Meines Erachtens ist ein mittelschwerer Skandal, daß Ron Howard für
A Beautiful Mind mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde. Howard ist allenfalls ein guter Handwerker, und bei Filmen wie
Backdraft, Far and Away oder
How the Grinch stole Christmas könnte man selbst dies bezweifeln. Allerdings gelingen ihm hin und wieder auch kleine Perlen, vor allem bei Komödien wie
Parenthood oder zuletzt
EdTV. The Missing hingegen scheint wieder so ein
production value-Monster, ein weiterer Beitrag zur Wiederbelebung des Westerns, noch dazu vermischt mit einem Fall von Kidnapping (Ransom lässt grüßen) und einer komplizierten Vater-Tochter-Beziehung. Gewürzt wird das Ganze mit einem Staraufgebot, daß sich sehen lassen kann: Neben Oscar-Gewinner Tommy Lee Jones und
everybody's darling Cate Blanchett sieht man in Nebenrollen Val Kilmer, Aaron Eckhardt und Clint Howard, die entführte Tochter wird von Evan Rachel Wood (zuletzt in
Thirteen) gespielt.
Doch … manchmal kann der Schein auch trügen, denn vor allem ist The Missing sehr viel spannender als erwartet - und … es handelt sich nicht nur um einen Western, sondern um einen Voodoo-Western. Denn der Bösewicht kann nicht nur mit seinem Messer und einer gemeingefährlichen Keule gut umgehen - er arbeitet auch bevorzugt mit Schlangengift auf Hahnenfüssen und bei Bedarf kann er seine Gegenspieler sogar mit einem Fluch belegen …
Doch ein paar Sätze zur Handlung. Maggie (Cate Blanchett), die mit ihren zwei Töchtern, einem inoffiziellen Schmusi (Aaron Eckhart) und einem Stallgehilfen im New Mexico des Jahres 1885 eine kleine Farm führt und nebenbei als "heilerin" tätig ist, bekommt überraschend Besuch von ihrem Vater (Tommy Lee Jones), der sich schlicht Jones nennt, und nach zwei Jahrzehnten bei den Indianern fast wie ein solcher aussieht. Maggie will nichts mit ihrem alten Herrn zu tun haben, den sie verantwortlich für den Tod ihrer Mutter und ihres Bruders erachtet. Sie schmeißt ihn raus und lehnt auch sein Wiedergutmachungs-Angebot in Form eines Bündels Geldscheine ab. Als jedoch kurz darauf ihre ältere Tochter Lilly entführt wird, die zwei farmhands grausam ermordet werden und die kleine Dot nur durch viel Glück überlebt, bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihren Vater um Hilfe zu bitten, da die Kavallerie in die entgegengesetzte Richtung reitet, und Lilly und einige andere Mädchen über die Grenze nach Mexiko gebracht werden sollen, um dort verkauft zu werden.
Gemeinsam mit der kleinen Enkeltochter machen sich Vater und Tochter auf, um die hinterhältigen Mädchenhändler rechtzeitig zu finden und Lilly zurückzukaufen oder sonstwie zu befreien. Weniger an The Searchers als an die späten John Wayne-Western um Rooster Cogburn, der sich auch immer mit widerspenstigen Frauenzimmern rumärgern musste, die in brenzlichen Situationen nicht immer geschickt handeln, sich aber schließlich dennoch beweisen können. Die Mischung aus Humor und Spannung und die guten Darstellerleistungen lassen die 137 Minuten wie im Flug vergehen, und man vergibt sogar den James Horner-Soundtrack, die andauernden Hubschrauberaufnahmen der Landschaft und die teilweise zu sehr in mystischen Hokuspokus abdriftende Nebenhandlung um Fragen des Glaubens und der Medizin. Kein reinrassiger Western wie Open Range, aber ein gelungener Beitrag zu einem fast schon für tot erklärtem Genre.