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März 2005 | Kathi Hetzinger und Thomas Vorwerk für satt.org | ||
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WillenbrockEin Mann läuft im nächtlichen Schneetreiben zum höchsten Punkt einer Brücke. Ein Remake von Frank Capras It’s a wonderful Life mit Axel Prahl in der Hauptrolle? Wohl kaum, doch die Hauptfigur in Willenbrock führt zu Beginn des Films jenes "wunderbare Leben“, von dem man James Stewart erst 90 Minuten überzeugen musste. Bernd Willenbrock (Axel Prahl) ist ein vermögender Magdeburger Gebrauchtwagenhändler, der nicht nur eine gutaussehende Frau und zwei Häuser hat, sondern auch noch eine Geliebte, die er immer wieder um den Finger wickeln kann. Und weil Willenbrock sich nicht mit wenig abgibt, macht er auch noch der jungen Studentin Anna den Hof. Ein Erfolgsmensch, den so schnell nichts aus dem Konzept bringen kann. Und Regisseur Andreas Dresen nimmt sich Zeit, um die Stabilität zu etablieren, die er später ins Wanken bringt. Die erste Hälfte des Films lebt von der in dieser Rolle etwas ungewöhnlichen Ausstrahlung des Hauptdarstellers und dem für Dresen typischen Humor. Axel Prahl ist als Womanizer ähnlich faszinierend wie Jude Law in Alfie, doch auch sein Charakter hat Untiefen, die das prägnante Drehbuch in wenigen Worten auf den Punkt bringt. "Schönes Tier. Der Hund.“ ist etwa sein Kommentar, als die Tochter (Anne Ratte-Polle) eines etwas betagten potentiellen Nachtwächters (Tilo Prückner) erstmals auftaucht – mit ihrem Hund, wohlgemerkt. Und "nur“ aufgrund des Hundes bekommt Fritz dann auch den Job. Vielleicht hätte Willenbrock doch den anderen, jüngeren Bewerber einstellen sollen, denn schon bald wird sein Geschäft nachts überfallen; Fritz wird bewusstlos, der Hund tot aufgefunden. Die Fassade der Sicherheit beginnt zu bröckeln. Aber erst als die Willenbrocks einige Zeit später in ihrem Landhaus zwei Einbrecher nachts auf frischer Tat ertappen, beginnt Willenbrock sich wirklich beobachtet und verfolgt zu fühlen. Vor den überraschend gewalttätigen Einbrechern können sich die Eheleute gerade noch ins Badezimmer retten, und wenn die Tür gewaltsam aufgebrochen wird, findet man sich als Zuschauer plötzlich in Kubricks The Shining wieder, was insbesondere ohne Kenntnis der aktuellen Plakataktionen zum Film völlig überraschend die Tonart des Films umwirft. Willenbrock versucht zwar, sein Leben wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch es entgleitet ihm immer mehr. Er muss feststellen, dass den Tätern in unserem Rechtssystem nur schwer beizukommen ist, und da die Gegenüberstellung keineswegs hinter two-way-mirrors vonstatten ging, wird das Gefühl der Bedrohung verstärkt, anstatt beruhigt. Seine Frau Susanne (Inka Friedrich), der der Überfall noch mehr zu schaffen macht als ihm, gewinnt dadurch jedoch auch die Stärke, etwas in ihrem Leben verändern zu wollen. Und der Weg führt notwendigerweise erstmal weg von Bernd. Interessanterweise entdeckte Dresen die Romanvorlage von Christopher Hein für sich, als er sie im Urlaub mit seiner Ex-Freundin las, und die beiden nachts in ihrem Hotelzimmer aufwachten und einen Mann vor sich stehen sahen. Dresen verfolgte ihn nackt durchs Hotel, jedoch ohne Erfolg. Eine merkwürdige, aber inspirierende Koinzidenz der Ereignisse. Dresen war klar, dass diese Geschichte in einem anderen Stil gehalten sein müsste als sein letzter Spielfilm Halbe Treppe, mit dem er, wie er selbst sagt, an eine formale Grenze gestoßen ist. Die Richtung, die Dresen mit Willenbrock einschlägt (Romanverfilmung in Cinemascope, fast ohne Handkamera) ist jedoch nicht nur der Geschichte angemessen, sondern eröffnet ihm auch neue, bisher verwehrte Ausdrucksmöglichkeiten. Er nutzt diese unter anderem, um dem Tod und der Angst vor ihm auf einer direkten, wie auch symbolischen Ebene eine wichtige Rolle in Willenbrock einzuräumen. Axel Prahl rezitiert Goethe-Gedichte ("über allen Wipfeln ist Ruh“) und auch der verschrobene Maler Waldersee bevorzugt als Motiv den Tod. Willenbrock fragt den Maler: "Wieso malen sie nicht das Leben? Das Leben ist doch schön.“ – Schnitt auf die Magdeburger Vorortsiedlung, ein ostdeutsches Potterville. |
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