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Sofie Lichtenstein: Bügeln. Protokolle über geschlechtliche Handlungen




September 2005
 

Cinemania 21:
Kinostart September 2005

Der Kino-September bringt dem Leinwand-Junkie russische Vampire und amerikanische Zombies, einen depressiven Vater und eine männliche Jungfrau, Stipe Erceg, Jessica Biel, John Cusack und den kleinen Eisbär. Naja, immerhin …



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Cinemania 21:
September 2005

[Alle Rezensionen außer Frau mit Hund … von Thomas Vorwerk]

Land of the Dead
(George A. Romero)

USA 2005, Alternativer US-Titel: George A. Romero’s Land of the Dead, Buch: George A. Romero, Kamera: Miroslaw Baszak, Schnitt: Michael Doherty, Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek, mit Simon Baker (Riley), Robert Joy (Charlie), John Leguizamo (Cholo), Asia Argento (Slack), Dennis Hopper (Kaufman), Eugene Clark (Big Daddy), Jennifer Baxter (Nummer 9), Tony Nappo (Foxy), Tom Savini (Machete Zombie), 93 Min., Kinostart: 1. September 2005

Wenn Zombies erstmal eine gewisse Anzahl erreicht haben, sind sie so leicht zu stoppen wie eine Lawine, und angesichts eines momentanen Zombie-Revivals mit so unterschiedlichen Filmen wie 28 Days Later, Resident Evil, Die Nacht der lebenden Loser, Dawn of the Dead und Shaun of the Dead ist es auch dem Erfinder des modernen Zombiefilms nach zwanzig Jahren Zombie-Entzug gestattet worden, seiner aus Night of, Dawn of und Day of the (Living) Dead bestehenden Trilogie einen vierten Teil hinzuzufügen.
Verglichen mit Filmen wie Texas Chainsaw Massacre war schon bei Night of the Living Dead die sozialkritische Note unübersehbar, und nach Vietnam, Nixon und Reagan wird diesmal das Amerika unter Bush „seziert“. Dem menschlich unmenschlichen Oberbösewicht Kaufman (Dennis Hopper) legt Romero dabei Sätze in den Mund wie „We don’t negotiate with terrorists“ oder „It was my ingenuity to take an old world and make it into something new“, wobei die Perversität dieser Welt weniger an den fleischfressenden lebenden Toten zu bemessen ist als an den Lebensbedingungen der wenigen überlebenden Menschen. Die Reicheren leben in einem Luxus-Wolkenkratzer namens Fiddler’s Green, und scheinen auch nur an Konsum und Luxus interessiert wie die zombieähnlichen Mallbesucher in Dawn of the Dead oder The Stepford Wives. Diejenigen, die sich die horrenden Mieten im Fiddler’s Green nicht leisten können, leben entweder als Unterschicht, die von Romero schon etwas stärker individualisiert gezeichnet wird oder verdingen sich als Söldner, die ähnlich wie in Richard Mathesons I am Legend oder der Verfilmung The Omega Man die neue vorherrschende Weltbevölkerung überfällt und bestiehlt, denn eine Zivilisation, die nur auf kapitalistischen Grundwerten aufgebaut ist, kann ihr Geld dennoch nicht essen, und so werden in den umliegenden Zombie-Kleinstädten die Supermärkte und Tankstellen geplündert, wobei die nicht besonders helle Zombiebevölkerung per Feuerwerk ruhiggestellt wird und auch noch aufgezogen wird. In Romeros Pittsburgh kann man sich auch mit einem (angeketteten) Zombie fotografieren lassen und unerwünschte Menschen finden sich mitunter auch in einem Showkampf mit Zombies wieder - Der Ausnahmezustand wird mal wieder dazu benutzt, die Menschenrechte schlichtweg zu vergessen.
Doch schon früh macht der Film klar, daß diesmal die Zombies die wirklichen Sympathieträger sind. Eine ehemaliger Tankwart, auf dessen Overall noch der Aufnäher „Big Daddy“ prangt, ist diesmal etwa der typische schwarze Held des Romero-Universums, und im Verlauf des Films bringt er seinen Zombiefreunden nicht nur bei, wie man sich von dem faszinierenden Anblick des Feuerwerks losreißt, in einer Art Hommage an Kubrick entdeckt man auch das Werkzeug wieder, von dem Beil und der Machete über dem Gewehr bis hin zum Presslufthammer. Und während die unterdrückten Menschen es nicht wagen, sich gegen ihre superreichen Führungskräfte aufzulehnen, rebellieren nun die Zombies, die genug von den imperialistischen Überfällen haben und ziehen in Richtung des weithin sichtbaren Wolkenkratzers, dessen Sicherheitsvorkehrungen sich entweder als sinnlos erweisen werden (warum soll ein Fluss halbverweste Tote abhalten, deren Atmungsorgane längst nicht mehr in Gebrauch sind) oder sich schließlich gegen ihre Erbauer wenden.
Romeros Land of the Dead ist erbarmungslos in seiner Hoffnungslosigkeit (ungeachtet der zwei drei Momente am Schluss) und sicher nicht für ein großes Publikum geeignet. Zuviele politische Botschaften, zuwenige Scherze und Spannungsmomente. Doch für einen Kinobesucher, der weiß, worauf er sich einlässt, bietet der Film viele nette Momente, von einer entzückenden Zombielady mit einem besonders breiten Grinsen über einen Nearly Headless Nick der besonderen Art bis hin zu einer Piercingentfernung. Zu jedem Zeitpunkt ist klar, auf welcher Seite Romero steht, und für diese Kompromißlosigkeit (abgesehen von der obligatorischen love story unter - igitt! - Menschen) muß man ihn einfach gernhaben.

