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Jean Giraud scheint es zu gefallen, wie Jan Kounen aus seinem doch sehr straight erzählten Western-Comic Blueberry eine "Session" gemacht hat, die doch eher dem Werk von Girauds alter ego Moebius entspricht. Jan Kounen behauptet jedenfalls folgendes: "[Giraud] hat mir gesagt, daß wir mit dem Film für ihn vollzogen haben, was er selbst nie gewagt hat. Die rationale und kontrollierte Welt seiner Giraud-Identität mit der affektiven und unvorhersehbaren Welt von Moebius zu verbinden." Man könnte durchaus behaupten, daß dies dem Blueberry-Film gelungen ist - dennoch werden wohl die wenigsten Fans von Giraud oder Moebius vom Resultat übermäßig begeistert sein. Blueberry und der Fluch der Dämonen, wie der blödsinnige, aber irgendwie passende deutsche Titel lautet, ist eine krude Mixtur aus Elementen von Koyaanisqatsi und Der Schatz im Silbersee, versetzt mit einem schamanistisch-psychedelischen Spezialeffekte-Rausch, der zwar von führenden Schamanen als "authentisch" autorisiert wurde, aber bei häufigen Kinogängern den schalen Eindruck hinterlässt, daß die Computergraphiken anderer Filme (etwa The Matrix oder Dreamcatchers, um beim indianischen Bezug zu bleiben) einfach übernommen wurden und die Blueberry-Elemente irgendwie drumherum drapiert wurden. Nebenbei persifliert der Film noch das Western-Genre (insbesondere mit Ernest Borgnine als Sheriff "Rolling Star" und Eddie Izzard als dem Preußen "Prosit") und die "Session", wie Regisseur Kounen seinen Film selbst nennt, könnte auch eine Sitzung bei einem Psychoanalytiker sein, denn neben dem Kampf gegen schwer zu durchschauende schamanische Gottheiten ist es vor allem ein psychologisches Problem, mit dem Vincent Cassel als Mike (ich glaube, der Name "Blueberry" fällt im ganzen Film nicht ein einziges Mal) zu kämpfen hat. Doch im Gegensatz zu jener "Unvorhersehbarkeit", die Kounen so am Werke von Moebius schätzt, ist das psychologische Trauma von Mike Blueberry dermaßen leicht auszumachen, daß die Auflösung dieses "Rätsels" nur zu einer vieler Enttäuschungen gehört, nach über zwei Stunden ist man vor allem erleichtert, daß der Film zuende ist. Interessanterweise ist Kounens Film zumindest so kohärent, daß man jede seiner Schwächen auch als Stärke interpretieren könnte. die disorientierenden wirren Kamerafahrten schon zu Beginn, die sich in Wohlgefallen auflösende Narration oder auch der psychedelische Rausch zum Ende des Films, der vielleicht an Kubricks 2001 erinnern soll, leider aber nur ein Gefühl verbreitet, als hätte man angeschimmelten Moos geraucht. Selten habe ich in letzter Zeit einen Film gesehen, der sich dermaßen in die Länge zog, eine Trip, aus dem man nur noch erwachen will. Doch, und das ist das perfide an dem Film, vielleicht wollte Kounen exakt dieses erreichen … Ob die Zuschauer, die eine Mainstream-Comic-Verfilmung mit diversen Stars in Nebenrollen erwarten, dieses jedoch zu schätzen wissen werden, ist äußerst fraglich, da ist der Voodoo-Western The Missing dann doch um Klassen unterhaltsamer, spannender und dramaturgisch überzeugender. |
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