen?

AW: Ich bekomme viele Nachrichten von deutschen Fans und es macht immer viel Spaß, in Deutschland zu sein. Besonders Berlin und Hamburg liebe ich sehr, und ich weiß, dass die Reaktionen des deutschen Publikums sehr warm sein werden!

MusikerInnen aus aller Welt lieben Berlin – du auch?

AW: Absolut – die Stadt hat eine ganz besondere Atmosphäre. Sehr kreativ, obwohl sich die Dinge so schnell verändern. Ich glaube, das ist Berlins besonderer Charme: wie sich die Stadt entwickelt und wie stark sie doch von ihrer Vergangenheit geprägt ist.

Wenn du Zeit für Sightseeing findest, was schaust du dir an?

AW: Ich werde keine Zeit haben, aber ich war an Weihnachten in Berlin und habe viele Sehenswürdigkeiten besucht. Ich liebe Mitte, Prenzlauer Berg und Kreuzberg.