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November 2006
Thomas Vorwerk
für satt.org

Last Resort
UK 2000

Last Resort (R: Pawel Pawlikowski)

Last Resort

Regie: Pawel Pawlikowski, Buch: Pawel Pawlikowski, Rowan Joffe, Kamera: Ryszard Lenczewski, Schnitt: David Charap, Tam Osman, Musik: Max de Wardener, mit Dina Korzum (Tanja), Artiom Strelnikov (Artiom), Paddy Considine (Alfie), Lindsey Honey (Les), Perry Benson (Einwanderungsbeamter), Katie Drinkwater (Katie), Dave Bean (Frank), 74 Min., Kinostart: 23. November 2006

Filmszene
Filmszene
Filmszene

Fünf Jahre vor My Summer of Love erprobte sich der damals vor allem als Dokumentarfilmer bekannte Pawel Pawlikowski an einem Projekt, das auf Wunsch der BBC Dokumentarfilmer ihre Visonen in Spielfilmen umsetzen ließ. Pawlikowskis Exposé sollte der erste Teil einer (nie verwirklichten) Trilogie werden.

Die junge Russin Tanja (Dina Korzum, zerbrechlich wie Emily Watson zu Zeiten von Breaking the Waves) verlässt Moskau, um in London ihren Verlobten Mark zu treffen. Doch als sie mit ihrem Sohn Artiom landet, ist der Verlobte nirgends zu sehen, und um nicht wieder abgeschoben zu werden, beantragt Tanja politisches Asyl.

Sie ahnte aber nicht, daß sie für die Zeit, bis ihr Antrag bewilligt wird (laut Auskunft eines Beamten 12-16 Monate) in “Stonehaven” (ein fiktiver Ortsname, gedreht wurde in Margate) leben muss, einer von der Außenwelt abgeriegelten Küstenstadt mit einem heruntergekommenen Vergnügungspark, dessen Karussels sich ebenso wie die alles überschattende Achterbahn lange nicht mehr bewegt haben. Das einzige, was hier noch halbwegs funktioniert, ist die Spielhalle, die Alfie (Paddy Considine, der auch in My Summer of Love mitspielt), ein Hausmeister, der nebenbei auch Bingozahlen bekanntgibt, leitet. Mit staatlich verteilten Gutscheinen kann man hier mehr überleben als leben, und wer etwas Luxus will (oder zu entkommen trachtet), braucht dafür vor allem Geld. Ohne Arbeitserlaubnis gibt es dafür aber nur zwielichtige Möglichkeiten, wofür man seine verbliebenen Reste von Unschuld (Cybersex) oder Teile des Körpers (Blut, Nieren) verhökern muß.

Als die etwas naive (und als Kinderbuchillustratorin nicht unbegabte) Tanja erfährt, daß ihr “Verlobter” nichts mehr mit ihr zu tun haben will, möchte sie nach Moskau zurückkehren. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als sie für den allzeit aufmerksamen Alfie Gefühle zu entwickeln beginnt.

Pawlikowski gelingt sowohl im Sujet als auch in der Realisierung ein Spagat. Einerseits schildert er die harte Realität von Einwanderern, andererseits geht es in seinem Film um das Wunder des sich Verliebens. Zum einen benutzt er eine hautnahe Handkamera, zum anderen eher statische Weitwinkeleinstellungen, die die abgehalfterte Küstenstadt als “letzte Zuflucht” mal demaskiert, mal romantisiert.

In Shortbus wird eine zeitgenössische Orgie mal so beschrieben: “It’s just like the sixties - only with less hope”. Last Resort könnte man mit Lukas Moodyssons Lilja 4-ever vergleichen (auch aufgrund des Subplots um den bauernschlauen kleinen Artiom) - nur mit mehr Hoffnung …