Anzeige: |
Nach vielen kleinen Rollen in den 1990ern hat sich Julianne Moore mit Filmen wie Gus van Sants Psycho, Robert Altmans Cookie's Fortune, Joel Coens The Big Lebowski oder zwei Filmen von Paul Thomas Anderson (Boogie Nights, Magnolia) langsam, aber beständig in die Riege der Hollywoodstars hochgespielt und im letzten Jahr mit der gleichzeitigen Oscar-Nominierung für ihre Rollen in The Hours und Far From Heaven wohl den bisherigen Höhepunkt ihrer Karriere erreicht. Man könnte mich durchaus zu ihren Fans zählen, und auch, wenn ich Hannibal zu ihren wenigen Karriere-Fehltritten zählen würde, ist sie mittlerweile etwa so gut (wenn auch noch nicht so bekannt) wie Jodie Foster zu ihren besten Zeiten. Nun kann man also auch Filme produzieren, die sich fast ganz auf die Zugkräftigkeit von Julianne Moore verlassen, und mit Joseph Ruben hat man einen Regisseur verpflichtet, der mit Sleeping with the Enemy / Der Feind in meinem Bett (1991) auch mal Julia Roberts beim Aufbau der Karriere behilflich war, auch wenn Ruben ansonsten außer mit dem Psycho-Thriller The Stepfather (1987) kaum aufgefallen ist. Als uneingeweihter Zuschauer von The Forgotten (also als jemand, der den Trailer nicht vorher gesehen hat oder in einer Kritik eine komplette Inhaltsangabe aufgedrängt bekommen hat) bewegt man sich auf einem unsicheren Terrain. Das Plakat erweckt irgendwie den Eindruck, daß es sich bei dem Film um einen Psycho-, wenn nicht gar Horror-Thriller handeln könnte, doch offensichtlich ist die psycholgisch feinfühlige Darstellung von Julianne Moore zunächst einmal das Zentrum des Films. Nach und nach erfährt man, daß die Ehe von Telly und Jim (Anthony Edwards aus E.R.) daran zu zerbrechen scheint, daß der gemeinsame Sohn Sam vor 14 Monaten im Alter von 9 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Doch gerade, wenn man sich mit der Trauer unserer Hauptdarstellerin bekannt gemacht hat, erfährt man, daß Sam ein Hirngespinst Tellys ist, das ihr Ehemann ebenso wie der betreuende Psychologe Dr. Munce (Gary Sinise) der geistig verwirrten Frau behutsam "abgewöhnen" wollen. Und dies scheinbar mit Erfolg, denn Telly bildet sich plötzlich nicht mehr ein, daß ein leeres Videoband Aufnahmen ihres Sohnes zeigt, daß auf einem Bild des Ehepaars auch der Sohn abgebildet ist usw. Spätestens, wenn Telly bei pädagogisch wertvollen Recherchen herausfindet, daß es den ganzen Flugzeugabsturz nie gegeben hat, scheint die Besserung unaufhaltsam, doch dann ist der Zuschauer längst auf der Seite von Telly und "glaubt" an ihren Sohn ebenso wie an eine nahezu weltumspannende Verschwörung, die Sam hat verschwinden lassen. Als Zuschauer rätselt man, ob man sich in einer modernen Version von Invasion of the Body Snatchers befindet oder eher in Enemy of the State - oder man sich vielleicht ebenso wie Telly nur Dinge einbildet … Medium Spoiler Alert
In manchen Kritiken wird The Forgotten als wenig überzeugende Folge der X-Files verschrien, ich würde insbesondere die zweite Hälfte des Films eher als "Matrix für Schwangere" umreissen, bei der "National Security Agency" arbeitet sogar jemand, der mich sehr an "Agent Smith" erinnert. Allerdings darf man bei diesem Vergleich nicht vergessen, daß The Forgotten um einiges interessanter ist als die letzten zwei Matrix-Filme. Vieles an The Forgotten erinnert auch an die Arbeiten von M. Night Shyamalan, sowohl im positiven wie im negativen Sinn. Die im Film ausgesprochene Warnung "The god damn truth won't fit into your brain" kann sich aber ähnlich wie bei Vanilla Sky nicht bis zum Schluß halten, denn nachdem die verzögerte Aufklärung noch gut umgesetzt ist (insbesondere die Rebellion eines "Versuchskaninchens"), überzeugt das aufgesetzte Happy End nicht wirklich, ist aber wohl notwendig, um es sich nicht mit seinem Zielpublikum (den Schwangeren) zu verscherzen. |
|