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12. Juli 2010
Tina Manske
für satt.org

Hugh Masekela: Hugh! The Best of Hugh Masekela

Keiner von gestern

Es hatte wohl gedauert, aber dann wurde er doch gebeten, mitzumachen: Und so sorgte der 71jährige Hugh Masekela vor einigen Wochen bei der Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft für den Gegenpol zu der doch sehr amerikanischen Musik-Show an diesem Nachmittag. Ja, in irgendeinem privaten Sender war sein mit dem deutschen Vorzeigetrompeter Till Brönner eingespielter WM-»Hit« »Win The World« die Erkennungsmelodie zur Fußballberichterstattung. Schade, dass damit die gesammelten »Schland«-Katastrophen nicht verhindern werden konnten. Brönner präsentiert auch »Hugh! The Best of Hugh Masekela«. Das in diesen Tagen erscheinende grandiose Doppelalbum fasst alle Masekala-Hits aus den letzten Jahrzehnten zusammen.

Masekela spielt Trompete, seit er im Kino Kirk Douglas als Bix Beiderbecke sah. Da war er 14. Als er dann noch ein Instrument von Louis Armstrong geschenkt bekam, dürfte für ihn alles klar gewesen sein. 1959 war er Mitbegründer der Jazz Epistles: Mit »Verse 1« nahmen sie eines der wegweisenden Alben des Modern Jazz auf. Es folgten Exil in England und den USA, wo er nicht aufhörte, sich für die Anti-Apartheid-Bewegung stark zu machen. Und seitdem erfreut er die Menschen mit sehr durchdachtem, sehr herzvollem Spiel. Nicht unähnlich seinem auf Augenhöhe agierendem Freund, dem 1997 verstorbenen nigerianischen Saxofonisten und Bandleader Fela Kuti. Einem größeren Publikum wurde Masekela spätestens durch seine Live-Auftritte mit der Band von Paul Simon zu seligen »Graceland«-Zeiten bekannt. »Bring Him Back Home« wurde zudem zur Hymne für die Forderung, den ANC-Anführer Nelson Mandela aus der Haft zu entlassen.

Masekelas charismatischer Stil besteht aus konzisem Melodienspiel, gepaart mit charaktervollen Repetitionen und fast streichelnden Bewegungen rund um die Noten herum. Sie fließen und bilden oft einen prachtvollen Gegensatz zu den synkopierten Rhythmen seiner Mitspieler. In seiner Karriere machte Masekela immer wieder Ausflüge in den Pop-Kontext, doch seine Wurzeln liegen eindeutig im Jazz und Bebop.

»Hugh! The Best of Hugh Masekela« passt gut in diesen Sommer, der selbst den Lethargikern den Schweiß aus den Poren presst. Die Compilation bietet uns das Beste, das man einer Trompete entlocken kann: Unzweifelhaft afrikanisch verortete Sounds, die uns vom Leben auf dem schwarzen Kontinent erzählen (»In The Market Place«) und kosmopolitische Tracks wie das im lockeren 70er-Jahre-Flow in südamerikanische Gefilde dahingleitende »Lobo«. War so was nicht mal Jingle einer Spielshow mit Hans Rosenthal? Man möchte es glauben. Dann gibt es lateinamerikanische Rhythmen und den zum Zerreißen gespannten Jazz von »Inner Crisis«. Und dass es auch funky geht, zeigt Masekela mit dem großartig-dunklen »Witch Doctor«. Auch Kollaborationen mit Fela Kuti und Herb Alpert sowie der 60s-Hit »Grazin’ In The Grass«, der sich damals sogar in den Charts wiederfand, sind auf der Compilation enthalten. Rund wird die Doppel-CD mit Remixen: Besonders Jazzanovas »Stimela« und Afrocools »Languta« stechen hervor. Sie machen deutlich, wie nah Masekelas Sound an moderner elektronischer Musik andockt oder umgekehrt. Nach all dem Vuvuzela-Gedröhne kann man sich jetzt also ganz beruhigt der Trompete und ihren beeindruckenden Sounds hingeben. »Hugh« ist ein Album zum Zungeschnalzen und genau das Richtige für einen heißen Sommer in der Stadtwüste.




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