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10. Mai 2010
Janine Andert
für satt.org

  CocoRosie: Grey Oceans
CocoRosie:
Grey Oceans

Sub Pop/
Souterrain Transmissions/
Rough Trade
» cocorosieland.com
» myspace
» facebook

Einziger Deutschlandtermin:
18. Mai 2010 im Admiralspalast, Berlin


Tracklist:
  1. Trinity's Crying
  2. Smokey Taboo
  3. Hopscotch
  4. Undertaker
  5. Grey Oceans
  6. R.I.P. Burn Face
  7. The Moon Asked the Crow
  8. Lemonade
  9. Gallows
  10. Fairy Paradise
  11. Here I Come
iTunes-Bonustrack:
  • St. Michael



Kostenloser Download
von “Lemonade”,
Trailer zu „Trinity’s Crying“
und „Smokey Taboo“:

» subpop.com




CocoRosie: Grey Oceans

„Grey Oceans“? Von wegen! Mit ihrem vierten Studioalbum entführen CocoRosie in eine magische Zwischenwelt, die alles andere als grau ist. Die unbeschreibliche Mischung aus elektronischen Samples, außergewöhnlichen Stilmitteln wie Kinderspielzeug, klassischen Instrumenten wie Harfe, Flöte und Trommel und der einzigartige Gesang verbinden sich zu zeitlos schönen Melodien, die aus einem unbekannten Geisterreich zu stammen scheinen. So müssen die Sirenen in der Odyssee geklungen haben. Womit wir beim zweiten Teil des Albumtitels wären: Ozeane. In der Tat hat „Grey Oceans“ auch etwas von sehnsuchtsvoll-am Strand-stehen-und-dem-Rauschen-der-Wellen-zuhören. Der Blick schweift in die Ferne und ganz gewiss befindet sich irgendwo am Horizont CocoRosie Island.

Etwas weniger pathetisch ausgedrückt entsteht die Faszination des Albums vor allem durch Sierra und Bianca Casadys Gesang, Gael Rakotondrabes Klavierspiel und unaufdringlichen Soundcollagen. „Smokey Taboo“ spielt mit dem Dualismus der Stimmen, baut die Differenz zwischen einer inneren und äußeren Welt auf. Sierras zerbrechlich-choraler, für die Seele sprechender Operngesang verschmilzt fast mit den Instrumenten und Klangteppichen. Biancas kindliche Intonation trägt den Text nach außen. In Songs wie „Hopscotch“ und „Lemonade“ klingen die Stimmen dank Verzerrungen wiederum wie sehr alte Tonaufnahmen. „Hopscotch“ ist gleichzeitig der verspielteste und ein wenig schizophrene Track des Albums. Assoziationen zu kindlichen Geistern aus einer längst vergangenen Zeit kommen auf, ob sie Gutes oder Böses wollen, bleibt unklar. Besonders stolz sind die Casady-Schwestern auf das per homerecording aufgenommene „Undertaker“. Während sie Kisten ihrer Mutter durchkramten, fanden sie einen Song der Frau Mama. Diese Kassettenaufnahme wurde dann zum Grundgerüst des Tracks. Hier singen nicht die Töchter, sondern die Mutter!

Und immer fügt sich das neue Bandmitglied, Pianist Gael Rakotondrabes, harmonisch ins Ganze, als wäre er schon immer dabei gewesen. Ein bisschen trifft das ja zu. Gael unterstützte CocoRosie bereits beim 2007er Album „The Adventures of Ghost Horse and Stillborn“. Jedoch erst seit den Aufnahmen zu „Grey Oceans“ war er in dem Maße involviert, dass er als vollständiges Bandmitglied zählt.

Obendrein gibt es eine neue, verrückte Tradition im Hause CocoRosie: Am Ende einer Tournee wird nun das am nächsten gelegene Analog-Tonstudio aufgesucht, um schnellstmöglich an frischem Material zu arbeiten. Nach der 2007er Südamerika-Tour war dies das Panda-Studio in Buenos Aires. Neben Argentinien wurden weitere Teile der Platte in Paris, Berlin, New York und Melbourne eingespielt.

Bei all dem bleibt der Wechsel von Touch and Go Records zu Sub Pop unbemerkt. Trotz neuen Plattenlabels zaubern CocoRosie wie eh und je ein buntes Kaleidoskop ihres unverwechselbaren Klanguniversums, das in sich stetig geblieben ist. Schwebend wird der Hörer durch das Album getragen und vergisst die reale Welt. Im Feenreich gibt es eben keine Veränderungen. „Grey Oceans“ glänzt wieder einmal mit konstant guter Musik, die den Hörer in einen hypnotischen Bann zieht.