Anzeige:
Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




Juni 2005
Thomas Vorwerk
für satt.org

Per Anhalter durch die Galaxis
GB 2005

Per Anhalter durch die Galaxis (R: Garth Jennings)

Per Anhalter durch die Galaxis
The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy

Regie: Garth Jennings; Buch: Karey Kirkpatrick, Douglas Adams; Lit. Vorlage: Douglas Adams; Kamera: Igor Jadue-Lillo; Schnitt: Niven Howie; Musik: Joby Talbot; Production Design: Joel Collins; Darsteller: Martin Freeman (Arthur Dent), Mos Def (Ford Prefect), Sam Rockwell (Zaphod Beeblebrox), Zooey Deschanel (Trish McMillan / Trillian), Stephen Fry (Erzählerstimme), Warwick Davis (Marvin), Alan Rickman (Stimme von Marvin), John Malkovich (Humma Kavula), Bill Nighy (Slartibartfast), Anna Chancellor (Questular), Thomas Lennon (Stimme des Schiffcomputers), Helen Mirren (Stimme von Deep Thought), 116 Min., Kinostart: 9. Juni 2005

Seit 1998 laufen die Vorbereitungen für diese erste Kinoverfilmung der ursprünglich als Radiohörspiel konzipierten SF-Parodie The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy, die dann überarbeitet als Roman mit vier Fortsetzungswerken zum Bestseller und Kulturphänomen wurde. Autor Douglas Adams lieferte noch kurz vor seinem Tod den zweiten Drehbuchentwurf, auf dem der Film jetzt letztendlich auch basiert.

Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene
Filmszene

Das vielleicht wichtigste am Hitchhiker’s Guide ist, daß man als Hörer, Leser oder jetzt auch wieder Zuschauer nie weiß, was einen als nächstes erwartet. Und so beginnt der Film auch - mit einer metaphysischen Musicalnummer, bei der Delphine ihr "So long, and thanks for all the fish" anstimmen (Titel des vierten Bandes der "fünfteiligen Trilogie"), bevor sie sich von der Erde verabschieden. Keineswegs sang- und klanglos, aber dennoch von der menschlichen Zivilisation unbeachtet wie andere ansässige Erdbewohner, deren überlegene Intelligenz den hier nicht besonders gut wegkommenden Menschen nicht aufgefallen ist.

Ein allenfalls durchschnittlicher Vertreter der Spezies Mensch ist auch Arthur Dent (Martin Freeman, bisher noch am ehesten als Porno-Stand-In in Love, actually aufgefallen), der unsanft geweckt wird, weil eine Baggerschar sein haus abreißen will, daß für eine Umgehungsstrasse weichen soll. Die bürokratischen Ausflüchte des mitverantwortlichen Stadtplaners wird man später wiedererkennen, wenn auch die gesamte Erde einem intergalaktischen Freeway zum Opfer fällt, und Arthur aus schierem Zufall überlebt, weil sein Kumpel Ford Prefect eigentlich ein Außerirdischer ist.

Die nachfolgenden Abenteuer der beiden, gemeinsam mit dem größenwahnsinnigen Kriminellen und Planetenpräsidenten Zaphod Beeblebrox (Sam Rockwell), sowie dessen ebenfalls auf der Erde aufgelesenen Freundin Trillian und dem trotz geringer Menschenähnlichkeit auch als "paranoid android" bekannten zur Depression neigenden Roboter Marvin, folgen nur ansatzweise einer typischen Spannungsdramaturgie mit einem immer nachzuvollziehenden Handlungsfaden, sondern funktionieren eher wie eine etwas längere Monty Python-Folge im All, enden manchmal also auch in einem eher wirren Wollknäul. Im Gegensatz zu den Romanen (bei denen ich etwa nach anderthalb Bänden ob der andauernden "Überraschungen" etwas gelangweilt abschaltete), hat der Film genau jene Länge und jene Konzentration auf die gelungeneren Passagen, um als abendfüllende Unterhaltung bestens zu funktionieren.

