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März 2003
Thomas Vorwerk
für satt.org


Igort:
5 ist die perfekte Zahl

Avant Verlag 2003

Igort: 5 ist die perfekte Zahl

176 Seiten, geb.
17,95 Euro
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5 ist die perfekte Zahl


Die dritte Veröffentlichung des ambitionierten Berliner Kleinverlags erscheint als internationale Koproduktion zeitgleich in sechs Ländern, was es wohl möglich macht, daß das pfundschwere Werk (Großformat, 176 Seiten) für einen erschwinglichen Preis über die Ladentheke wandern darf.

Igort, der ein Jahrzehnt ausschließlich in Japan arbeitete, kommt als gereifter Künstler zurück nach Italien. Er erzählt die Geschichte von Peppino, einem alten Camorrista im Ruhestand, der den Tod an seinem Sohn rächen will, selbst, wenn er dafür einen Bandenkrieg anzetteln muß. Der Plot und die Atmosphäre erinnern an Filme wie „Point Blank“, „Dead Man“ oder gar an Jean-Pierre Melville, was auch Hand in Hand damit geht, daß „5 ist die perfekte Zahl“ im Neapel der 60er Jahre spielt. Igort: 5 ist die perfekte Zahl

Doch nicht nur Vergleiche mit Filmen drängen sich auf, denn auch comicsprachlich hat Igort einiges auf dem Kasten. Das von ihm verwendete Duotone-Verfahren mit einer zweiten Druckfarbe, das bereits einige meiner Lieblingszeichner wie Dave McKean (“Cages“), Kyle Baker (“Why I hate Saturn“), David Mazzucchelli (“Rubber Blanket“) oder Debbie Drechsler (“Nowhere“) eindrucksvoll verwendeten, wird mit einer Vielzahl von graphischen Stilen und Zeichentechniken zu einer abwechslungsreichen Reise durch narrative Methodiken. Igort selbst ist besonders stolz auf die von seiner Mangazeit beeinflußten „stummen“ Szenen, doch auch die Traumvisionen, die in ihrer verspielten Anthropomorphisierung an Lorenzo Mattottis dahinfließende Körper erinnern, stehen im direkten Kontrast und Wechselspiel zu den für das Genre eher typischen grim ‘n’ gritty Schattenspielen und reflektierenden Wasseroberflächen, wie sie vom klassischen Film Noir bis in die 80er Jahre Hollywood-Ästhetik von Alan Parker (“Angel Heart“), Michael Mann (“Miami Vice“) oder Walter Hill (“Streets of Fire“) Einzug nahmen. All diese Einflüsse, einen Schuß Will Eisner, die bei George Herriman geklaute Nase, Filme der Shaw Brüder, seltsame Superheldencomics und vieles mehr verbindet Igort zu einem stimmigen Ganzen, das noch ganz nebenbei die Genregrenzen sprengt und wie im Vorbeigehen auf den letzten Seiten nochmal die gesamte Erzählperspektive kippt. In vielerlei Hinsicht gelingt „5 ist die perfekte Zahl“, woran die Coen-Brüder bei „The Man who wasn't there“ leise scheiterten: Dieser Comic versetzt uns nicht nur in eine vergangene Zeit, sondern in eine nichtexistente Kunstwelt, die uns nichtsdestotrotz wichtiges mitzuteilen hat.

Ein Genre, das schon auf den Tod wartete, erfuhr durch Igort eine Wiedergeburt.