Auf den ersten Blick erscheint "S.W.A.T." wie eine Kopie von "
Bad Boys II". Ähnliches Sujet, ähnlicher Trailer, sogar das Presseheft ist in denselben Farben gehalten. Aber hier handelt es sich nicht (wie man denken könnte) um eine Jerry Bruckheimer-Produktion, man
wirbt sogar damit, daß Neal H. Moritz vorher bereits Bruckheimer-Kopien wie "The Fast and the Furious", "The Skulls" oder "XXX" verbrochen hat (Im gleichen Atemzug sollte aber nicht unerwähnt bleiben, daß die anderen beiden Produzenten gelungene Regiedebüts wie "The Fabulous Baker Boys" und "The Virgin Suicides" bzw. oscarprämierte Qualitätsfilme wie "The Fisher King" oder "As Good As it Gets" unterstützt haben).
Doch neben diesem unterschwelligen Etikettenschwindel ist der eigentliche Trick dieser Mogelpackung eigentlich, daß man durch den Trailer den Eindruck gewinnt, es mit einer unaufhörlichen Materialschlacht, einem nach Los Angeles verlegten Kriegsfilm zu tun hat. Dem ist glücklicherweise nicht so, teilweise erscheint "S.W.A.T." in seiner Machart sogar sparsam, durch einige gezielte Effekte an strategisch gut gewählten Punkten in der Geschichte mag es manchem Zuschauer gar nicht auffallen, daß dieses Remake einer 70er Jahre-Fernsehserie, gedreht von einem TV-Regisseur, trotz seiner großen Hollywoodstars eben nicht alle fünf Minuten mit Explosionen klotzt - und das macht den Film schon fast wieder sympathisch.
"S.W.A.T." lässt sich Zeit, seine Geschichte zu erzählen. Zunächst wohnen wir einem Einsatz des "Special Weapons and Tactics"-Teams bei, bei dem Hauptfigur Jim Street (Colin Farrell) und sein Partner Gamble (Jeremy Renner, die Psychopathen-Version von Tobey Maguire) das Leben einer Geisel dadurch retten, daß sie den Geiselnehmer durch die Schulter seines menschlichen Schutzschildes hindurch "neutralisieren" - Die undankbare Bürgerin verklagt daraufhin die Stadt, und der Polizeichef schmeißt Gamble raus und schiebt Street in den "Waffenkäfig" ab - was sein Partner ihm übel nimmt.
Dann taucht der legendäre Sergeant der "alten Schule" auf (Samuel L. Jackson), bastelt sich sein Team zusammen, verärgert abermals den (natürlich inkompetenten, vorurteilsbeladenen, herrschsüchtigen und sesselfurzenden) Polizeichef - und trainiert sein Fünferteam. Und schon ist etwa eine dreiviertel Stunde des Films vorbei, bevor dann der nebenbei wegen eines defekten Rücklichts festgenommene französische Schwerverbrecher vor laufender Kamera 100 Millionen Dollar bietet für den, der ihn aus dem Polizeigewahrsam (unserer Helden) befreit.
Die erste Hälfte des Films lebt zunächst von der plötzlichen Feindschaft zwischen zwei langjährigen Partnern, und baut dann das neue Team auf - mit kleine Zwistigkeiten, die natürlich das Salz in der Suppe sind. Nebenbei erfahren wir noch von Streets Bindungsunfähigkeit und seinem Interesse für die gutaussehende Kollegin Sanchez (Michelle "Girlfight" Rodriguez). Dann gelangt der Film dorthin, wo wohl die meisten Zuschauer endlich hinkommen wollen - und enttäuscht auf ganzer Linie. Das Drehbuch schaltet auf Leerlauf, die Produktionsmittel scheinen erschöpft, die angedeutete Liebesgeschichte wird schlichtweg vergessen - und der Showdown ist ein absoluter Anti-Klimax, der durch einige allenfalls angedeutete Splatter-Effekte kaschieren will, daß es eigentlich in der letzten halben Stunde keinerlei Idee mehr gibt, sich der Film nur noch getrieben von seiner anfänglichen Energie und der akzeptablen Grundidee zum Ende schleppt. Daran können auch die sympathischen Darsteller mit dem unter Wert verkauften neuen Action-Superstar Colin Farrell (nach Nebenrollen in "Minority Report" und "Daredevil" der glorreiche Auftritt in "Phone Booth", demnächst mit Al Pacino in "The Recruit") nichts ändern. "S.W.A.T." ist zwar längst nicht so ärgerlich wie "Bad Boys II" (Müde Scherze auf Kosten von Vegetariern sind mir tausendmal lieber als vermeintlich humoristische Leichenschändungen), aber wahre Fans dieses momentan wieder florierenden Sub-Genres (ist der 11. Septemper 2001 schon lang genug her, daß explodierende Helikopter wieder Unterhaltungswert haben??) wird viel eher stören, daß er weniger money shots zu bieten hat. Überflüssig sind beide Filme - aber welcher hochglanzphotographierte Film über schießwütige Polizisten ist das nicht?