Jungfrau (40), männlich, sucht …
(Judd Apatow)

Originaltitel: The 40 Year Old Virgin, USA 2005, Buch: Judd Apatow, Steve Carell, Kamera: Jack N. Green, Schnitt: Brent White, Musik: Lyle Workman, mit Steve Carell (Andy Stitzer), Catherine Keener (Trish), Paul Rudd (David), Romany Malco (Jay), Seth Rogen (Cal), Elizabeth Banks (Beth), Leslie Mann (Nicky), Jane Lynch (Paula), Gerry Bednob (Mooj), Shelley Malil (Haziz), Kat Dennings (Marla), Jordan Masterson (Mark), Chelsea Smith (Julia), Jonah Hill (eBay Customer), Erica Vittina Phillips (Jill), Marika Dominczyk (Bernadette), Mindy Kaling (Amy), Mo Collins (Gina), Jazzmun (Prostitute), Miki Mia (Waxing Lady), Michael Bierman (16 Year-Old Andy), Gillian Vigman, Kimberly Page, Siena Goines (Women at Speed Dating), 116 Min., Kinostart: 29. September 2005

„I hope you have a big trunk …
because I'm puttin' my bike in it.“


Steve Carell, ein hierzulande kaum bekannter Komiker (Bruce Almighty), war wohl der Meinung, daß sich das Genre der Sexkomödien um das „erste Mal“ nicht auf Teenager als Protagonisten beschränken muß, und schrieb zusammen mit dem Regisseur des späteren Films das Drehbuch, das ihn als 40-jährige männliche „Jungfrau“ zu einem Zeitpunkt, an dem er als Andy Stitzer das Thema Sex eigentlich schon zu den Akten gelegt hat, erneut mit den Irrungen und Wirrungen der Spätpubertät konfrontiert. Andy führt ein unauffälliges Leben als Lagerverwalter eines Unterhaltungselektronik-Geschäfts, bis er mal mit einigen Kollegen zusammen Pokern geht und sich das Gespräch recht schnell auf sexuelle Abenteuer einpendelt. Andy gibt sich zwar Mühe, seine fehlende Erfahrung zu kaschieren, doch …

Jay: „Nastiest shit you've ever done? I'm talkin' about nasty!“
Andy: „Ahhhhhhhh ….wow. Soooo many stories are running through my head right now … I dated this girl for a while … she was really a … nasty freak. She just loved to … get down with … sex all the time. It was like … anytime of day … she was like, »Yeah, let's go! I'm so nasty!« And I'd be nailing her and she'd be like, »Oh, you're nailing me! cool!«“

Jay, David und Cal machen es sich nach diesem denkwürdigen Abend zur Aufgabe, Andy endlich zu verkuppeln (Jay: „From now on, your dick is my dick. I'm gonna get you laid.“), und wie zu erwarten führt dies zu einigen peinlichen Szenen. Andys Vorgesetzte Paula ist plötzlich bereit, sich zu „opfern“, und generell ist es für den Zuschauer kaum nachvollziehbar, warum Andy, der teilweise von den Frauen geradezu verfolgt wird, trotz einiger traumatischer Vorfälle in der Jugendzeit jeden Morgen mit einer Riesenlatte aufwacht und die natürlichste Heilmethode dagegen noch nicht ausprobiert hat. Dabei belibt The Forty Year Old Virgin auch wegen der weiblichen Hauptdarstellerin Catherine Keener trotz einiger derber Scherze vor allem eine Romantic Comedy, bei der allerdings, und da verrate ich wohl nicht zuviel, nicht ein Kuss die gelungene Vereinigung besiegelt …
Einer der unbestrittenen Höhepunkte des Films ist neben dem Besuch im Enthaarungsstudio, für den Steve Carell angeblich seine original Brustbehaarung „live“ geopfert hat, wohl jene Szene, in der David sich die Ratschläge eines seiner Kollegen zu Herzen nimmt, daß Frauen eigentlich gar nichts über die Vorlieben der Männer wissen wollen, sondern über ihre eigenen Interessen ausgefragt werden wollen. David nimmt allen seinen Mut zusammen und geht auf eine attraktive Buchhändlerin zu (an deren Arbeitstelle), die sich später als ziemlich „kinky“ erweisen wird …

Beth: „Can I help you?“
Andy: „Do I need help?“
Beth: „Ummm … is there something you are looking for?“
Andy: „Is there something I should be looking for?“
Beth: „We have an extensive do-it-yourself section.“
Andy: „Do you like to … do it yourself?“ undsoweiter …

