Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Oktober 2002
Thomas Vorwerk
für satt.org

Insomnia - Schlaflos
USA 2002

Insomnia - Schlaflos

Regie:
Christopher Nolan

Buch:
Hillary Seitz

Kamera:
Wally Pfister

Schnitt:
Dody Dorn

Musik
David Julyan

Darsteller:
Al Pacino (Will Dormer), Robin Williams (Walter Finch), Hilary Swank (Ellie Burr), Maura Tierney (Rachel Clement), Martin Donovan (Hap Eckhart), Nicky Katt (Fred Duggar), Paul Dooley (Chief Charles Nyback), Jonathan Jackson (Randy Stetz)


Insomnia - Schlaflos




Insomnia - Schlaflos


Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Insomnia - Schlaflos

Dem Nachfolger zu einem Ausnahmefilm wie Christopher Nolans „Memento“ ist es natürlich schier unmöglich, diesen zu übertreffen. Das erkannte wohl auch der Regisseur, und er ergriff stattdessen die Möglichkeit, mit nicht weniger als drei Oscar-Preisträgern in den Hauptrollen ausgerechnet ein Remake eines nahezu unbekannten norwegischen Thrillers zu drehen.

Nun wurde man in den letzten Jahren durchaus argwöhnisch, wenn es um Hollywood-Wiederverfilmungen kleiner Meisterwerke aus europäischen Film-Exoten-Ländern ging. „Vanilla Sky“ ist da noch das gelungenste Beispiel, die „Nightwatch"-Version mit Ewan McGregor war ebenso unsäglich wie George Sluizers US-Version seines eigenen „Spoorlos“ mit Jeff Bridges.

Erik Skjoldbjaergs 1997er „Insomnia“ ist (wahrscheinlich nicht nur) dem Rezensenten unbekannt, und somit kann ich auch nur mutmaßen, inwiefern das Original der Nachahmung überlegen ist, oder vielleicht sogar das Gegenteil der Fall ist, Nolans Version vielleicht einen schmutzigen Rohdiamant zum Glitzern gebracht hat. Ich kann nur mutmaßen, ob die zahlreichen „Twin Peaks"-Verweise übernommen oder zugefügt wurden, oder ob die vom Ermittler Al Pacino zu Beginn erfahrenen Visionen, die teilweise genausowenig überzeugend waren wie ähnlich Phänomene in der TV-Serie „Millenium", auch schon in der ursprünglichen Version eingeschnitten waren.

Der Name des Tatorts des Geschehens, die Kleinstadt „Nightmute“ in Alaska, kann aber auf norwegisch kaum blöder klingen.

Vergessen wir aber den vermeintlichen „Übervater“ dieses Films, dem es sicher schwerfallen würde, sehr viel besser als Nolans dritter Film zu sein. Stattdessen eine kurze Skizzierung des Inhalts. Will Dormer (Pacino) und Hap Eckhart (Hal Hartley-Veteran Martin Donovan) werden während des Polarkreis-Sommers nach Alaska eingeflogen, um den Mord an einem 17jährigen Mädchen aufzuklären. Weder schien das Opfer sexuell misshandelt geworden zu sein, noch scheint die Todesursache (sie wurde totgeschlagen) den üblichen (Film-)Schemata eines Serientäters zu entsprechen, doch Dormer, ein Experte auf dem Gebiet, dem in seiner Heimat gerade die Dienstaufsichtsbehörde das Leben schwer macht, zeigt sich bereits bei der erneuten Untersuchung der Leiche eine Spur seinen Provinz-Kollegen überlegen.

Insbesondere die junge Ellie Burr (Hilary Swank), die die Untersuchung Dormers Fälle zum Grundstein ihrer polizeiakademischen Ausbildung gemacht hatte, ist bereit, noch einiges von ihrem Idol zu lernen. Doch die erste außergewöhnliche Aktion Dormers, die den Täter in eine Falle locken soll, endet stattdessen mit einer chaotischen Verfolgung im Nebel, bei der ein Polizist angeschossen wird und Eckhard das zweite Todesopfer des Films wird.

Vom Rest des Film mag ich nur noch verraten, daß Dormer wegen des unaufhörlichen Tageslichts an Schlaflosigkeit leidet, und daß sich zwischen den „Oscar-Preisträgern“ (Williams spielt wie in „One Hour Photo“ den Bösen) ein erbitterter Wettstreit entzündet.

Auch wenn man unzählige Versatzstücke anderer Filme wie „The Silence of the Lambs“ (Hilary Swank ist hier die am Anfang ihrer Karriere stehende „Clarice") oder der bereits erwähnten Lynch-Serie „Twin Peaks“ entdecken kann (der Zweikampf zwischen Pacino und Williams erinnert an das Schachduell zwischen Dale Cooper und Windom Earle, ferner gibt es u.a. ein Mordopfer „wrapped in plastic", einen beweiskräftigen Herzanhänger und ein sehr ähnliches Ambiente), ist „Insomnia“ wie schon „Memento“ der Beweis, daß man ruhig Ideen klauen darf, wenn man sie ohne allzu große Verluste umzusetzen weiß. „Insomnia“ ist zwar sehr viel konventioneller als „Memento", aber schon das überragende Spiel des Darsteller-Dreigestirns (selbst Williams fällt positiv auf, und Martin Donovan ist auch in üblicher Form) lässt einen derlei Einschränkungen vergessen. Und das Drehbuch hält bis zum Schluß Wendungen bereit, die ausnahmsweise (die Gegenbeispiele sind Legion!) logisch aufeinander aufgebaut sind und die Spannung nicht nur künstlich aufrecht erhalten.