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Mai 2007 | Daniel Walther für satt.org | |
Pirates of the Caribbean:
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Fotos © Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved. |
Ein Schiff wird kommen oder wie in dem Fall von Pirates of the Caribbean : At World's End eine ganze Menge. Natürlich wird eine Menge hin und her gesegelt im abschließenden dritten Teil der Kopftuch-Saga und zwar sogar so viel, daß es einem schon mal passiert, daß man den Überblick für einen Moment verliert. Natürlich knüpft der Film ziemlich nahtlos an Teil 2 an und wir finden uns in Singapur wieder, wo die alte Crew von Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) jetzt unter dem Kommando vom alten/neuem Captain Barbossa (Geoffrey Rush) steht, welcher seinerseits zurück ins Leben geholt wurde. Genau um dieses in der Piratenwelt anscheinend mittelmäßige Wunder geht es den bereits bekannten Crew-Mitgliedern um Will Turner (Orlando Bloom) und Elizabeth Swann (Keira Knightley), denn sie wollen alles versuchen, um Captain Sparrow zu befreien, der aufgrund seines heldenhaften Hechtsprungs in den Rachen des "Kraken" am Ende des zweiten Teils nun im "Schließfach" von Davey Jones (Bill Nighy) gefangen ist. Dazu benötigen sie aber ein Schiff und eine Crew, welches sie vom asiatischen Ober-Piraten Captain Sao Feng (Chow Yun-Fat) erbitten wollen. Auf der anderen Seite wird Davey Jones von Lord Cuttler Beckett (Tom Hollander), welcher sein Herz in der Truhe besitzt, instrumentalisiert, die Interessen der East India Trading Company auf den Weltmeeren durchzusetzen, was aber durchaus mit dessen rachsüchtigen Charakter harmoniert. Diese maritime Monopol-Bildung macht die Zusammenkunft vom Rat der Piraten unausweichlich. Ebenfalls dazu wird Schunkel-Captain Sparrow benötigt, denn da er einer der neun "Pirate Lords" ist, aus denen der Rat besteht, muss er anwesend sein. Jedoch heckt Captain Barbossa (ebenfalls einer der "Pirate Lords") seinen eigenen Plan aus, für den er ebnfalls Sparrow braucht. So nebenbei wird noch die Seegöttin Calypso ins Spiel gebracht, welche einst vom Piraten-Rat in menschliche Gestalt verbannt worden war und nur durch diese Neun eben aus ihrer menschliche Hülle wieder befreit werden kann.
Es ist schon ziemlich risikoreich, so viel in einen Film hineinzustopfen, denn allzu leicht kann das zu einer Schwachstelle werden - so kann es aber auch gleichzeitig funktionieren. Zu einer deutlich wahrnehmbaren Schwachstelle wird es in Gore Verbinskis Film nicht, aber durchgängig funktionieren tut es auch nicht. Zum einen sorgt die konstante Geschwindigkeit und Abfolge von Ereignissen dafür, daß man sich nicht lange an Grübeleien aufhalten kann, und zum anderen funktioniert der Film generell, auch ohne daß man als Zuschauer allzu viel denken muß.
Jedoch fällt bei der ganzen Handlungs-Stopferei die Entwicklung der vermeintlichen beiden anderen Hauptfiguren der Trilogie eher unbefriedigend aus, (obwohl ich auch mal überrascht wurde), gegenüber einem Johnny Depp, der seine Hüften ungehemmt drei Teile lang machen lassen darf, was sie wollen, müssen die beiden aber vielleicht auch blass aussehen. Die Fülle der Charaktere allein, welche regelmäßig ihre Zeilen oder Momente im Film bekommen, um nicht in Vergessenheit zu geraten ist, erdrückt einen mitunter schon, aber gleichzeitig weiß dann jeder von ihnen auch zu gefallen. Mit der Ausnahme von Keira Knightley, und ich mache das hier wirklich nicht vorsätzlich, aber wieder einmal fällt deutlich auf, daß sie in der Rolle der Elisabeth Swann fehlbesetzt ist, und sie die endgültige Entwicklung hin zur piratigsten aller Piratenbräute nicht glaubhaft darstellen kann. Man kann sehen, wie sie sich Mühe gibt zu spielen, und das ist immer ein schlechtes Zeichen für die Leistung einer Schauspielerin. Dagegen wankt Johnny Depp als Captain Sparrow gewohnt gekonnt durch die Wasserschlacht und besitzt sogar mitunter ein wenig mehr Bodenhaftung als noch im zweiten Teil. Ebenfalls sichtlich zu genießen scheint Geoffrey Rush seine Rolle als Captain Barbossa. Er passt als relativ ernst zunehmender Piraten-Kapitän wunderbar als Kontrast zum tunteligen Captain Sparrow in den Film.