Später versucht er denselben, sich als so narrensicher erwiesenen approach bei einer anderen Frau, und diese hält ihn nicht für einen erfahrenen Verführer, sondern für einen geistig Behinderten …
The 40 Year Old Virgin kann nur deshalb überzeugen, weil sowohl seine hauptfigur als auch die Nebenfiguren nicht völlig auf Klischees reduziert sind, sondern glaubhaft wirken. Wenn David (Paul Rudd, der Paris in Baz Luhrmanns Romeo + Juliet) seiner Ex nachtrauert, Jay den afroamerikanischen Macho gibt oder Cal mit seinen Kollegen hinter dem Laden Neonröhren zerdeppert, so ist man als Zuschauer bereit, sich für diese Figuren zu interessieren - noch stärker natürlich bei Andy und seiner Trish, die durch ihr ganz persönliches „Geheimnis“ die gemischtgeschlechtliche Annäherung auch nicht einfacher macht.

Trish: Do you have protection?
Andy: No, I don't like guns.

Der kleine Eisbär 2 - Die geheimnisvolle Insel
(Piet de Rycker, Thilo Graf Rothkirch)

Deutschland 2005, Animationsregie: Kris van Alphen, Alberto Campos, Buch: Bert Schrickel, Thomas Wittenburg, Piet de Rycker, Rolf Giesen, Lit. Vorlage: Hans de Beer, Schnitt: Animationsfabrik Hamburg GmbH, Holger Trautmann, Musik: Hans Zimmer, Nick Glennie-Smith, Dramaturgische Beratung: Rolf Giesen, Casting: Jürgen Hepp, Anja Kronenberg, mit den Stimmen von: Maximilian Artajo (Lars, Eisbär), Céline Vogt (Greta, Eisbär), Leander Wolf (Robby, Robbe), Anke Engelke (Iguanita, Iguana / Frieda, Eisbärmutter), Dirk Bach (Caruso, Pinguin), Joy (Maria, Pinguin), Ingolf Lück (Mika, Eisbärvater), Atze Schröder (Kalle, Eisbär), Oliver Kalkofe (Palle, Eisbär), Bastian Pastewka (Nolle, Eisbär), Ralf Schmitz (Pepe, Blaufußtölpel), Mirco Nontschew (Booby, Pracht-Fregattvogel), Adak Azdasht (Lena, Schneehase), Lisa Mitsching (Pieps, Ente), Max von der Gröben (Chucho, Junge auf Galapagos-Insel), Brit Gülland (Mutter), Simon Gosejohann (Carlson, Forscher), Elton (Bill, Forscher), Tetje Mierendorf (Kapitän), Harry Rowohlt (George, Schildkröte), Eva Mattes (Darwina), Birgit Lechtermann (Lavaechse), Lisann Lechtermann (Leguankind / Babyschildkröte), Roberto Capitoni, Johann König, Thomas Hackenberg, Michael Koslar (Lemminge), 81 Min., Kinostart: 29. September 2005

Neben Der kleine Eisbär geht auch der Erfolgsfilm Lauras Stern auf das Konto des Regie-Duos Rycker/Rothkirch, und damit erwartet einen erneut Qualitäts-Kinder-Kino, bei dem selbst die Kleinsten nicht in Gefahr geraten, sich zu sehr aufzuregen. Schon in Der kleine Eisbär gab es als „Bösewicht“ nur ein Schiff mit nicht weiter bekannter Besatzung, und auch im Sequel gibt es allenfalls ein etwas vertrotteltes Eisbärentrio und zwei eigentlich harmlose Forscher. Außerdem herrscht natürlich (und da hakt außer mir kaum jemand nach) eitel Sonnenschein zwischen den drei Freunden Lars (Eisbär), Robby (Robbe) und Caruso (Pinguin), die sich auf freier Wildbahn wahrscheinlich eher „zum Fressen gern“ hätten.
Die Handlung, die meines Wissens nicht direkt auf einem der Eisbär-Bücher von Hans de Beer aufbaut, ist jedoch wieder ganz vom dort vorherrschenden Reisethema bestimmt. Ähnlich wie etwa in Madagascar oder Cirkeline - verdens mindste superhelt (Cinemania 3) werden auch hier die Tierkinder auf große Fahrt geschickt und landen auf einer der Galapagos-Inseln. Während Caruso als einziger Pinguin auf dem Nordpol liebeskrank zu werden drohte und Robby schon immer mal in den Süden aufbrechen wollte, findet Titelheld Lars hier keinen Artgenossen, dafür aber einen prähistorischen Riesenfisch, der „so liebe Augen hat wie ein Schildkrötenbaby“ und deshalb natürlich sowohl vor den fischverrückten größeren Eisbären (als blinde Passagiere nachgekommen) als auch vor den zwei Forschern mit ihrem Signalgewehr „gerettet“ werden muß.
Wenn man sich nicht um die Lebenserwartung eines bewegungsunfähigen Fisches, die Häufigkeit von Vollmonden oder andere Unwahrscheinlichkeiten kümmert, kann die Figuren- (und Arten-) Vielfalt von Der kleine Eisbär 2 auch ältere Zuschauer bei der Stange halten. Die geballte Kraft der gesammelten deutschen „Comedy“-Szene als Synchronsprecher (u. a. Anke Engelke, Atze Schröder, Oliver Kalkofe, Mirco Nontschew, Ingolf Lück, Elton, Bastian Pastewka) birgt zwar auch Peinlichkeiten wie ein Gesangsduett von Dirk Bach als Caruso mit der Pinguindame seiner Träume (der kleine „Schnappi“-Gesangsstar Joy), doch wenn man den Film beispielsweise als Synchron-Ratespiel betrachtet, ist die Unterhaltung für einen Kindernachmittag gerettet.
Meinen persönlichen Höhepunkt des Films darf ich sicher Rolf Giesen verdanken, der neben seiner Rolle als "dramaturgischer" Berater sogar einen Drehbuch-Credit bekommen hat. Nachdem schon der Warner-Vorspann einen die Looney Tunes-Fanfare und einen herzhaft in seine Möhre beißenden Bugs Bunny brachte, folgt später eine schöne kleine Hommage für Freunde klassischer Warner-Cartoons. Der Schneehase Lena bewegt sich gemeinsam mit der kleinen Ente Pieps bevorzugt in Maulwurfmanier durch den offensichtlich nicht besonders harten Schnee. Als die beiden mal wieder irgendwo „auftauchen“, sagt Lena „Ich hab' doch gesagt, wir hätten links abbiegen sollen“, was natürlich klar auf Bugs Bunnys Lieblingsspruch aufbaut, wenn er zu Beginn eines Cartoons mal wieder bei Ali Baba oder im ewigen Eis ankommt: „I shoulda toined left at Albuquerque."

