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Dezember 2004
Thomas Vorwerk
für satt.org

Nussknacker und Mausekönig
The Nutcracker and the Mouseking

D 2004

Filmplakat

Regie:
Michael Johnson, Tatjana Ilyina

Buch:
Andy Hurst, Ross Helford

Lit. Vorlage:
E. T. A. Hoffmann

Schnitt:
Martin A. Kuhnert

Musik:
Peter Wolf

mit den Stimmen von Florence Joy Büttner (Klara), Volker Brandt (Drosselmeier), Wolfgang Völz (Mausekönig), Rufus Beck (Squeak), Hannes Jaenicke (Bubble), Moritz Günther (Nussknacker / Prinz), Johannes Bachmann (Nicholas), Doris Gallart (Tante Milda), Michael Johnson (Diener)

82 Min.

Kinostart:
2. Dezember 2004

Nussknacker und Mausekönig
The Nutcracker and the Mouseking


Nachdem der Kinostart des schlechtesten Films, den ich 2004 gesehen habe (Creep) bis auf weiteres auf das Frühjahr 2005 verschoben wurde, kam nun kurz vor Jahresende noch ein Film, gegen den Creep wie vollendete Filmkust erscheint.

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Immer, wenn der aktuelle Disney-Film zu Weihnachten auf den Kinoleinwänden oder auch in den DVD-Regalen erscheint, tauchen plötzlich Videocassetten auf, die die Popularität der heftig umworbenen Filme für sich ausbeuten wollen und mit haarscharf an Plagiatklagen vorbeischrammelnden Titeln weniger aufgeweckte Großmütter dazu animieren, für die lieben Kleinen diesen Zeichentrickfilm mit dem Glöckner von Notre Dame etc. zu kaufen. Ich habe nie einen dieser Filme erstanden oder auch nur gesehen, denke aber, daß Nussknacker und Mausekönig in etwa der minderwertigen Qualität dieser Produkte entsprechen wird.

Es beginnt noch vielversprechend mit einer computergenerierten Animation einer von einem mechanischen Vogel gezogenen Kutsche, die sich durch den Schnee schleppt. Doch mit jeder der 82 Minuten wird der Film schlechter und schlechter, selten war es mir eine solche physische Pein, bis zum sich ewig hinziehenden Schluß im Kinosessel zu verharren.

Die Geschichte vom Nussknacker hat in Grundzügen noch etwas von der Märchenvorlage von E. T. A. Hoffmann, gegen Ende des Films wird sogar das Tschaikowsky-Ballett musikalisch bemüht, doch wie krude die Figuren animiert wurden, wie hanebüchen die Dramaturgie erscheint - oft schüttelt man nur den Kopf über die Scherze, die selbst den Intellekt eines Achtjährigen beleidigen würden. Immer wieder treten sich irgendwelche Mäuse gegenseitig auf den Schwanz, über einen wildgewordenen Schatten soll Grusel in den Film gebracht werden, und die Moral von der Phantasie als Macht, die alles erreichen kann, funktioniert schon deshalb nicht, weil für die Filmemacher Phantasie offensichtlich ein Fremdwort ist. Lieblose Dialoge, für die tatsächlich prominente deutsche Synchronsprecher ihren guten Namen hergeben (in der englischen Originalfassung kann man immerhin auch Leslie Nielsen und Eric Idle hören), doch selbst wenig überzeugende deutsche Animationsfilme wie Die furchtlosen Vier oder Till Eulenspiegel erscheinen im Vergleich zu diesem unerträglichen Machwerk durchdacht und mit Liebe zum Detail realisiert. Als Zuschauer von Nussknacker und Mausekönig fragt man sich nach etwa der Hälfte des Films, wann denn endlich Schluß sei. Dann gibt es einen Showdown, der kein Ende zu finden droht, und später folgen noch zwei weitere Showdowns, jeder unglaubwürdiger und bekloppter als der andere. Magische Mäuse-Armeen werden mit Lebensmitteln beschossen und verwandeln sich in kürzester Zeit in "Rollmäuse" (Dialogzitat: "Kannst Du sie nicht plattmachen, musst Du sie satt machen."), eine Geschichte, die am Heiligen Abend spielen soll, ist selbst in der gefühlten Zeit des Betrachters eher 182 als 82 Minuten lang, und scheint sich in der Filmzeit eher über mehrere Tage hinwegzuschleppen.

Eigentlich ist jedes Wort dieser Rezension Verschwendung und ich hätte es in wenigen Buchstaben zusammenfassen sollen, etwa mit einem Anagramm des Monatskürzels "OKT".