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April 2006 | Thomas Vorwerk für satt.org | |
Good Night,
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Auch George Clooneys zweite Regiearbeit ist die Biographie eines US-Fernseh-Prominenten, diesmal allerdings ohne Charlie Kaufman-Drehbuch und dafür in schwarzweiß. Neben dem bevorzugten Sujet kann man sogar schon einige Stilmittel wiedererkennen (lange Plansequenzen durch komplizierte Sets), aber warum es hierfür eine Nominierung zum Regie-Oscar gab (während etwa Woody Allen, Tim Burton, Curtis Hanson, Neil Jordan oder James Mangold „übersehen“ wurden), ist mir schleierhaft. Wahrscheinlich ist man in den USA mittlerweile schon vom berüchtigten „Einspielgift“ und Kunstkinogaranten Schwarzweiß-Photographie dermaßen verblüfft, daß man etwa die Schwarzweißzeichnung einiger Charaktere in dem Film völlig übersehen hat. Teilweise wird es so dargestellt, daß Edward R. Murrow (David Strathairn), der Moderator einer Art Frühversion von „Monitor“ und sein Produzent Fred Friendly (George Clooney) als „goody-two shoes“ „Ed & Fred“ den in eine landesweite Kommunisten- / Hexenjagd versteiften Senator McCarthy im Alleingang gestoppt hätten. Musterbeispiele journalistischer Integrität setzen sich selbst über zurückgehende Einschaltquoten und abspringende Sponsoren hinweg …
Vielleicht liegt die Begeisterung für den Film auch damit zusammen, daß „journalistische Integrität“ momentan ungefähr so ausgestorben (und damit als Kinothema so interessant?) wie Dinosaurier ist. Nicht nur CNN, sondern auch Hollywood arbeitet momentan gerne mit der US-Regierung zusammen, liberale Kriegsgegner werden verlacht (in Team America habe ich sogar mitgelacht) und George W. Bush wurde sogar wiedergewählt - vielleicht sehnt man sich da nach der „guten, alten Zeit“ von McCarthy zurück - den konnte man immerhin noch irgendwann stoppen. Aber ich glaube, diese Interpretation der Dinge ist eher persönliches Wunschdenken, ein bißchen historische (und somit realitätsferne) Heldenbewunderung in schmucken Schwarzweiß-Bildern reicht aus, um Clooney, der ohnehin jedermanns Liebling scheint, auch zur Regiegröße zu erklären, die im „epd Film“ sogar in einem Atemzug mit Billy Wilder genannt wird.
Die satirische Schärfe oder die fein ausgearbeiteten Charaktere eines Wilders sucht man hier aber vergebens. Zwar sind die Haupt- und Nebenrollen allesamt mit fähigen Darstellern besetzt (ein Film mit Robert Downey jr. und Patricia Clarkson kann ja nicht wirklich schlecht sein), aber die ganze Story plätschert irgendwie nur so vor sich hin, die eingeschobenen Jazz-Nummern eignen sich weniger zum „Verschnaufen“ als dafür, den Film überhaupt auf abendfüllende Länge (93 Min.) aufzublasen, und wie sehr dieser Film in der Vergangenheit verankert ist, zeigt sich auch daran, daß die in Schwarzweiß besonders gut zur Geltung kommende Kettenraucherei (vgl. diverse Bogart-Filme oder Die Unberührbare) hier (im Gegensatz zur Realität) ohne Konsequenzen bleibt. Daß der für eine Zigarettenmarke werbende Edward R. Murrow später an Lungenkrebs verstarb, wird in den Abspanntiteln nicht erwähnt, es hätte nur vom Feelgood-Happy End (die Gerechtigkeit hat wieder gesiegt!) abgelenkt.
Man soll mich nicht falsch verstehen: Good Night, and good luck. ist ein nett anzusehendes Filmchen, das eine interessante Geschichte mitunter auch recht packend erzählt, der ganze Rummel um den Streifen ist aber etwa so übertrieben wie bei den Chronicles of Narnia.
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