Besonders positiv ist hierbei anzumerken, daß man sich trotz hohem Budget und einigen Superstars wie John Malkovich eben jenen Trash-Charakter erhalten hat, der schon die Fernsehserie auszeichnete. So überschatten hier nicht die üblichen CGI-Effekte alle wahnwitzigen Ideen, sondern man hat beispielsweise die zutiefst bürokratischen und als Lyriker gemeingefährlichen Vogonen von Jim Henson’s Creature Shop kreieren lassen, jener Puppenwerkstatt, der wir die Sesamstrasse, die Muppet Show und den frühen Yoda verdanken, also drei Beispiele für den unkaputtbaren nostalgischen Charme der späten Siebziger und frühen Achtziger, die zumindest ich als "Second Generation-Baby Boomer" durchlebte. Und ein übergroßes Vogonenraumschiff wird weder mit den inzwischen langweiligen Kameraschwenks dargestellt wie die Explosion der Erde den üblichen Klischees entspricht. Werbefilmer Garth Jennings, der den Produzenten von Spike Jonze (Being John Malkovich) empfohlen wurde, hält das Interesse des Zuschauers auch durch immer wieder andere Umsetzungen der visuell überbordenden Geschichte wach und schreckt dabei auch nicht vor Aliens zurück, die wie telepathisch begabte heimtückische Fliegenklatschen daherpeitschen.

Doch man sollte auch die Stärken des Drehbuchs nicht aus den Augen verlieren, die bei der Umsetzung eines weltweit kultisch verehrten frühen Multimediawerks nicht die Ursprünge aus den Augen verloren. Passend für ein Werk, das ursprünglich ein Hörspiel war, hat man zwei wichtige Erzählerstimmen nicht etwa entfernt, sondern geschickt eingearbeitet. So finden sich die Tips des Hitchhiker’s Guide, die in den Romanen immer wieder die Handlung unterbrechen, als liebevoll animierte Piktogramme auf einem mittlerweile nicht mehr besonders futuristisch wirkenden E-Book wieder, und als Stimme der auktorialen Erzählinstanz wurde niemand geringerer als Stephen Fry verpflichtet, der spätestens seit seinen Hörbuch-Interpretationen der Harry Potter-Serie zu den bekanntesten englischen Stimmen überhaupt gehören dürfte. Auch bei den anderen Stimmen hat man sich mindestens soviel Mühe wie beim Schauspielercasting gegeben und Alan Rickman oder Helen Mirren verleihen selbst schwer umsetzbaren Konzepten wie dem Supercomputer "Deep Thought" eine Art Innenleben.

The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy kann mit Recht von sich behaupten, die zweitbeste SF-Parodie zu sein, bei der Sam Rockwell (mit einem zweiten Kopf, der wie aus einem Pez-Dispenser hervorschnellt) und Alan Rickman ("By Graphtar’s hammer - you shall be avenged!") mitwirken. Selbst umstrittene Elemente wie die eher konventionelle Love Story um Trillian werden dadurch gerettet, daß diese doch recht patente Frau nicht nur auf ein Faible für sofort-röstende Mini-Lichtschwert-Toastmesser reduziert wird, sondern etwa bei der Konfrontation mit einer experimentellen Schußwaffe, die dem jeweiligen Ziel den Sichtpunkt des Schützen aufdrängt, unspektakulär einwendet: "It won’t effect me. I’m already a woman." Soviel weibliches Selbstvertrauen vermisst man bei Ex-Königin Padmé in Star Wars: Episode III schmerzlich, aber Douglas Adams hatte auch mehr Humor im kleinen Finger als George Lucas in der Komplettimagination seines Universums. Kein Wunder, daß sich der Hitchhiker’s Guide als wahren SF-Höhepunkt dieses Sommers erwiesen hat. Und ich bin mir jetzt bereits sicher, daß auch eine wieder mal patriotische Beweihräucherung von Familienidealen, die Ende Juni in die Kinos kommt, daran nichts ändern kann.

Durch eine Buena Vista-Trailer-Rolle vor der Pressevorführung kam man sogar in den seltenen Genuß, bereits vor einem Film eine Parodie daruf sehen zu können. Der Trailer von Chicken Little baut so stark auf dem "Don’t Panic" auf, daß viele Zuschauer dachten, der Film sei schon angefangen. Bis dann das Federvieh doch in Panik gerät und mit voller Wucht gegen die Kamera rennt. Aber da der Hitchhiker’s Guide es geradezu zur Definition erkoren hat, über sich selbst lachen zu können, macht er es auch seinen Zuschauern leicht.