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August 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Garfield
USA 2004

Garfield (R: Pete Hewitt)

Regie:
Pete Hewitt

Buch:
Joel Cohen, Alec Sokolow

Comic-Vorlage:
Jim Davis

Kamera:
Dean Cundey

Schnitt:
Peter Berger

Musik:
Christophe Beck

Darsteller:
Breckin Meyer (Jon Arbuckle), Jennifer Love Hewitt (Liz), Stephen Tobolowsky (Happy Chapman / Walter J. Chapman), Evan Arnold (Wendell), Jim Davis (Drunken Conventioner)

Stimmen:
(dt./en.)
Bill Murray / Thomas Gottschalk (Garfield), Nick Cannon / Ben (Louis), Debra Messing / Dorkas Kiefer (Arlene), Alan Cumming / ? (Persnikitty), David Eigenberg / ? (Nermal), Brad Garrett / ? (Luca)

85 Min.

Kinostart:
19. August 2004

Garfield


In Shrek 2 gibt es diese Szene, wo Shrek mit seinen Weggefährten Donkey und Puss 'n' Boots an einer Theke sitzt, und Puss 'n' Boots plötzlich sagt: "I don't like mondays". Eines der wohl bekanntesten Zitate aus dem Garfield-Comic-Strip wird von einen orange-getigerten Kater, der sich durch die Theke in einer sehr ähnlichen Raumkonstellation befindet wie der Katzenkollege, gelassen ausgesprochen, manch einer hat die Anspielung auch verstanden und gelacht.

Garfield (R: Pete Hewitt)
Garfield (R: Pete Hewitt)
Garfield (R: Pete Hewitt)
Garfield (R: Pete Hewitt)
Garfield (R: Pete Hewitt)
Garfield (R: Pete Hewitt)

Am 19. Juni 1978 erscheint erstmals ein Comic-Strip mit Garfield in 41 amerikanischen Tageszeitungen, zu einer Zeit, als Peanuts-Zeichner Charles M. Schulz nicht gerade in der kreativsten Phase seines Schaffens war, und Calvin & Hobbes und Mutts erst noch erfunden werden mussten. Garfield, ein zunächst zynischer, heimtückischer und verfressener Kater, eroberte die Herzen der Zeitungsleser im Sturm, im Gegensatz zum sehr viel gelungeneren Strip Bloom County verkaufte sich der Strip auch im Ausland sehr gut, Merchandize gab es zuhauf, und ähnlich wie bei Mickey Mouse wurde die Katze nebenbei etwas familientauglicher, während diverse Nebenfiguren wie der selten dämliche Hund Odie die Welt von Garfield bereicherten.

Ich gehörte damals auch zu jenen, die in Garfield- (oder wahlweise Schalke 04-) Bettwäsche schliefen, kaufte mir ungefähr die ersten zwanzig Sammelbände mit seinen Tagesstrips (ab Band 7 auf Englisch), und bemalte mir sogar selbst ein T-Shirt, auf dem ich stolz deklarierte: "I'm not overweight, I'm undertall".

Irgendwann wurde ich dann erwachsen, entdeckte "richtige" Comics und verlor den dicken Kater aus den Augen.

Ähnlich erging es mir auch mit Thomas Gottschalk. 1977 begann er auf dem Bayrischen Rundfunk mit seiner Sendung "Telespiele", die ab 1980 sogar ins "Erste" kam, und zunächst fand ich die spätere Supernase noch sehr unterhaltsam. Mittlerweile kann ich das gummibärenkauende, trachtentragende Haarknäul nicht mehr ertragen.

Den im Original von Bill Murray gesprochenen Garfield in der deutschen Synchronisation mit Thomas Gottschalk zu besetzen, ist ein Super-GAU. Wahrscheinlich kann Bill Murrays Stimme allein den Film auch nicht retten, aber spätestens, wenn Gottschalk zu seinen drei Gesangseinlagen anhebt, möchte man stehenden Fußes den Kinosaal verlassen, am schnellsten bei der eingedeutschten Fassung eines Traditionals, das nun mit folgendem Text sämtliche Zuschauer verwirrt:

"Schwing sanft, süße Kutsche.
Du kommst, um mich nach Hause zu fahren."

Dabei hat der Film durchaus einige gelungene Ansätze. Garfield etwa ist durchweg überzeugend animierte (auch, wenn ich gerne darauf verzichtet hätte, ihn tanzen zu sehen), seine Hundekumpel Odie ist zwar im Comic kein Dackel-Mischling, aber der "fast" reale Hund an der Seite des CGI-Katers ist durchaus sympathischer als sein Comic-Vorbild, das mich nie wirklich überzeugen konnte (insbesondere auch graphisch). Garfields Herrchen wird natürlich von einem Menschen gespielt, ebenso dessen love interest, die Tierärztin Liz (reine Staffage: Jennifer Love Hewitt aus Heartbreakers). Garfields Teddy Pooky sieht in 3-D genauso aus wie gezeichnet, die Maus Louis ist auch ähnlich klein und unscheinbar, wenn auch realer. Einzig die Nebenfiguren Arlene und Nermal wird selbst ein großer Garfield-Fan nur nach längerer Zeit im Film erkennen, die Charaktereigenschaften "klein" bzw. "weiblich" sind fast völlig abhanden gekommen.

Regisseur Pete Hewitt (womöglich verwandt mit seiner Hauptdarstellerin??) hat mit Bill & Ted’s Bogus Journey immerhin schon mal einen gelungenen Film gedreht und sein Fall für die Borger ist dem Garfield-Projekt nicht unähnlich. Geschickterweise schnappte er sich noch Dean Cundey, den wohl erfahrendsten Kameramann der Welt, wenn es um Filme mit "nicht vorhandenen" Figuren geht. Cundey, ein früher Wegbegleiter John Carpenters, drehte unter anderem Who framed Roger Rabbit? (1988), Jurassic Park (1993), The Flintstones (1994), Casper (1995), Flubber (1997), Looney Tunes: Back in Action (2003) - man könnte es auch als "jede Menge Comic-Filme" zusammenfassen.

Das größte Problem des Films ist aber die Geschichte. Schon in den halbstündigen Zeichentrickfilm-Abenteuern, die Garfield auf dem Höhepunkt seiner Karriere bestehen musste, wurde er ins Tierasyl geschickt, hier bekommt er es auch noch mit einem wenig überzeugenden Bösewicht zu tun (eindeutig unter seinen Fähigkeiten: Stephen Tobolowsky), bringt eine Hundeshow durcheinander oder fällt von einem Wolkenkratzer (ohne einen Kratzer) direkt in einen Lasagne-LKW. Der Höhepunkt der Dummdreistigkeit der Drehbuchautoren (die immerhin auch bei Toy Story mitschrieben) ist jene Szene, in der Garfield beinahe mehrere Züge zum entgleisen bringt - Zwar habe ich auch vor einigen Tagen gelesen, daß eine Katze durch ihren Angriff auf einen Co-Piloten ein Flugzeug zur Notlandung zwang, aber eine Katze, die einen Zug stoppen will (und dies sogar schafft), geht eindeutig auch über die Fähigkeiten eines fetten Katers, der schon bei vier Metern Entfernung von der haustür einen Schwächeanfall bekommt - und der eigentlich den ganzen Film über nur rutscht, fällt, stolpert oder gejagt wird. Vielleicht braucht das Familienpublikum mehr Action und weniger "filosofische" Sprüche, aber dann hätte man doch lieber einen weiteren Stuart Little-Film gedreht und nicht so getan, als habe dieser Film besonders viel mit jenem Comic-Strip meiner Teenager-Zeit zu tun.