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April 2008
Stefan Pannor
für satt.org

Leo Leowald: Raues Sitten – Das Babybuch

Leo Leowald:
Raues Sitten
Das Babybuch

Nein, er habe niemals Kinder haben wollen, beschwört Zeichner Leowald noch zu Beginn des Buches seine Leser. Aber das ist nur ein kurzer Prolog, und schon das Cover verrät ja, dass Leowald sich untreu geworden ist. „Das Babybuch“ heisst es im Untertitel, darunter knuddelt ein Vater seinen blaugestramplerten Sohn. 120 folgende Seiten geht es um das Plötzlich-Doch-Ein-Kind-haben.

Ein Glück ist es, dass Leowald sich in aller Öffentlichkeit untreu geworden ist. Seit 2004 betreibt er Zwarwald, sein Comic-Blog. Fast jeden Tag ein neuer Cartoon oder Mini-Comic, teilweise absurd, teilweise autobiographisch. Aber stets skurill, nicht zwingend auf eine offensichtliche Pointe hinauslaufend, aber auch nicht das, was man im Liedermacherdeutsch „hintersinnig“ nennt. Graphisch deutlich an Trondheim angelehnt, aber doch eigen genug, um Leowald nicht zum puren Epigonen zu machen.

„Raues Sitten“ sammelt all die täglichen Strips aus dem Blog, die sich irgendwie mit Leowalds Kinderkriegen und Elterndasein beschäftigen. Das überrascht insgesamt wenig, die Themen kennt man selbst als Nicht-Elter: Urin und Sabber, Kinderbücher, Kinderlieder, durchgemachte Nächte, Umstellung des Alltags auf den Tagesablauf des Kindes.

In seinem Comicroman „Little Star“ hatte Andi Watson zuletzt ähnliches beschrieben, dort aber deutlich ernsthafter und als geschlossene Erzählung. Leowalds Einsichten und Schilderungen bleiben punktuell, ohne unbedingt ein Gesamtbild zu ergeben. Hier zeigt sich wieder der Nachteil des Blogs: was täglich als kleiner Happen hervorragend goutierbar ist, wirkt gesammelt am Stück oft seltsam verrannt. Mit einem ähnlichen Problem hat ja auch Flix' Comictagebuch „Heldentage“ zu kämpfen.

„Raues Sitten“ ist voller schöner Ideen und charmanter Beobachtungen. Aber das Konzept des täglichen Mini-Comics schränkt am Ende zu sehr ein, lässt die Schilderung oberflächlich bleiben oder schlecht nachvollziehbar machen für Menschen, die nicht selber schon Kinder haben. Der tägliche Witz zündet durchaus. Aber viele kleine Knaller ergeben nicht zwingend einen großen. Um „Raues Sitten“ zu geniessen, sollte man das Buch vielleicht wirklich nicht am Stück lesen.



Leo Leowald: Raues Sitten – Das Babybuch
Reprodukt, 128 Seiten, € 12,00
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