Panorama
Moonlight Mile
Brad Silberling und Cameron Crowe sind beides begnadete Drehbuchautoren und recht talentierte Regisseure. Ein Manko verbindet sie jedoch: Die von ihnen erschaffenen Filmwelten sind immer eine Spur zu brav, zu nett, zu warm ausgeleuchtet. In diesen Welten wimmelt es von verständnisvollen, dunkeläugigen Männern und unaufdringlich gutaussehenden Frauen, die man sofort heiraten würde, bei jedem Streit ist die Versöhnung vorprogrammiert, jedes Problem wird durch einen Lacher geschwächt, und profunde Wahrheiten stehen wie Wegweiser links und rechts von der Straße des Lebens.
1973, irgendwo in Massachusetts. Joe wohnt seit drei Wochen bei den Eltern seiner Verlobten, die aber vor der Hochzeit erschossen wird. Die drei Trauernden verarbeiten ihren Verlust gemeinsam, geben sich gegenseitig Stärke. So sieht es zumindest zunächst aus, doch einige kleine Geheimnisse sind noch in den angeschlagenen Psychen vergraben. Während Vater Ben seinen vermeintlichen Schwiegersohn in den Immobilienbetrieb aufnehmen will, findet der eine Spur zu schnell eine nette Postangestellte, deren Freund passenderweise auch seit drei jahren in Vietnam vermisst wird. Damit dürften die Konflikte klar sein. nebenbei gibt es noch die Beerdigung, und Dianes Mörder soll möglichst schnell und hart verurteilt werden.
Die Stärke des Films liegt neben seinem ausgezeichneten Schauspielerensemble darin, daß er visuell und musikalisch den Anfang der Siebziger zu beschwören weiß. Man assoziiert Filme wie "The Graduate" oder "Harold and Maude" (wozu auch Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal beiträgt, der wie eine Mischung aus dem jungen Bud Cort und Tobey Maguire aussieht), es geht um ein ähnliches Problem der Selbstfindung, doch all die Probleme der Trauerarbeit, die Silberling nach autobiographischen Erfahrungen (seine Freundin wurde auch erschossen) umzusetzen versucht, bleiben zu freundlich, verpuffen in klingelnden Telefonen und raffgierigen Schulfreundinnen der Verstorbenen. Auch der von Ellen Pompeo hinreißend dargestellte Engel vom Postamt gegenüber (mindestens so schnuckelig wie Renée Zellweger damals in "Jerry Maguire") kommt einfach zu schnell, zu hollywoodmäßig professionell, als daß sich das eigentliche Thema des Films als die erdrückende Seelennot, die der Tod eines geliebten Menschen darstellt, enfalten könnte. Zwei so unterschiedliche Filme wie "The Sweet Hereafter" und "Sweet Home Alabama" scheinen für Silberling mehr gemeinsam zu haben als das eine Wort im Titel, und so ist dann auch alles viel zu süß, nett, freundlich, witzig, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Erwähnt werden müssen noch der wie immer routinierte Hoffman, die diesmal außerordentlich spielfreudige Susan Sarandon und der Hund Nixon auf dem Rücksitz, der in einem Blick soviel Emotion zum Ausdruck bringt, daß generationen von Schauspielschülern von ihm lernen könnten.