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Casomai heißt übersetzt etwa "Was wäre, wenn …?", und wir erleben im Film die ungewöhnliche Trauung von Tommaso und Stefania durch den Pfarrer Don Livio, der lieber mal nachfragt, statt nur irgendwelchen Traditionen und Statuten zu folgen. An jener Stelle der Trauung, wo sich das zukünftige Ehepaar eigentlich ewige Treue schwört, weicht Don Livio vom traditionellen Ehegelöbnis ab und fragt die Gemeinde, ob man denn überhaupt wissen könne, wie man in zehn oder zwanzig Jahren füreinander empfinden würde. Und damit nimmt uns der Film auf eine Reise in eine mögliche Zukunft des Paares, dem immer wieder von gutmeinenden Freunden in die Lebensführung hineingequatscht wird, bis dann jene drei Alarmglocken einer gefährdeten Beziehung (man geht nicht mehr aus, man hat keinen Sex mehr, man schaut lieber Fernsehen) nacheinander ertönen, und durch die allmähliche Fragmentierung der Geschichte (auch und gerade in der Inszenierung) aus der anfangs erfrischenden Komödie eine bissige Gesellschaftssatire wird. Ich würde Casomai als italienische Alternative zu Jeux d’enfants einordnen, doch die Geschmäcker sind verschieden, und mein Kritikerkollege Benjamin Happel und ich können uns im Zusammenhang mit diesen beiden Filmen nicht ganz einigen, wo "romantisch" aufhört und wo "zynisch" beginnt. Was aber auch irgendwie ein Qualitätsmerkmal für beide Filme ist. Zu Beginn ist Casomai vielleicht eine Spur zu nett, aber die inszenatorischen Ideen im "Möglichkeits"-Teil lassen diese Startschwierigkeiten schnell vergessen. Daß man bei den immer wieder in Parallelmontagen eingestreuten "Ratschlägen" der Freunde nur schwer den Überblick über die Beziehungen der Hochzeitsgäste zum Paar bekommt, ist meines Erachtens keine Schwäche des Films, sondern eine logische Fortführung der Zustände bei jenen Trauungen, bei denen ich bisher zugegen war - wer weiß da schon immer, wer Bruder, Schwager oder Exfreund ist? Pfarrer Don Livio, der von einigen übereifrigen Kritikern gleich zum "modernen Don Camillo" hochstilisiert wird, gibt dem Film trotz der durch Herstellungsland und Spielort unvermeidbaren Religiösität im "Kern" einen sympathischen Anstrich, mir erscheint er eher wie ein Märchenonkel und Marionettenspieler, der seinen Kindchen eine Einführung in die "Szenen einer Ehe" gönnt - so wünscht man sich seinen Pfarrer! Definitiv zu den Pluspunkten des Films zählt sein sympathisches Darstellerpaar, das man im Verlauf des Films durch alle Höhen und Tiefen einer Beziehung begleitet, ähnlich, wie ich es mir auch im nächsten Ozon-Streifen 5 x 2 vorstelle - nach Before Sunset und Eternal Sunshine of the Spotless Mind ein weiteres Beispiel für die derzeitige Konjunktur von Filmen, die sich ganz auf Paare konzentrieren, wobei der erste Kuss im postmodernen Film keineswegs am Ende des Films stehen muss. |
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