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Bei Cabin Fever finden sich zwar alle üblichen Versatzstücke (geistig Behinderte am Straßenrand, etwas verdächtig erscheinende Gesetzeshüter, Gruselgeschichten am Lagerfeuer, das einsame Floß auf dem See - und natürlich jede Menge Gras, Bier und Möglichkeiten zu Schäferstündchen), doch die Gefahr geht diesmal nicht von Monstren, Mumien, Mutationen aus. Eine Infektion mit einem fleischfressenden Virus ist es, die einem in diesem Film das Gruseln lehren soll … Schon der Vorspann kündigt eine Atmosphäre des Verfalls an: Die zunächst blütenweiße Leinwand vergilbt langsam, das Gesumm von Fliegen wird eindeutiger, die Musik zieht an - und beim Namen des Regisseurs ist die Leinwand ein verkohltes, verwestes Inferno. Da man sich bei der Prämisse des Films zu Recht fragt, wie da eine Spannungsdramaturgie aufgebaut werden soll, werden zunächst diverse Möglichkeiten einer Infektion angedeutet. Laut Presseheft gibt es in den USA jährlich 1.500 Opfer sogenannter "nekrotisierender Fasciitis" und es soll unklar sein, wie es zu einer Ansteckung kommt … Allerdings soll es auch unzählige Kinogänger gegeben haben, die das Blair Witch Project für einen Dokumentarfilm hielten … In den USA spielte Cabin Fever 22 Mio. Dollar ein - der "Realismus" der Geschichte scheint sich ausgezahlt zu haben … Ein seltsamer Einsiedler (und Wilderer) findet seinen Hund tot auf, will ihn umdrehen - und eine Ladung Blut spritzt ihm ins Gesicht - Infektionsgefahr bei offensichtlich unwichtigen Nebenfiguren: 100%. Unsere fünf jungen Erwachsenen bestehen aus einem etaiblierten Paar (Jeff und Marcy), das auch in der Waldhütte sofort das neue Bett einweiht, den Tolpatsch und Masturbationsexperten Bert, der auch die Rolle des Cholerikers innerhalb der später krisengeschüttelten Gruppe auf sich versammelt - und als offensichtliche Sympathieträger die blonde Karen und Paul, der seit früher Jugend mehr von dieser "guten Freundin" möchte. Während der Soundtrack verlauten lässt, daß die Straße nach nirgendwo führt, kauft man an einem schon etwas hinterwäldlerischen Laden noch etwas Proviant und Bier. Jeff setzt sich neben den etwas apathisch wirkenden Jungen auf der Veranda (erinnert an Deliverance) - und wird erstmal in die Hand gebissen. Da der Junge keine Infektionsanzeichen zeigt, mag das noch akzeptabel sein, da Paul sich aber seine Hand an einem Ort wäscht, wo man wieder die Fliegen surren hört, wird der Zuschauer bereits hellhörig … Doch fortan passiert noch nicht allzuviel. Der durch den Wald streunende Eremit vom Anfang trifft mittlerweile auf Bert, doch dieser hält sich den mit blutverschmiertem Gesicht um Hilfe bettelnden Kerl mit seinem Luftgewehr vom Leibe. Als der Typ jedoch später bei der Hütte auftaucht, nicht eingelassen wird und mit dem Auto abhauen will, bevor er es bei einem extrem blutigen Hustenanfall fürs erste zum Infektionsherd Nr. 1 macht, drehen die drei Jungs bereits durch, versuchen ihn mit Baseballschläger und Gewehr zu vertreiben - und zünden ihn schließlich unbeabsichtigt an - als (nicht mehr lange) lebende Fackel verschwindet er im nächtlichen Wald. Angesteckt hat sich immer noch keiner, und auch ein gefährlich aussehender Hund wird mit Waffengewalt (unsere Jungs sind erschreckend schlechte Schützen) auf Abstand gehalten, doch dann dreht Cabin Fever langsam auf - und ich verrate hier natürlich nicht, wer das erste Opfer ist oder warum es manchmal von Vorteil sein kann, wenn man wettet, daß man seinen Durst ausschließlich mit Bier stillen kann … Die Macher von Cabin Fever haben natürlich begriffen, daß man mit einer Krankheit, die nicht gleich die ganze Menschheit bedroht (vgl. The Omega Man oder das aktuelle Zombie-Revival mit 28 Days Later oder Dawn of the Dead), nur schwerlich das Kinopublikum bei Stange halten kann - und so sterben im Film relativ wenige Leute an den natürlichen Folgen der Krankheit. Eine Fackel, eine Schaufel oder ein Gewehr sind meistens zur Hand, um das Leiden abzukürzen - oft genug braucht man sich auch gar nicht anzustecken, um zu den Opfern zu gehören. Teilweise erinnert die Situation des Films auch ein wenig an Charles Burns' glorreichem Comic Black Hole, in dem eine sexuell übertragbare "Teen Plague" pubertierende Kleinstädter zu Aussätzigen macht. Auch in Cabin Fever spielt der Sex eine lebensgefährliche Rolle - positiv fällt dabei auf, daß das Verhältnis zwischen Wundästhetik und Fleischbeschau nicht wie in den meisten US-Teen-Horrorfilmen etwa 12:0 ausgeht. Spätestens, wenn Paul sich endlich ein Herz nimmt und sich an Karen heranmacht, wird für den Zuschauer offensichtlich, daß "parties and pussies" gleichbedeutend mit der eigentlichen Gefahr sind. Zu den Stärken des Films gehört dann auch der sich gegen Ende immer mehr abzeichnende schwarze Humor. Insbesondere der notgeile Deputy Winston, der immer auf der Suche nach "underage booze parties" ist - um mitzufeiern. Wenn eine (angeblich autobiographisch angehauchte) Beinrasur zum gefeierten (angedeutet sozialkritischen) Schockmoment wird, verlässt der Filme sämtliche ausgetretenen Pfade der Subgenres. Die zu Beginn eingeführten Traumvisionen der schrecklichen Zukunft verpuffen ohne narrative Bedeutung. Man weiß nicht mehr, ob der sich panisch mit Taschentuch vor dem Mund in Sicherheit bringende Egoist bessere Überlebenschancen hat als der hilfsbereite Sympath. Man erahnt aus Klassikern des Genres entlehnte Situationen (Siegel / Romero), doch auch, wenn schon durch die Anzahl der möglichen Opfer eine gewisse Dramaturgie vorgegeben sein sollte, verliert sich der Film in einem Showdown, der fast kein Ende mehr finden will. Und dadurch verlieren die aneinandergereihten twists auch viel von ihrer Wirkung. Hätte sich der Film mehr auf seinen sexuellen Subtext verlassen (wie etwa bei der wirklich greulichen Szene nach der Beinrasur) oder von vornherein mehr auf schwarzen Humor abgezielt, hätte das Ergebnis wirklich überzeugen können - So bleibt immerhin ein recht unterhaltsamer Schocker mit einigen Momenten, die nach lange nachwirken … |
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