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Juli 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Der schönste Tag in meinem Leben
Il piú bel giorno della mia vita

Italien 2002

Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)

Regie:
Cristina Comencini

Buch:

Cristina Comencini, Lucilla Schiaffino, Giulia Calenda

Kamera:
Fabio Cianchetti

Schnitt:
Cecilia Zanuso

Musik:
Franco Piersanti

Darsteller:
Virna Lisi (Irene), Margherita Buy (Sara), Sandra Ceccarelli (Rita), Luigi lo Cascio (Claudio), Marco Baliani (Carlo), Marco Quaglia (Luca), Jean-Hugues Anglade (Davide), Rick Tognazzi (Sandro Berardi), Francesco Scianna (Marco), Francesca Perini (Silvia), Maria Luisa de Crescenzo (Chiara)

102 Min.

Kinostart:
15. Juli 2004

Der schönste Tag
in meinem Leben
Il piú bel giorno della mia vita


Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)
Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)
Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)
Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)
Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)
Der schönste Tag in meinem Leben (Il piú bel giorno della mia vita) (R: Cristina Comencini)

Schon der Vorspann macht klar, daß es um Familie und Generationskonflikte geht: Man sieht eine Hausansicht, wie sie sich im Verlauf vieler Jahre verändert. Zurückgeblieben im Haus, das früher von lachenden Kindern belebt wurde, ist die Großmutter Irene, die wieder eine der immer selteneren Zusammenkünfte organisiert. Diesmal geht es um die Erstkommunion der kleinen Enkelin Chiara, die den Film teilweise als Erzählerin begleitet und vom "schönsten Tag in ihrem Leben" berichtet (und teilweise auch mit der zum Anlass geschenkten Videokamera die Bilder dazu liefert).

Doch ungeachtet des Titels und der (eher vagen) Erzählperspektive geht es im Film weniger um das Coming-of-Age (auch wenn sexuelle Initiationen eine Rolle spielen), sondern um den Kontrast zwischen der "guten alten Zeit" und der zumeist etwas düsteren Gegenwart - und das in einem fast zeitlosen Rundumschlag, denn ebenso, wie diese Themen über die offensichtlich nachträglichen Kommentare Chiaras in den Film einfließen, so dreht sich bei den älteren Familienangehörigen natürlich viel um die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart des Films.

Sara, die älteste der drei Kinder von Irene, lebt seit längerer Zeit in emotionaler Isolation und übersteigerter Sorge um ihren halbwüchsigen Sohn Marco. Ein nächtlicher Telefonanruf eines Mannes, der sich verwählt hat, bringt wieder etwas Fahrt in ihr düsteres Leben …

Claudio, der jüngste, will als Anwalt in die Fußstapfen seines verstorbenen Vaters treten, hat aber vor allem ein Problem damit, endlich auch seine Mutter ins Vertrauen zu ziehen, was seine Homosexualität angeht. Größtenteils hat der Rest der Familie damit sonst nämlich kein Problem …

Verglichen mit ihren Geschwistern scheint Ritas Leben nahezu bilderbuchmäßig: Ein Haus, eine glückliche Ehe und zwei Töchter. Doch sie begehrt ihren Mann nicht mehr und trifft sich manchmal mit ihrer Jugendliebe Davide, einem Arzt …

Vieles in Il più bel giorno della mia vita könnte als Inspiration für Valeria Bruni-Tedeschis Il est plus facile pour un chameau … hergehalten haben (u.a. auch die kleine Rolle von Jean-Hugues Anglade), doch auch wenn die typisch weibliche Sicht die Filme verbindet (mit Ausnahme des schwulen Claudio und seines Neffen Marco spielen die Männer allesamt Nebenrollen, und auch drei weibliche Drehbuchautorinnen zeigen ihre Wirkung), sind im früheren Film von Cristina Comencini die Probleme einfach "greifbarer", der Humor sitzt besser und das Figurenensemble lädt auch männliche Zuschauer mehr zur Identifikation ein.

Der Film versprüht eine energetische Lebensfreude über die Generationen hinweg, und das in Italien angesagte Trio der drei Schauspielerinnen (bekamen zusammen den Preis der italienischen Filmkritik für ihre Darstellung) kittet einen Film zusammen, der durch sein breit angelegtes Spektrum an Geschichten schnell in Gefahr laufen könnte, auseinanderzufallen. Doch anders als in Il est plus … liegt es auch an den universellen Themen des Films, an den Emotionen um Liebe, Zärtlichkeit und Begierde, daß nahezu jede Altersschicht (und beide Geschlechter) immer wieder angesprochen wird, ob nun ein fast erwachsenes Mädchen in der Disco ihre Sexualität durch einen Striptease ausleben wird, sich die Großmutter zuhause Erotikfilme anschaut oder die Haustiere dem Ruf der Natur folgen ("dieses läufige Getue ist doch ohne Würde"). Trotz aller Veränderungen und Generationskonflikte finden sich weitaus mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede darin, wie die einzelnen Figuren ihr Leben meistern, und welche Probleme sie überkommen müssen. Und wie Frau Comencini dies arrangiert und inszeniert, ist durchaus sehenswert.