SommerHundeSöhne
(Cyril Tuschi)

Deutschland 2004, Buch: Ole Ortmann, Cyril Tuschi, Kamera: Peter Dörfler, Schnitt: Dirk Göhler, mit Fabian Busch (Frank), Stipe Erceg (Marc), Lilja Löffler (Ilvy), Martin Clausen (Pauli), Daniela Ziegler (Franks Mutter), Heinrich Giskes (Marcs Vater), Helmut Rühl (Franks Onkel), Hans Pawliczek (Martin) Fernando Rebollo (Luis), Axel Milberg (Stimme von Franks Vater), 96 Min., Kinostart: 8. September 2005

Der Vorspann ist nett mysteriös, und auch die erste Szene überzeugt noch voll. Das Muttersöhnchen Frank (Fabian Busch, bekannt aus Liegen lernen) wartet im Wohnmobil darauf, daß Mutter und Onkel vom Ikea-Einkaufstrip zurückkehren. Da trifft er auf den Motorrad-Macho Marc (Stipe Erceg aus Die fetten Jahre sind vorbei), der das Wohnmobil mit Fahrer einfach mal kidnappt, die Einkäufer bleiben mit ihren neuen Regalen verständnislos zurück, und auch ein späterer Anruf von der französischen Grenze aus ("Mami, mach Dir keine Sorgen …") wird sie nicht wirklich beruhigen oder besänftigen.
Während man Marc als Zuschauer schnell irgendwelche kriminellen Beweggründe unterstellt, ist Frank in seiner hilflosen Naivität das genaue Gegenteil. Um "Ersatzteile zu besorgen", fährt er Marc bis nach Marokko, schon beim ersten Zwischenhalt in Frankreich sind die Unterschiede evident: Frank bestellt sich eine Fanta, Marc schleppt in Rekordzeit die Kellnerin ab und vergnügt sich im Wohnmobil, während Marc draußen im Regen wartet.
Auch wenn Frank Marc intellektuell gewachsen ist, lässt er sich immer wieder durch dessen Sprüche ("Fahr mal besser zurück zu Mutti und lass Dir die Wäsche bügeln - da kannste bleiben, bis Du 60 bist") zur Weiterfahrt motivieren, und für den Zuschauer wird schnell klar, daß es in diesem Buddy Movie, das gleichzeitig ein Road Movie ist, neben dem Coming-of-Age Franks auch darum geht, was dieser seinem vermeintlich überlegenen Mitfahrer beibringen könnte.
Die anfänglich noch recht charmante Naivität des Drehbuchs wird aber mit der Zeit strapaziös. Ein Mercedes aus Stuttgart gabelt Frank mitten in der Nacht in Frankreich auf, spätestens das Teelicht auf dem Armaturenbrett und die Obsession mit dem alten deutschen Schlager vom "bunten Luftballon" und dem "Prinz, der mich glücklich macht" outen Ilvy (Lilja Löffler) als die Romantikerin, in die Frank sich verlieben muss. Doch so, wie sich die beiden auch ohne gemeinsames Ziel oder Automobil immer wieder über den Weg laufen, bedürfte es schon einen extrem schimmerlosen Betrachter, dem auch nicht auffällt, daß das Auto eines mysteriösen Verfolgers ebenfalls das KfZ-Kennzeichen S trägt.
Wie die Komik und die Romantik verliert sich auch allmählich das Interesse an der Geschichte, zwischendurch sieht man mal am Horizont einen Terroranschlag oder am Himmel eine CGI-Fliegerstaffel und fühlt sich immer mehr wie in einem ausgedehnten Filmprojekt einer achten Klasse: Erstmal draufhalten, wird schon irgendwie alles Sinn geben.
Wenn man am Wegesrand eine kaputte Sitzbank findet, bastelt man einen Scherz darum, putzige Schauspieler (Pauli!) werden irgendwie ins Drehbuch integriert und wenn man die Drehgenehmigung für einen alten Saloon bekommt und womöglich noch ein paar Stuntmen kennt, gibt es als Zulage noch die spanische Version einer Stuntshow, wie man sie aus dem Filmstudio Babelsberg kennt.
Wenn man gegen Ende des Films wie bei einem der Montageexperimente Kuleschows mit einem Schritt von einem Ort zum nächsten verzaubert wird, scheint sich der ursprüngliche Charme des Films wieder einzustellen, doch die krude Zusammenführung der verbliebenen Handlungsfäden zum Schluss kann wohl nur ausgehungerte Hofer Festivalbesucher verzücken (so jedenfalls eine Pressestimme), beim "normalen" Kinobesucher wird dieser Streifen nur Kopfschütteln hervorrufen.

