Leonardo Gandini:
Brian De Palma
Schon beim im selben Format erschienenen Buch über "
Martin Scorsese" ärgerte ich mich über die Bildumrahmungen mit runden Ecken, die mich an Fernsehbildschirme erinnern, doch spätestens jetzt ist mir klar, daß es sich dabei um ein von oben verordnetes (schlechtes) Design handelt, das einen Wiedererkennungswert erwirken soll. Es ist gelungen, denn ich ärgere mich erneut darüber.
Das dritte Buch der Reihe (über Pasolini) kenne ich nicht, aber es ist schon sehr auffällig, daß es sich bei Scorsese und DePalma um zwei italienischstämmige US-Regisseure handelt, die auch noch etwa zur selben Zeit ihre Karriere begangen und aus dem Dunstkreis um Roger Corman stammen. (Beide waren auch ausschlaggebend bei der frühen Karriere von Robert De Niro.) Umso mehr bietet es sich an, die Regisseure zu vergleichen, die gerade im Kampf mit den Obrigkeiten in Hollywood so manchen Kampf auszutragen hatten und neben diversen Triumphen auch immer wieder Rückschläge einstecken mussten (ein Hauptinhalt dieses Buches). Doch während Scorsese heutzutage als sperriger Filmkünstler akzeptiert ist, kennt Brian De Palma trotz seines oscarprämierten Hits "The Untouchables" oder dem Tom Cruise-Vehikel "Mission:Impossible" kaum jemand, als Auftragsarbeiter mit Risikofaktor und ewiger Hitchcock-Epigone wird er meistenteils verlacht, wobei seine fast schon als epochal anzusehenden frühen Thriller wie "Blow Out" oder "Obsession" ebenso übersehen werden wie seine ertragreiche Zusammenarbeit mit Al Pacino in "Scarface" und "Carlito’s Way" oder seine Stephen King-Verfilmung "Carrie", die immer noch zum besten gehört, was je von der Schreibmaschine des Neuengländers auf die Kinoleinwände gezerrt wurde.
Ich gehöre auch nicht zu den leicht zu begeisternden Anhängern De Palmas, aber selbst teilweise mißglückte Experimente wie "Snake Eyes" oder "Casualties of War" gehören zu den Produkten der Unterhaltungsmaschinerie Hollywood, die mich immer wieder gerne ins Kino locken.
Leonardo Gandini hingegen interpretiert für meine Verhältnisse ein paar zuviele postmoderne Ansätze in die Genrefilme DePalmas. Chronologisch arbeitet Gandini die Filme ab, entdeckt allenthalben genialisches, was mir immer verborgen blieb, kommt dabei aber streckenweise etwas lieblos herüber. Im Zusammenhang mit den Filmfotos fällt auch auf, daß die Auswahl relativ arbiträr erscheint, und das Bildmaterial nur selten dazu beiträgt, die Argumentation des Textes zu verstärken.
Da die letzten deutschsprachigen Publikationen zu De Palma aber schon sehr überholt sind, verschafft der Band dem geneigten Leser einen profunden Überblick, und die Interpretationsansätze mögen bei erneuter Sichtung der Filme zumindest Diskussionen anheizen.
Weniger dem Autoren als den Editoren möchte ich einen Vorwurf machen. Mit ein wenig mehr Hingabe zum Objekt hätte hieraus ein durchaus lesenswertes Filmbuch werden können. Immerhin sind die Übersetzungsfehler, die mir beim Scorsese-Band noch sauer aufstießen, mittlerweile fast vollständig ausgemerzt. Und auf den neuen De Palma-Film "Femme Fatale", der hier schon kurz analysiert wird, bin ich sehr gespannt.