Auffallend ist - gemessen am vorherigen Teil - daß es in diesem weniger aufwendige Actionsequenzen gibt. Wenn man da zum Beispiel an die Parallel-Flucht der Crew und Sparrow von der Kannibalen-Insel denkt oder aber der Kampf um den Schlüssel auf und in dem riesigen Holzrad, so geht es hier im Vergleich ruhig und beschaulich zu. Natürlich ist der Film wieder ein Effekt-Feuerwerk aber im Vergleich zu Dead Man's Chest kommt er fast dezent daher. Klar gibt es die eine oder andere Mammut-Animation, aber dieser Teil ist weniger überdreht als der vorangegangene, es wirkt nicht so als ob sich alle die am Set was zu sagen hatten in dem Maße ihren kindlichen Slapstick- und Cartoon-Fantasien hingegeben hätten und insgesamt ist der Film etwas düsterer, eher wie der erste Teil, weil sich mittlerweile ja auch genug verfluchte, verzweifelte oder verliebte Figuren angehäuft haben, was natürlich mehr Dramatik fordert. Mit einer Länge von fast 3 Stunden hat Verbinski natürlich auch genug Zeit, um die Fülle an Ereignissen und Charakteren anzupacken, obwohl eben das bereits erwähnte kleine Problem mit dem Hineinstopfen dadurch auch nicht zu beheben ist. Es wäre aber auch gut und gerne etwas kürzer gegangen, wenn man vielleicht bei den heroischen Blicken aufs Meer oder den jeweiligen Gegnern jedes Mal 5-10 Sekunden gekürzt hätte. Jedoch muss ich überrascht feststellen das ich zum Abschluss mehr Schmalz und Kitsch erwartet hätte, es kommt zwar vor, aber gemessen an der inoffiziellen Hollywoodkitsch-Skala erreicht der Film eher einen mittelmäßigen Wert.
Sehr nett sind zwei Anspielungen auf Apocalypse Now und Being John Malkovich, ob sie nun beabsichtigt sind oder ich das nur so reininterpretiere. Es gibt ja auch noch einen Kurzauftritt von Keith Richards als Captain Teague, welcher niemand geringerer als Jack Sparrows Vater ist. Oft sieht man ihn nicht, aber er spielt passenderweise ein wenig Gitarre im Hintergrund, bis ihm die Saite reißt und dann sieht man ihn noch ein paar mal stolz und zuversichtlich blickend auf dem Schiff, an dieser Stelle möchte ich an meinen Kürzungsvorschlag erinnern. Vielleicht hat man Keith Richards auch nicht nur wegen seines schwankenden Ganges der ja Vorbild für die Motorik von Jack Sparrow gewesen sein soll, zu einem Kurzauftritt eingeladen, sondern vielleicht, weil der Film deutlich die Möglichkeit lässt, daß die zentrale Figur dieser Trilogie nochmals, wann auch immer, in eine weitere abenteuerliche Geschichte verstrickt werden könnte. Und eine Welttour nach der andern planen und durchziehen, sei es jetzt in den Kinosälen oder Konzerthallen, das kann sich das Duo Bruckheimer/Verbinski von dem Botschafter der Stones auf jeden Fall mal kurz erklären lassen.
Schlussendlich lässt sich festhalten, daß die Trilogie durchaus sehr unterhaltsam ist und im Gesamteindruck als gutes Abenteuer-, Action- und Fantasy-Filmpaket überzeugen kann. Wem die vorangegangenen Teile bereits ansprachen, der sollte auch diesmal wieder zufrieden aus dem Kino gehen.
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