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März 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

 …und dann kam Polly
Along came Polly

USA 2003

 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)

 …und dann kam Polly
Along came Polly

Buch und Regie: John Hamburg; Kamera: Seamus McGarvey; Schnitt: William Kerr, Nick Moore; Musik: Theodore Shapiro; Darsteller: Ben Stiller (Reuben Feffer), Jennifer Aniston (Polly Prince), Philip Seymour Hoffman (Sandy Lyle), Debra Messing (Lisa Kramer), Bryan Brown (Leland Van Lew), Hank Azaria (Claude), Alec Baldmin (Stan Indursky), Jsu Garcia (Javier); 90 Min.; Kinostart: 4. März 2004

 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)
 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)
 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)
 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)
 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)
 …und dann kam Polly (Along came Polly) (R: John Hamburg)

Along came Polly ist in den Staaten ein Klassenknüller, der mit Superlativen nur so um sich schmeißt (Philip Seymour Hoffman behauptet beispielsweise, der Film hätte mehr eingespielt als alle seine vorherigen Filme zusammen …), und der für eine romantische Komödie auch in Deutschland schon früh eine überdurchschnittliche Erwartungsfreude entfachte. Dem kann ich mich nur anschließen, die Pressevorführung des Films wurde mitten in die Berlinale gelegt, und trotz der überwältigen Konkurrenz jener Tage gehört Along came Polly zu jenen Filmen, bei denen sich ziemlich viele gelungene Momente in meinem Gehirn festgesetzt haben. Ich könnte mir ohne weiteres vorstellen, den Film nach dem Kinostart gleich nochmal zu schauen.

Regisseur John Hamburg mag manchem wie ein unbeschreibenes Blatt erscheinen, aber abgesehen von seinem Regiedebüt Safe Men (mit Sam Rockwell und Steve Zahn als abgehalfterte Tingeltangel-Sänger, die für Safeknacker gehalten werden - hört sich gut an …) hat er sich vor allem als Drehbuchautor einen Namen gemacht, u.a. von Meet the Parents und Zoolander, was natürlich für eine gewisse Erfahrung mit Hauptdarsteller Ben Stiller spricht.

Along came Polly erinnert mich vor allem an einen anderen Film mit Ben Stiller, und zwar There’s something about Mary, mit dem die Farrelly-Brüder (noch zwei Komödienspezialisten) bekannt wurden. Nur mit dem Unterschied, daß bei Along came Polly die Witze ein klein bißchen weniger zotiger sind und dafür alles etwas romantischer ausgearbeitet ist. Aber ähnlich wie bei Mary spielen auch bei Polly die bestens besetzten Nebendarsteller eine große Rolle. Im Zusammenhang mit dem Inhalt werde ich darauf gleich eingehen.

Es beginnt mit einer Hochzeit. Reuben Feffer (Ben Stiller), der Risikoexperte einer Versicherungsfirma, der seine berufliche Vorsicht auch auf sein Privatleben ausgeweitet hat, heiratet mit Lisa (Debra Messing, die Grace aus Will & Grace) eine für ihn perfekte Frau: eine gesellschaftlich akzeptierte Maklerin, die beispielsweise viel Wert darauf legt, das gemeinsame Bett am Tage mithilfe vieler Dekorationskissen zum I-Tüpfelchen der geschmackvollen Einrichtung zu machen.

Nachdem der Film sich in den ersten Momenten mit der stilvollen Inszenierung der Hochzeitsfeierlichkeiten beschäftigt, kommt Sandy Lyle (Philip Seymour Hoffman), der beste Freund des Bräutigams, aufs Parkett - und keine zwei Sekunden, seit man ihn erstmals auf der Leinwand gesehen hat, sorgt Hoffman bereits für einen Humor-Knaller, der einen bereits auf den Film einstellt.

Auf der Hochzeitsreise zeigt sich Lisa interessiert an einem Tauchkurs - und Reuben hätte gut daran getan, schon früher darüber nachzudenken, inwiefern das mit dem gutgebauten Tauchlehrer Claude zusammengehangen haben kann, den er kurz darauf mit seiner Frau in flagranti erwischt - noch mit den Taucherflossen an den Füssen. Als Claude darf Hank Azaria (bei den Simpsons u. a. die Originalstimme von Apu, Moe, Chief Wiggum, einigen Kinogängern vielleicht auch noch als eindrucksvoller Haus-Boy Agador Spartaus in The Birdcage in Erinnerung) mal wieder eine Kostprobe seines Talents für Akzente geben. Ob sein überzogenes Gesäusel, das selbst Pepe le Pew bzw. Mel Blanc ausstichen könnte, in der deutschen Synchronisation auch nur halb so witzig wirkt, bleibt abzuwarten …

Reubens Ehe ist ein Trümmerhaufen, doch dann, wie der Filmtitel uns ja bereits informiert hat, kommt seine alte Schulfreundin Polly (Jennifer Aniston, bekannt aus Friends oder zuletzt Bruce Almighty), die sich schon früh als unfähigste Kellnerin der westlichen Hemisphäre outet, vor allem aber genau jene Frau ist, von der Reuben sich fern halten sollte - impulsiv, vergnügungs- und risikosüchtig - und völlig beziehungsuntauglich. Auch wenn Ben Stiller als Reuben keine Brille trägt, fühlt man sich an klassische Screwball-Paare erinnert - und man weiß, daß diese Frau ihm das Leben schwer machen wird.

Zur Reihe der hervorragenden Darsteller gesellen sich noch Alec Baldwin (der in den nächsten Wochen auch in The Cooler und The Cat in the Hat Kostproben seiner Wandlungsfähigkeit gibt) als Reubens kontaktfreudiger Chef und Bryan Brown (F/X, Cocktail) als australischer Lebemann, der mit seinen exzentrischen Hobbies sämtliche Rekorde von Reubens Risikostatistiken bricht.

Ein lebensfroher Film, der das perfekte Timing des Regisseurs demonstriert und trotz aller Gags mit zwar übertriebenen, aber glaubhaften Figuren für einen gelungenen Kinoabend sorgt, von dem man Momente mit sich nimmt, z. B. Reubens Penisneid, seine Unterredung mit seinem Boss auf der Herrentoilette, Pollys Weintrick, den Grund, warum Sandy dringend eine Party verlassen muß (auch interessant, wie das übersetzt werden wird), Bryan Browns blutverschmiertes Lächeln oder Reubens Missgeschick in Pollys Badezimmer - letzteres extrem nah an There’s something about Mary …

Durch das rigorose Aussparen mancher Details wird die Fantasie des Zuschauers auf infame Art eingeschaltet - und dadurch unterscheidet sich Along came Polly auf angenehme Weise vom aufdringlichen Fäkalhumor eines Austin Powers.