Anzeige: |
Auf mitunter perfide Art versucht der Film eine Art Chronolgie herzustellen, und neben einigen Journalisten sind es vor allem die Heroen des Brit Pop, die sich in Interviews dazu äußern: Damon Albarn, die Gallagher-Brüder oder Jarvis Cocker werden ein letztes Mal zum "Battle of the Bands" befragt, und die (Selbst?)Inszenierung der Musiker wirft dabei die größten Fragen auf. Während Louise Wener von Sleeper in einem Diner-ähnlichen Ambiente neben einer Ketchup-Flasche so gar nicht der Rebellion gegen alle amerikanischen Einflüsse entspricht, sitzt ausgerechnet "working class hero" Noel Gallagher in einem protzigen antiken Sessel, der den Eindruck erweckt, er sei spätestens durch seine Plattenmillionen endlich in die englische Oberschicht aufgestiegen. Teilweise gelingt es dem Film fast zu perfekt, seine Protagonisten gegeneinander auszuspielen, wobei die offensichtlichen Differenzen zwischen den Gallaghers nicht unbedingt zu deren credibility beitragen und sich die ungleichen Brüder (insbesondere Liam) mitunter zu Witzfiguren degradiert werden, was durch die Inkludierung der Oasis-Tribute-Band Wonderwall in ihrem fast schon stolzen Dilletantismus endgültig auf den Punkt gebracht wird. Durch die Konzentration auf die schon im Filmtitel vorherrschenden Oasis werden natürlich einige Bands wie Supergrass, Portishead, Radiohead usw. etwas übergangen, aber der mitunter sehr unterhaltsame Überblick über eine musikalische Epoche, die mittlerweile fast so weit weg erscheint wie der Punk wirkt definitiv ausdrucksstärker als die üblichen MTV-one hour specials. Cowboys and Angels
|
Die Geschichte eines Landeis, das im irischen Limerick durch seinen schwulen Flatmate und einige drug connections ein nicht von Sexerfahrungen, sondern von der Suche nach dem Sinn seines Lebens vorangetriebenes coming of age erlebt, ist zwar von einigen Klischees durchdrungen, setzt sich aber schon durch eine verhaltene Subtilität vom Gros ähnlicher Filme ab. Insbesondere die beiden Hauptdarsteller wirken trotz eines manchmal etwas konstruierten Skripts so unverbraucht, daß man ihnen ihre Geschichte beinahe abnimmt, wobei aber die kleinen Tupfer von Realismus wie ein fast surreal wirkender Autounfall und die Verbindung zum Tod des Vaters unseres Helden weitaus mehr Emotionen erwirken als dessen Wunsch, endlich "hip" zu sein.
Der permanente Angriff auf das Auge und Ohr des Zuschauers, wie ihn Jelly Dolly praktiziert, ist nicht jedermanns (oder -fraus) Sache. Quietschende Türen, blutende Leiber, bellende Hunde. Doch mehr noch als an die in Großaufnahme und Zeitlupe angerissenen Streichhölzer in Wild at Heart erinnert der Film an den frühen Lynch. Statt eines Kalbsfötus wie in Eraserhead taucht hier immer wieder eine Hundeleiche auf, die dann auch einmal in zufällig herumliegenden blauen Samt eingeschlagen wird. Aus Blue Velvet stammt ferner die Verbindung einer zombieartigen Fastleiche mit Radioübertragungen, der immer wieder thematisierte Widerspruch zwischen unschuldiger Natur und dunkler Sexualität, die Schere als Verstümmelungs-Werkzeug und natürlich die Kamerafahrten durch die Unterwelt (der Bauchnabel von Mutter Erde gebiert eine Leiche). Doch auch die surreale Wundästhetik eines Cronenbergs, die blutende Körperöffnungen mit unausgelebter Sexualität assoziieren, trägt zur schlichtweg etwas kranken Atmosphäre des Films bei. Sehr interessant, aber sicher nicht das, was ich von einem anregenden Kinoabend erwarte.
Die gelungenste Szene des Films ist meines Erachtens ein Abendessen von Audrey und Henry, das einerseits bereits den Mann zum Bösewicht macht, dabei aber zumindest auch in den Dialogen etwas alltäglichen Realismus bewahrt. Diesen sucht man in weiten Strecken des Films vergeblich, und daß jemand wie Audrey unter der Unterdrückung einer Beziehung dergestalt leidet wie seinerzeit Dreyers Gertrud erscheint weder zeitgemäß noch mit der ansonsten bemerkenswerten Darstellung Rachael Waltons (offensichtlich ein alter ego der Regisseurin wie bei Lynch Kyle MacLachlan) vereinbar.
Jelly Dolly läuft auch auf der Leipziger Version von Britspotting, und zwar am Mittwoch, den 26. Mai um 20 Uhr 15 im Cineding.
satt.org | Literatur | Comic | Film | Musik | Kunst | Gesellschaft | Freizeit | SUKULTUR |