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Machtlos
(R: Gavin Hood)
Originaltitel: Rendition, USA / Südafrika 2007, Buch: Kelley Sane, Kamera: Dion Beebe, Schnitt: Megan Gill, Musik: Paul Hepker, Mark Kilian, mit Omar Metwally (Anwar El-Ibrahimi), Jake Gyllenhaal (Douglas Freeman), Mohammed Khouas (Khalid), Zineb Oukach (Fatima Fawal), Reese Witherspoon (Isabella Fields El-Ibrahimi), Yigal Naor (Abasi Fawal), Peter Sarsgaard (Alan Smith), Meryl Streep (Corrine Whitman), Alan Arkin (Senator Hawkins), J.K. Simmons (Lee Mayer), Hassam Ghancy (Hamadi), Laila Mrabti (Lina Fawal), Nava Ziv (Samia Fawal), Reymond Amsellem (Layla Fawal), Aramis Knight (Jeremy El-Ibrahimi), Rosie Malek-Yonan (Nuru El-Ibrahimi), David Fabrizio (William Dixon), Reguragui Fatima (Khalid's Grandmother), Wendy Phillips (Samantha), Mounir Margoum (Rani), Driss Roukhe (Bahi), Noureddine Aberdine (Student Leader), Bob Gunton (Lars Whitman), Simon Abkarian (Said Abdel Aziz), Kinostart: 22. November 2007
Rendition mag der Film gewesen sein, der das neue Hollywood-Traumpaar Jake Gyllenhaal und Reese Witherspoon zusammengebracht hat, bei den eigentlichen Dreharbeiten wird dies aber nicht passiert sein, denn die beiden haben keine einzige gemeinsame Szene (nicht einmal am Telefon), die von ihnen gespielten Figuren befinden sich den ganzen Film über nicht einmal auf dem selben Kontinent. Reese Witherspoon spielt Isabella Fields El-Ibrahimi, die mit ihrem kleinen Sohn an der Hand und unübersehbar schwanger ihren muslimischen Ehemann Anwar (Omar Metwally) am Flughafen abholen will, nur um dann nach und nach anhand offizieller Papiere herauszufinden, daß dieser zwar in einem nicht weiter definierten nordafrikanischen Staat in die Maschine eingestiegen sein soll, aber bei der Landung in den Vereinigten Staaten nicht auf der Passagierliste auffindbar ist. Nachvollziehbar verstört wendet sie sich an einen alten Kommilitonen (Peter Sarsgaard), der nun für einen US-Senator (Alan Arkin) arbeitet, der mitunter mit Senatorin Corrine Whitman (Meryl Streep) in Kontakt steht, die, so weiß zu diesem Zeitpunkt zumindest der Zuschauer, direkt verantwortlich dafür ist, daß Anwar in einem dunklen Verlies wegen eines Bombenanschlags verhört wird.
Jake Gyllenhaal als Douglas Freeman ist nun der unfreiwillig zum Beobachter dieser Folterung aufgestiegene junge US-Vertreter in diesem Lande. Sein Vorgänger war auch schon ein Ersatzmann und verstarb bei jenem Bombenanschlag, Freeman übernahm den Job wortwörtlich in einem blutgetränkten Hemd, doch er wird, wie sein Rollenname (“free man”) schon andeutet, genau wie Isabella auf der anderen Seite des Globus jemand sein, der gegen die als “extraordinary rendition” getaufte Entmächtigung des als Terrorist verdächtigten Anwar ankämpft.
Die bisherige Inhaltsangabe hat fein artig die geballte US-Starpower dieses Films aufgelistet, doch der für Tsotsi mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnete Regisseur Gavin Hood hat zum Herzen der Geschichte einen dritten Handlungsstrang erkoren, der sich eben dadurch auszeichnet, mit unbekannten, lokalen Darstellern eine nicht zum “Kampf für die Gerechtigkeit” drapierte Erzählung aufzubauen. Folterer Abasi Fawal (Yigal Naor), der übrigens das eigentliche Ziel des bereits erwähnten Bombenanschlags war, hat nämlich eine Tochter namens Fatima (Zineb Oukach), die - offenbar gegen den Wunsch ihres Vaters - in einen jungen Mann namens Khalid (Mohammed Khouas) verliebt ist, der - um es mal vorsichtig auszudrücken - dem Kinozuschauer sehr schnell weitaus verdächtiger an dem Anschlag erscheint als der gefolterte Anwar (der angeblich vor einem Monat zwei Handygespräche mit einem Oberterroristen geführt haben soll).
Jeder dieser drei Handlungstränge wird zu einem Ende geführt, der nur im Kontext mit den anderen Strängen seine komplette Bedeutung erfährt. Zwei der Stränge erfahren ein Ende, das jeweils für sich gängigen Hollywood-Konventionen entspricht, auch wenn diese beiden Enden sozusagen gegenseitig im Widerspruch stehen. Die Auflösung des dritten Strangs ist jedoch die Überraschung, die den gesamten Film noch einmal auf den Kopf stellt und den Zuschauer für alle Hollywood-Kompromisse entschädigt. Nein, mehr als entschädigt - belohnt.
Neben der filmischen Klasse des Films und der spannenden Geschichte scheint das Thema des vom Staat in seinen Grundrechten eingeschränkten Individuums hierzulande, wo jetzt nach Kontoauszügen auch Telefonate, E-Mails und SMS-Nachrichten für ein halbes Jahr gespeichert werden, und bei “Verdacht” gegen einen verwendet werden können, momentan auch sehr aktuell. Leider zieht der Film diese Thematik nicht mit der von diesem Problem geforderten Strenge bis zuletzt durch, aber dafür gab es ja auch schon Dokumentarfilme wie Strange Culture (der spätestens jetzt seinen deutschen Kinostart bekommen sollte).