Frau mit Hund sucht Mann mit Herz
(Gary David Goldberg)

[Rezension von Benjamin Happel]
Originaltitel: Must Love Dogs, USA 2005, Buch: Gary David Goldberg, Lit. Vorlage: Claire Cook, Kamera: John Bailey, Schnitt: Roger Bondelli, Eric A. Sears, Musik: Craig Armstrong, mit Diane Lane (Sarah), John Cusack (Jake), Elizabeth Perkins (Carol), Christopher Plummer (Bill), Dermot Mulroney (Bob), Stockard Channing (Dolly), Ali Hillis (Christine), Brad William Henke (Leo), Julie Gonzalo (June), Glenn Howerton (Michael), Ben Shenkman (Charlie), Jordana Spiro (Sherry), Kinostart: 25. August 2005

Ein vollständiger Mensch, das ist man in der Logik zahlloser Hollywoodproduktionen nur mit seinem "perfect match" an der Seite. Das heterosexuelle, weiße Paar als Ziel von Charakteren und Drehbuch zieht sich durch die Geschichte der amerikanischen Komödie wie ein roter Faden. Keine Überraschung also, dass in Gary David Goldbergs Must Love Dogs die Verwandschaft der Protagonistin ganz und gar entsetzt darüber ist, dass diese noch immer alleine lebt - obwohl die Scheidung doch schon ganze acht Monate her ist! "Eine schöne Frau wie du kann doch nicht einfach aufgeben", finden sie, und da Sarah (Diane Lane) selbst nicht wirklich in die Gänge kommen will, wird einfach die Initiative ergriffen und eine Kontaktanzeige aufgegeben. Im Internet, versteht sich, denn spätestens seit Email für Dich weiß man, dass die besten Flirts nicht mehr in schummrigen Kneipen auf einen warten, sondern hinter flimmernden Bildschirmen. Die Anonymität, die bei dieser Art der Kontaktaufnahme herrscht, sorgt auch für die - wenigen - wirklich zündenden Pointen in diesem Film. Wenn sich das Blind Date der Tochter als Treffen mit dem eigenen Vater herausstellt, dann wird zumindest angedeutet, dass man im Rahmen einer Romantic Comedy auch von Familien erzählen kann, von Beziehungen, die komplexer sind als das perfect match, das doch scheinbar so wichtig ist.
Natürlich taucht er noch auf, jener Mann, von dem der Zuschauer sofort weiß, dass er der richtige sein wird: John Cusack mimt den Hundeliebhaber und leicht verschüchterten Sonderling überzeugend und liebevoll. Dass es dann jedoch viel zu wenige Szenen zwischen den beiden Hauptdarstellern gibt, dass sie gar nicht erst dazu kommen, die Chemie zwischen ihnen zum Tragen kommen zu lassen, ist sicher auch ein Genreproblem: Der Kuss darf erst am Ende stehen, der Beginn der Beziehung ist das Ende des Films und so bleibt nur das Vorspiel zu bestaunen, die mißglückten Dates und die wenigen gelungenen zwischen den beiden Helden. Zwischendurch drängt sich immer wieder ein Nebenbuhler ins Bild, es muss ja wenigstens so getan werden, als hätte hier irgend jemand irgendeine Wahl. Die Wahl gibt es natürlich nicht, wer wen bekommt, bestimmt schon das Casting, und hätte das Buch noch ein wenig mehr Elan, ein wenig mehr Dialogwitz und ein wenig mehr Gelegenheiten für die Schauspieler geboten, sich gemeinsam zu zeigen, dann hätte man der vorbestimmten Partnersuche vielleicht sogar amüsiert zugesehen. Was bleibt, ist ein Filmstoff, den man schon viel zu oft besser und inspirierender inszeniert gesehen hat.

