Romuald Karmakars bekanntester Film,
Der Totmacher, ist ein Kammerspiel, sein neuester basiert sogar auf einem norwegischen Theaterstück, dessen Spielort, eine Großstadtwohnung, Karmakar immerhin einige Male verlässt. Dennoch ist der Druck, der auf ein junges Ehepaar ausgeübt wird, immer fassbar und präsent. Während sie (Newcomerin Anne Ratte-Polle) mehr vom Leben will (ausgehen, Spaß haben), ist er ganz zurückgezogener Schriftsteller, der den ganzen Tag auf der Couch liegt und liest. Auch das Glück durch das gemeinsame Kind hält sich in Grenzen, zumeist gibt das Windelwechseln höchstens einen neuen Streitgrund.
Die Dialoge könnten in ihren kaum varierten Wiederholungen von Pinter stammen, nur die Stimmung ist typisch skandinavisch, irgendwo zwischen Ibsen und Bergman. In Gegensatz zum seltenst wahrgenommenen Optimismus des letztjährigen deutschen Wettbewerbsbeitrag Der alte Affe Angst soll Die Nacht singt ihre Lieder betont hoffnungslos herüberkommen, doch auch diesmal entfacht der Film eher einen unfreiwilligen Humor, den der Regisseur, angeblich unvorbereitet auf die Rezeptanz seines Filmes, als Verschulden der amerikanisierten Sehgewohnheiten deutet. Karmakar vergisst dabei, daß die zweite Hälfte des Films mit ihren Lachanfällen im Publikum, durchaus ihren Reiz hat, auch wenn man sie als Bergman-Parodie liest. Ich kann mich noch erinnern, daß ich damals bei Blue Velvet auch nicht aus dem Lachen herausgekommen bin, daß der Qualität des Films und der Ernsthaftigkeit des Sujets in meinen Augen keinen Abbruch getan hat. Unabhängig davon, ob man Die Nacht singt ihre Lieder als Inszenierung der Hoffnungslosigkeit einer Liebe auffasst oder als absurde Komödie, dafür, daß es in diesem Film auch wieder fast nur talking heads gibt, überzeugt das abermals von Fred Schuler fotografierte Werk beide Fraktionen. Ob Karmakar sich wirklich unverstanden fühlt oder er mur bei der Pressekonferenz schlechte Laune hat, ändert am Film eh nichts mehr, es zählen das Resultat und die Rezeption, wenn die Intention eine andere war, kann man die Schuld nicht auf die ignoranten Zuschauer schieben, die sich immerhin köstlich amüsiert haben.
Neben Manfred Zapatka war übrigens Sebastian Schipper (auch als Regisseur von Absolute Giganten mit Frank Giering ein Begriff) als Baste ein Garant für ausgelassene Zuschauerreaktionen. Mir kann niemand erzählen, Karmakar wäre sich des komödiantischen Potentials von Bastes ersten Auftritten nicht bewusst gewesen …