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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen


 

Oktober 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

5 x 2: Fünf mal zwei
5 x 2: Cinq fois deux

F 2004

Filmplakat

Buch
und Regie:
François Ozon

Mitarbeit am Buch:
Emmanuèle Bernheim

Kamera:
Yorick Le Saux

Schnitt:
Monica Coleman

Darstellung:
Valeria Bruni-Tedeschi (Marion), Stéphane Freiss (Gilles), Geraldine Pailhas (Valérie), Françoise Fabian (Monique), Michael Lonsdale (Bernard), Antoine Chappay (Christophe), Marc Ruchmann (Mathieu), Jason Tavassoli (Der Amerikaner), Jean-Pol Brissard (Der Richter)

90 Min.

Kinostart:
21. Oktober 2004

5 x 2: Fünf mal zwei
5 x 2: Cinq fois deux


Ozons "persönlichster" und "intimster" Film erzählt die Geschichte einer Liebe und Ehe - allerdings mit dem Kunstgriff, mit der Scheidung zu beginnen, um dann anhand von fünf mit Bedacht gewählten Zeitpunkten in der Geschichte von Gilles und Marion langsam zum Beginn vorzustoßen, wodurch einem Film, der mit einer nüchternen Gerichtsatmosphäre und einigen verstörenden Bildern beginnt, die Möglichkeit eröffnet wird, mit dem Happy End eines Liebespaars am Strand im Sonnenuntergang "enden" zu können.

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Ozons Film wirft mehr Fragen auf, als er sie beantwortet. So sind wir es von diesem Regisseur auch gewohnt, doch dadurch, daß die Liebesgeschichte immer wieder wie ein Universalbeispiel einer "Fall"-Studie erscheint, ist es mitunter, wenn bei allen Kränkungen, Vertrauensbrüchen und sexuellen Abenteuern nicht einmal annähernd so etwas wie eine Kausalkette für das Versagen dieser Beziehung zu erkennen ist. Wer derlei sucht, ist vielleicht mit Casomai besser bedient …

Nun muss man zugeben, daß man selbst bei realen Beziehungen, deren Stranden man miterlebt hat, nur selten den "Fehler im System" ausmachen kann, doch Ozon reißt zuviele Themen an, die er dann nicht ausführt. Der schwule Schwager erscheint beispielsweise nur mehr wie eine Konzession an seine früheren Filme, die er lustlos abhakt, die Schwiegereltern hätten ihren eigenen Film verdient und gerade das Thema "Gewalt in der Ehe" wird wie eine Fußnote behandelt, die sich netterweise mal wieder in ein Hitchcock-Zitat (Janet Leigh in Psycho) verwandeln lässt.

Ich will nicht herunterspielen, daß 5 x 2 viele starke Momente hat, daß der Film beim zweiten Betrachten sicher noch gewinnt, daß man am liebsten Untertitel zu den italienischen Chansons gehabt hätte und daß gerade die letzten Einstellungen am Meer mit ihrer Allegorie auf die Liebe ("Das Meer ist gefährlich, da gibt es Strömungen" - "Sieht ruhig aus - Gehen wir schwimmen!") direkt an das Thema der Immersion aus Swimming Pool anschließen - doch irgendwie ist selbst das Außergewöhnliche nicht mehr genug, die Erwartungen an einen Film von Ozon sind so hoch, daß sie nur schwer befriedigt werden können.

Immerhin geben Valeria Bruni-Tedeschi und Stéphane Freiss Darbietungen, die schon alleine den Kinobesuch wert sind. Wie schon bei Sous le sable hat Ozon auch hier die Dreharbeiten geteilt, wodurch die Erfahrungen des ersten Drehs das weitere Buch beeinflussen konnten - und Valeria sich die Pfunde wieder heruntertrainieren konnte, die sie in der chronologisch späteren Phase der Beziehung wohl aus Kummer angesetzt hat. Eine interessante Herangehensweise an den Film ist übrigens die Frage an die Zuschauer, "auf welcher Seite" des Konflikt sie stehen. Mehrfach konnte ich bereits lesen, daß Gilles derjenige im Paar ist, der mehr "leidet" - Ich persönlich hingegen hatte nach seinen ersten / letzten Aktionen keinerlei Ambitionen, Sympathie für diesen Herren zu empfinden. Marion ist zwar auch weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber es fällt mir relativ leicht, ihr beispielsweise die Entgleisungen während der Hochzeitsnacht zu verzeihen, während Gilles ja bereits in den Anfängen der Beziehung derjenige ist, der für ein kleines Abenteuer einfach mal seine Urlaubsbegleitung "vergisst". Eine repräsentative Umfrage, bei der insbesondere das Geschlecht der Befragten wichtig sein dürfte, würde mich fast mehr interessieren als der eigentliche Film, dessen größtes Potential vor dem Film liegt. Aber, wie sagte schon Sepp Herberger sinngemäß? Nach dem Film ist vor dem Film.