Wächter der Nacht
(Timur Bekmambetov)

Originaltitel: Nochnoj Dozor, Int. Titel: Night Watch, Russland 2004, Buch: Sergei Lukyanenko, Timur Bekmambetov, Lit. Vorlage: Sergei Lukyanenko, Kamera: Sergei Trofimov, Schnitt: Dmitri Kiselev, Musik: Yuri Poteyenko, mit Konstantin Khabensky (Anton Gorodetsky), Victor Verzhbitsky (Lord Zavulon), Vladimir Menshov (Lord Geser), Aleksei Chadov (Kostya, Nachbar), Dmitri Martynov (Yegor), Galina Tulina (Olga), Zhanna Friske (Alisa Donnikova), Maria Poroshina (Svetlana), Ilya Lagutenko (Andrei, Vampir), Anna Dubrovskaya (Larissa, Vampirin), Maria Mironava (Irina, Yegors Mutter), Valeri Zolotukhin (Kostyas Vater), Rimma Markova (Darya Schultz, Hexe), 105 Min., Kinostart: 29. September 2005

In einem Prolog wird erklärt, wie es zum Jahrhunderte währenden Waffenstillstand zwischen den „Hütern des Lichts“ (angeführt von Lord Geser) und den „Kriegern der Finsternis“ (angeführt von Lord Zavulon) kam. Welche dieser Parteien hier „die Guten“ beeinhaltet, dürfte offensichtlich sein. Zur lichten Seite gehören auch die „Wächter der Nacht“, besonders begabte „Andere“ (also nicht Leute wie ich und Du, die von dem immerwährenden Krieg kaum etwas mitbekommen), die des Nachts dafür sorgen, daß die Vampire, Hexenmeister und Formwandler nicht die Regeln verletzen - am Tage gibt es dann die entsprechenden „Wächter des Tages“, die wiederum darauf aufpassen, daß sich die „Guten“ nichts zu Schulden kommen lassen.
Nun gibt es, wie es oft bei solchen Fantasytrilogien ist (der zweite Teil, Wächter des Tages, befindet sich in der Post-Production), eine Prophezeiung, daß ein „Anderer“ kommen wird, der das Gleichgewicht zerstören könnte - insbesondere, wenn er sich dazu verführen lässt, auf die „dunkle Seite“ überzutreten.
Was sich schon von der Story her wie ein Mischmasch aus Star Wars und Lord of the Rings anhört, lehnt sich auch visuell an alle gängigen westlichen Kinoblockbuster an und bietet Actionsequenzen, wie sie auch aus The Matrix oder Constantine hätten stammen können - nur daß die Hauptfigur in Russland zwar ein Superstar sein soll, für uns Wessies aber kaum weiter von Keanu Reeves oder Elijah Wood entfernt sein könnte. Anton wird gleich zu Beginn des Films (wir schreiben das Jahr 1992) von seiner Frau Irina verlassen, und wendet sich direkt an eine ihm bekannte Hexe, die dafür sorgen soll, daß Irina Antons Nachfolger wieder verlässt - und auch das ungeborene Kind in Irinas Bauch soll am liebsten gleich per schwarzer Magie entfernt werden. Doch während der Prozedur, für die Anton „schwere Schuld“ auf sich lädt, platzen drei „Wächter der Nacht“ hinein und verhaften die Hexe Darya. Dabei stellen sie fest, daß Anton sie sehen kann, er muß also auch ein „Anderer“ sein und entscheidet sich für die gute Seite. Zwölf Jahre später soll Anton eine Mission erfüllen, die ich hier nicht weiter auswalzen will, die aber teilweise etwas vorhersehbar daherkommt …
Victor Verzhbitsky, der Darsteller des Bösewichts Zavulon, ist vielleicht die faszinierendste Figur des Films. Eine Mischung aus Terence Stamp und Rutger Hauer, die sich wegen mangelnder Kampfeserfahrung per Videospiel auf das alles entscheidende Duell vorbereitet - in solchen Momenten erahnt man das Potential dieses Films, doch die wirklich guten Ideen sind rar gestreut, ähnlich wie in Kontroll ist zwar alles etwas „abgedrehter“ als in vergleichbaren westlichen Filmen, doch automatisch interessanter wird der ganze Schmonzes dadurch auch nicht.

Die grosse Depression
(Konstantin Faigle)

Deutschland 2005, Buch: Konstantin Faigle, Kamera: Hajo Schomerus, Schnitt: Dora Vajda, Kostüm: Marpa Schneider, mit Konstantin Faigle, Hans Faigle, Josefine Faigle, Alice Schwarzer, Peter Anselm Grün, Prof. Walter Jens, Prof. Dr. Florian Holsboer, Vera F. Birkenbihl, Prof. Dr. Ortwin Renn, Prof. Günter Jerouschek, Kinostart: 1. September 2005

