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Januar 2006 | Thomas Vorwerk für satt.org | |
JarheadNach diversen Jahrzehnten von Filmen über den Vietnamkrieg kommt nun mit Jarhead, dem dritten Film von Sam Mendes (American Beauty, Road to Perdition), ein Film über den Krieg einer neuen Generation, den ersten Golfkrieg. Anthony Swoffords Vater war im Vietnamkrieg, sein Großvater im Großen davor, mit 20 tritt „Swoff“ (Jake Gyllenhaal) 1990 bei den Marines ein (“all my life it was my dream to be a bad motherfucker US marine“) und erlebt erstmal den Drill, den er (und der Zuschauer) bereits aus Kubricks Full Metal Jacket kennt. Wer sich hier nicht an die Befehle des Drill Instructors hält, kann schnell mal unsanft aus der Elitegruppe „ausgesiebt“ werden, der Soundtrack kommentiert dies ironisch mit Don’t worry, be happy von Bobby McFerrin. Als Einstimmung auf den Einsatz gehen die Soldaten in ein Kasernen-Kino, in dem - natürlich - Apocalypse Now gezeigt wird. Dieses kulturelle Recyclen des Vietnam-Kriegs als Einstimmung auf den nächsten Krieg findet sich sicher schon in der Buchvorlage, mit der Anthony Swofford 2003 auf den amerikanischen Bestsellerlisten landete, im Film wird dies aber nicht nur durch Reminiszenzen und Filmausschnitte umgesetzt, sondern teilweise auch durch die Crew. Drehbuchautor William Broyles jr. war ein Vietnam-Veteran, und geschnitten hat den Film Walter Murch, der für Apocalypse Now seinen ersten Oscar bekam und einem nun eine Art Remix seines berühmten Walkürenritts bietet. Wenn bei einem Hubschraubereinsatz später Break on through von den Doors (diese Auswahl spricht auch Bände über die Innovation und Kreativität der Soldaten) über Lautsprecher gespielt wird, mokiert sich Swofford auch darüber, daß dies auch wieder nur Vietnam-Musik sei, „can’t we have our own music?“ Doch die Soldaten spielen den krieg so nach, wie sie ihn im Kino oder Fernsehen gesehen haben: sie übertreffen sich gegenseitig darin, sich wie bei M*A*S*H aufzuführen oder später im Gefecht so cool herumzustehen wie Robert Duvall auf der Suche nach der perfekten Welle, und auf der Bude hängt natürlich das Plakat von Taxi Driver. Einzig die Reflexion über das Trauma Vietnam, das im neuen Krieg sicher auch nicht völlig ausbleiben wird, fehlt bei den jungen Männer größtenteils. Da ist es schon traumatischer, wenn die Videocassette mit Michael Ciminos The Deer Hunter mit Home Movies überspielt werden (“That’s my fucking wife!!! That’s my fucking neighbor!!!“) Während der erste Einsatz immer wieder verschoben wird und der Film die Ankunft der amerikanischen Soldaten immer wieder als Untertitel konstatiert (14 Minuten: 5.000 Soldaten; 62 Tage: 115.000 Soldaten; 122 Tage: 390.000 Soldaten undsoweiter), stellt sich aber auch ohne direkten Feindkontakt der erste psychische Verschleiß ein. Nach und nach landen alle Freundinnen, die sich nicht mehr melden, auf der „wall of shame“, Swofford ist nicht der einzige, der von Halluzinationen verfolgt wird. Immerhin gibt es dazu auch mal die Musik der neuen Generation, Nirvanas Something in the Way (damals brandaktuell), was natürlich aus heutiger Sicht fast noch hoffnungsloser als Jim Morrison klingt. Obwohl Jarhead oft wie ein zeitgenössisches Remake der gesammelten Vietnamfilme wirkt, gelingt es Regisseur Sam Mendes, dem Golfkrieg sein ganz eigenes filmisches Denkmal zu widmen, denn was in Jarhead anders ist als in all den anderen Filmen, zeichnet den Film auch aus - und wird hier nicht verraten! |
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