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Die mitunter stolz hervorgebrachte Frauenfeindlichkeit des Films war zu Homer Zeiten ganz normal, und ein prickelnd spannender Action-Stoff wollte die Ilias auch nie sein. Wen soll es da wundern, wenn man in den ersten anderthalb Stunden dieser recht freien Verfilmung beständig sein Gähnen unterdrücken muß? Immerhin stammen die uninspirierte Kameraarbeit von Roger Pratt (The Avengers, Frankenstein) und das wirklich ohrenzerreißende Gejaule, das James Horner (Titanic, Braveheart) Musik nennt, nicht aus der Antike - und auch der ganze Film Troy ist viel stärker von Blockbustern der letzten zehn Jahre als von einem antiken Vorbild "inspiriert". Troy will alles sein: Zu allererst natürlich ein Nachfolger zu Gladiator, aber auch die antike Version des Strandgemetzels aus Saving Private Ryan; ein Lord of the Rings ohne all die Fabelwesen (den Bogenschützen Orlando Bloom mal ausgenommen), eine Liebestragödie wie Romeo & Juliet, kurzzeitig sogar mal eine Charakterstudie des in sich zerrissenen Achilles, doch dies nur zur Rechtfertigung der wahren Zielsetzungen: eine Nabelschau für die weiblichen Zuschauer, ein Action-Spektakel für die männlichen. Doch diese krude Mixtur hinterlässt schließlich nur einen fahlen Geschmack, denn keines der anvisierten Vorbilder wird auch nur annähernd erreicht - selbst Clash of the Titans habe ich besser in Erinnerung. Etwa eine Handvoll guter Szenen auf die ersten anderthalb Stunden verteilt (Brad Pitts erster Auftritt, der erster Kampf von Achilles, der erste von Paris und die zwei Duelle mit Hector), erst am Schluß dreht Troy dann ein bißchen auf, kann aber zu keiner Zeit etwas wie Spannung erzeugen. Besonders misslungen: die in Kampfszenen einmontierten Großaufnahmen der mitleidenden Frauen der beiden Brüder. Als Zuschauer wartet man irgendwann nur noch ab, daß die allgemein bekannten Eckpfeiler der Geschichte hintereinander abgehakt werden können: Helena geklaut -check!, tausend Schiffe losgesegelt -check!, hölzernes Pferd gebaut -check!, Achillesferse gefunden -check! Zum Schluß ist sogar das brennende Troja nur eine emotionslose Version eines Katastrophenfilms wie Titanic - allerdings mit Notausgang ins narrative Nichts. Doch von dem Schlachtfeld, das dieser Film schon vom Titel her ist, bleiben nur einige verkohlte Leichen und jede Menge Trümmer. Der filmische Leichenfledderer Petersen schafft es zwar nicht ganz, an Air Force One (den bisherigen Tiefpunkt seiner Karriere) anzuknüpfen - aber ich verlasse das Kino mit dem festen Entschluß, den nächsten Petersen-Film diesmal wirklich auszulassen, wie ich es bei Roland Emmerich schon länger handhabe. Troy will alles sein - und ist dann doch nichts - Aber da Millionen von Zuschauern eingeredet wird, es handle sich um ein "Kinoereignis" der Spitzenklasse, wird auch dieser Film seine Millionen wieder einspielen - und Petersens nächster Film wird vielleicht noch spektakulärer, teurer und blöder … während talentiertere Regisseure kein Geld für jene kleinen, aber feinen Filme bekommen, die immer energischer von den Kinoleinwänden vertrieben werden. Mein gutgemeinter Rat: Erspart euch Troja - und geht stattdessen in Schultze gets the Blues - oder kauft euch die Reclam-Ausgabe der Ilias. |
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