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Juni 2007 | Thomas Vorwerk für satt.org | |
Glück im Spiel
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Bilder © 2007 Warner Bros. Ent. |
Lucky You, USA 2007, Buch: Eric Roth, Curtis Hanson, mit Eric Bana (Huck Cheever), Robert Duvall (L. C. Cheever), Drew Barrymore (Billie Offer), Debra Messing (Suzanne Offer), Horatio Sanz (Ready Eddie), Saverio Guerra (Lester), Evan Jones (Jason Keyes), Charles Martin Smith (Roy Durucher), Michael Shannon (Ray Zumbro), Robert Downey jr. (Telephone Jack), Olivia Tracey (Isabel), Kelvin Han Yee (Chico Banh), Madeleine Peyroux (Lounge Singer), Phyllis Somerville (Pawnbroker), Norris Watsky (Elderly Dealer), Omar Benson Miller (Card Grabber), Jennifer Harmon (Shannon Kincaid), John Hennigan (Ralph Kaczynski), Jean Smart (Michelle Carson), David Oppenheim (Josh Cohen), 124 Min., Kinostart: 28. Juni 2007
Als ich das erste Mal von dem Film namens Lucky You hörte, dachte ich, es könne sich um eine Verfilmung eines meiner Lieblingsromane von Carl Hiaasen handeln (die bisher einzige Hiaasen-Verfilmung ist leider Striptease, wobei ich darauf hinweisen muß,daß es im Buch halt nicht vorrangig um die Beschaffenheit von Demi Moores Brüsten geht), doch der einzige Bezug des Films zu diesem Autor ist eine kleine Szene, in der Drew Barrymore Eric Bana mal “sick pony” nennt, woraufhin dieser sie mit “puppy” berichtigt. Sick Puppy war der nächste Roman, den Hiaasen nach Lucky You veröffentlichte. Ob dies nur ein Zufall ist oder ein kleines Zugeständnis, um den Titel verwenden zu dürfen, weiß ich nicht. Also Schluß mit dem Thema Carl Hiaasen.
Curtis Hanson (man beachte die Initialen) war mal ein ziemlich talentierter Thriller-Regisseur (The Hand that Rocks the Cradle, Bad Influence, The Bedroom Window), der durch L. A. Confidential plötzlich und unerwartet von einem fast vergessenen Genre-Spezialisten zu einem Regisseur der ersten Liga (unter anderem Regie-Oscar-Nominierung) aufstieg. Erstaunlicherweise war dies aber für Hanson wohl der Rückhalt, dem Thriller fortan den Rücken kehren zu können, er drehte figurenorientierte Literaturverfilmungen wie The Wonder Boys und In her Shoes oder das Eminem-Vehikel 8 Mile. Lucky You ist ein weiterer Schritt in diese Richtung, zusammen mit Drehbuchautor Eric Roth (Forrest Gump, Munich, The Insider) entwickelte er eine Geschichte um einen Pokerspieler (bevor dieses Kartenspiel zu ungeahnter Popularität avancierte), der so begabt ist, daß er gegen so ziemlich jeden anderen Spieler bestehen kann - außer seinem Vater (Robert Duvall), von dem er einige nicht so schöne Charakterzüge übernommen hat. Das klingt erstmal ein bißchen wie Cincinnati Kid oder Atlantic City, USA, was ja durchaus vielversprechend ist. Allerdings, und das wird jeder anhand des Plakats nachvollziehen können, auch wenn der deutsche Verleihtitel Glück im Spiel auf ungeahnt subtile Weise keines der üblichen Signalworte “Liebe”, “Hochzeit” oder “Braut” eingebaut hat, soll der Film wohl auch so etwas wie eine Love Story sein, und die langsam auch die ersten Falten bekommende Drew Barrymore raubt unserem Pokerface Eric Bana noch zusätzlich den Schlaf. Laut Hanson ist der Kern der Geschichte, daß die Fertigkeiten, die ein guter Pokerspieler mitbringen muss, praktisch das genaue Gegenteil von dem sind, was man für eine funktionierende Beziehung braucht. Und so steht der Bluffer Huck Cheever, der auch einem kleinen Diebstahl nie abgeneigt ist, wenn er etwas Geld für den Einsatz braucht, im direkten Gegensatz zu der für ihre Gesangskarriere hart arbeitende Billie Offer, die irgendwann mal ihre Lebensphilosophie zusammenfasst (und leider gibt es im Film viel zu viele quasiphilosophische Statements): “I don’t lie, steal or cheat - for anyone or anything”.
Damit ist der Film eigentlich schon sehr gut zusammengefasst, denn natürlich wird Billie Huck dermaßen verzaubern, daß er erstmals sowas wie Mitgefühl für seine Pokergegner entwickelt - und das ist etwas, was ein guter Pokerspieler überhaupt nicht gebrauchen kann (Vergleiche etwa auch den Auftritt von Forest Whittaker in The Color of Money). Bei einem Film über ein Kartenspiel geht es irgendwie auch immer darum, den Zuschauer auf neue Arten zu überraschen, doch in diesem Fall ist die Schlußüberraschung eine ziemliche Enttäuschung, und zumindest ich nehme der Figur Huck ihre (für solch einen Film obligatorische) Wandlung nicht annähernd ab.
Schade, denn der Film hat einige durchaus großartige Einzelszenen mit hervorragenden Nebendarstellern (Charles Martin Smith, Michael Shannon, Evan Jones), die teilweise sogar richtige Pokerspieler sind (Jennifer Harmon, John Hennigan). Ähnlich wie bei In her Shoes, wo die gesamte Besetzung des Altersheims aus Laiendarstellern bestand, wird auch hier viel Energie auf die Authentizität gelegt. So wurde der mittlerweile renovierte Spielraum des Bellagio (der Film spielt 2003) detailliert wiederhergestellt, und etwa die Hälfte sämtlicher Darsteller besteht aus wirklichen Pokerspielern, die manchem Fan dieser “Sportart” auch bekannt sein könnten. Ich habe sogar den Verdacht, daß der Toilettenmann Eddie Hill original übernommen wurde, aber leider wird diese Detailverliebtheit nur jemand zu schätzen wissen können, der selbst schon in Las Vegas gepokert hat. Daß unzählige Pokerlegenden im Film mitspielen und schier aus dem Häuschen waren, wie genau alles wieder so aussah wie vor vier Jahren, liest sich im Presseheft zwar sehr gefällig, verstärkt den Eindruck des Films aber leider überhaupt nicht. Heutzutage werden zwar viel zu wenige Filme gedreht, die sich um Figuren, und nicht Explosionen, Kettensägen oder bunte Unterhosen drehen, aber Lucky You entwickelt leider nicht den Drive, den frühere Filme zu ähnlichen Themen erreichten. Ohne Drew Barrymore wäre der Film meines Erachtens spannender gewesen.
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