“Eine Komödie zur Lage der Nation“ ist diese „Dokumentation“ unterschrieben, und es wird dem Zuschauer schnell und auf leidvolle Weise klar, wie dehnbar die Begriffe „Dokumentation“ und „Komödie“ sind. Regisseur Konstantin Faigle, der sich in Michael-Moore-Manier auch zum eigenen Hauptdarsteller erklärte, fühlte sich angesichts einer nahenden Vaterschaft unzufrieden mit der „kollektiv depressiven“ Lage der deutschen Nation und war gemeinsam mit der Redaktion des „Kleinen Fernsehspiels“ der Meinung, dies sei eine ausreichende Basis für den Nachfolger seines ersten Langfilms Out of Edeka, der 2001 mit dem Bayrischen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet worden war.
Faigle zieht durch die deutschen Lande, interviewt einige zum Teil prominente „Experten“ (seine immerhin unterhaltsamen Eltern zerrt er wie schon in seinem ersten Film wieder vor die Kamera), und reiht teilweise recht sinnfrei Statistiken aneinander. Bei seinem Road Movie besucht er auch mal ihm zuvor unbekannte Teile der Republik und klingelt zum Beispiel in Starnberg, laut einer Studie 2004 die „glücklichste Region Deutschlands“ an Haustüren, um die Starnberger dazu zu befragen. Wodurch die Niveau-Messlatte bereits vergraben ist. Bei den Interview-Partnern war wohl die Verfügbarkeit ausschlaggebend, doch wer sich darüber wundert, ohne Anmeldung kein Interview mit dem Chefredakteur der Bild-Zeitung zu bekommen, ist auch nicht eben intelligenter als etwa die „Mem-Expertin“ Vera F. Birkenbihl, deren größtes Talent zu sein scheint, daß sie auf dem Kopf stehende Diagramme fertigen kann.
Die große Depression möchte wahrscheinlich im Fahrwasser solcher Semi-Dokumentationen wie Muxmäuschenstill und Weltverbesserungsmaßnahmen mitfahren, doch weder vom inszenatorischen noch vom Ideenreichtum (die Teilnahme bei einer Hartz IV-Demonstration mit einer Transparentaufschrift „Deutsche, hört auf zu jammern!“ ist da noch das Nonplusultra) scheint ein Vergleich angebracht. Sicher gibt es hin und wieder auch mal ein befreiendes Lachen im Kinosaal, wenn beispielsweise erklärt wird, daß die Anzahl der durch BSE verursachten Todesfälle in Europa während der letzten 25 Jahre (135) gleichzusetzen ist mit den Opfern, die durch „unachtsames Trinken von Lampenöl“ entstanden, doch insgesamt ist der Erfahrungsgewinn und der Humorgehalt des Films (ich weise an dieser Stelle auch noch auf die „Spielszenen“ und das „Barbarossa-Ballett“ hin) in etwa gleichzusetzen mit einer unterdurchschnittlichen Folge von Kalkofes Mattscheibe.

Stealth - Unter dem Radar
(Rob Cohen)

Originaltitel: Stealth, USA 2005, Buch: W. D. Richter, Kamera: Dean Semler, Schnitt: Stephen Rivkin, Musik: BT, mit Josh Lucas (Lt. Ben Cannon), Jessica Biel (Lt. Kara Wade), Jamie Foxx (Lt. Henry Purcell), Sam Shepard (Capt. George Cummings), Joe Morton (Capt. Dick Marshfield), Richard Roxburgh (Keith Orbit), 120 Min., Kinostart: 15. September 2005

Bisher hatte ich aus der illustren Krriere des Regisseurs Rob Cohen nur einen Film „genossen“: Auf einer Sneak Preview sah ich The Skulls (2000), der einen distinkten Bad Taste auf meinem cinematographischen Gaumen hinterließ, und wenn ich mir weitere Filmtitel des Regisseurs „auf der Zunge zergehen lasse“, wird vor allem offensichtlich, warum ich nur selten das „Vergnügen“ hatte: Daylight (1996) mit Sylvester Stallone, Dragonheart (1996) mit Dennis Quaid und einem CGI-Drachen oder zuletzt The Fast and the Furious (2001) und Triple X (2002) jeweils mit Vin Diesel. Im Presseheft zu Stealth wird natürlich klar betont, welcher dieser Filme für so illustre Oscars wie „Toneffektschnitt“ oder „Visuelle Effekte“ nominiert war - gewonnen haben dann aber jeweils andere.
Wir können also zusammen fassen, daß Rob Cohen prädestinert ist für Popcornkino der unteren Kajüte, seine größten Fans rekrutiert er wahrscheinlich aus den Reihen von Knastbrüdern, Autodieben und Soldaten, die auch bevorzugt die Helden seiner Filme sind.
Wenn man sich dieser Vorgabe erstmal bewusst ist, könnte man sich vielleicht sogar entspannen und Spaß an diesem Film haben, doch Dialogfetzen wie „war is a team sport“, eine Figurenkonstellation, bei der man nach etwa vier Sekunden weiß, welcher der drei Flieger wohl als erster (und sehr wahrscheinlich einziger) draufgehen wird, jede Menge Ballermusik, Ballertonspur und Ballaballaschnittfrequenz machen es einem nicht leicht, zwei Stunden im Kinosessel auszuharren. Sogar Kameramann Dean Semler, der mal für Dances with Wolves einen Oscar bekam, scheint hier den expliziten Auftrag gehabt zu haben, mit den hingepfuschten Bildkompositionen einer begleitenden Dokumentarkamera vor allem darüber hinwegzutäuschen, wie dünn die Story ist. Wenn man als Zuschauer zunächst mal damit beschäftigt ist, überhaupt zu erkennen, was gerade passiert, und die Kamera ausschließlich bei der unvermeidbaren Bikini-Show mit Jessica Biel mal etwas Zeit hat, sich auf die wichtigen Details zu konzentrieren, merkt ja vielleicht keiner, wie peinlich platt propagandistisch das Ganze geraten ist.
Drei hochdekorierte Piloten, die Top Guns des CGI-Zeitalters (Josh Lucas, Jessica Biel und „Oscar-Preisträger“ Jamie Foxx) jagen erstmal irgendwo in der Wüste diverse Flakgeschütze, LKWs und schwer zugängliche Höhlen in die Luft, bevor sie gemeinsam mit einem unbemannten superflieger zur ersten Mission geschickt werden.
In einer Großstadt in Myanmar (ehemals Burma) treffen sich drei böse Terroristen in einem Wolkenkratzer. Der Superflieger E. D. I. (laut Drehbuch stehen diese Buchstaben für Extreme Deep Invader, in Extreme DIpshit findet man sie aber auch alle wieder) bestätigt noch mal aus einer Entfernung von mehreren Kilometern per Augenscan (!), Sprachanalyse (!!) und Fingerabdruck (!!!), daß sich alle drei Terroristen im ansonsten nur von einigen niederen Bösewichten besetzten Haus befinden, und schon kann man dies mitten in einer dichtbesiedelten Großstadt durch eine gezielte Rakete dem Erdboden gleichmachen (es wird geradezu von der Erde verschluckt), ohne daß auch nur die geringsten Kollateralschäden zu bemängeln sind. Klar, und der Weihnachtsmann ist eigentlich ein Transvestit von der Venus.
Wer diesen Schmarrn schluckt, der stört sich auch nicht an dem nächsten Einsatz, den man mal eben in perfekter Formation mit vierfacher Schallgeschwindigkeit anfliegt, diesmal in Tadschikistan, wo der durch einen Blitzschlag etwas durcheinandergekommene EDI sich erstmals der Befehlsrangfolge entzieht und eigenmächtig handelt. Diverse Farmer werden von einer radioaktiven Wolke eingenebelt, aber es ist offensichtlich, daß es in diesem Krisengebiet nach einem kurzen Funkspruch der zutiefst verstörten Pilotin wahrscheinlich innerhalb von zwanzig Minuten von hilfsbereiten UN-Rettern wimmelt.
Immerhin kann man dem Film anmerken, daß sein Regisseur mal vor vielen Jahren irgendwann Kubricks 2001 - A Space Odyssey und Dr. Strangelove, or: How I learned Stop Worrying and Love the Bomb gesehen hat, auch wenn man bis auf eine HAL-ähnliche Stimme (“Goodbye, Henry“), ein Zyklopenauge, angedeutetes Lippenlesen, einen War Room und eine Luft-Zu-Luft-Betankung, die hier weniger wie ein Geschlechtsakt als wie eine Vergewaltigung inszeniert ist, wenig von diesen guten Einflüssen merken kann.
Alles ist von einer ärgerlichen US-Überheblichkeit durchtränkt (“Schau mal, die transportieren ihre nuklearen Sprengköpfe mit Ochsenkarren!“), der „böse“ Flieger ist etwa so furchterregend wie eine übergroße rostfarbene Motte, und die CGI-Effekte hat man in manchem Björk-Video schon besser gesehen. Wenn dann auch noch der emotionale Höhepunkt des Films inszeniert ist wie eine Schlaftablette auf Zelluloid, und nach einem Absturz über Feindgebiet (natürlich Nordkorea, wo selbst kleine Kinder wie fiese Denunzianten inszeniert werden) Jessica Biel (bekannt aus dem Texas Chainsaw Massacre-Remake oder dem ähnlich überflüssigen Blade: Trinity) mal wieder ihre Leidensfähigkeit unter Beweis stellen kann, fragt man sich, wielange zwei Stunden wohl noch dauern können.
EDI lädt sich währenddessen seine Lieblingssongs aus dem Internet runter (“Burn, baby, burn!“) und jagt in Sibirien irgendeine nichtexistente geheime Feindesstation in die Luft. Herrjeh, kriegen wir jetzt einen Weltkrieg? Nein, nein, es hängt ja alles nur mit einigen bösen Militärs und einer (mal wieder) Verschwörung zusammen, und alle Bösen werden plattgemacht oder beten sich ein paar Minuten aus, um in Ruhe Selbstmord begehen zu dürfen. Gähn.
Erst in den letzten zwanzig Minuten des Films gibt es auch mal ein paar Überraschungen, das Ganze endet beispielsweise nicht (wie ich es erwartet hatte) mit einem gemeinsamen Flug gen Sonnenuntergang und glorious sex, aber dafür hat sich der Drehbuchautor seinen besten Satz für ganz zum Schluß aufbewahrt (“Well, just tell me you love me, you pussy!“), und Nachspann-zu-Ende-Schauer werden ausnahmsweise auch mal wieder (in Maßen) belohnt. Hoffen wir nur, daß die bösen Nordkoreaner EDIs Überreste jetzt nicht zum Aufmotzen irgendeines Reisflitzers benutzen und uns auch noch ein Sequel ins Haus steht …


Coming next month in Cinemania 22 (Kinostart Oktober 2005):
Aktuelle Rezensionen, wahrscheinlich mit: Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl in 3D, Close, Dear Wendy, Into the Blue, Wedding Date und anderen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehenden Filmen …