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9. Juli 2008
Thomas Vorwerk
für satt.org


  Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)
Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)
Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)
© 2008 Concorde Filmverleih GmbH
Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)
Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)
Der unglaubliche Hulk (R: Louis Leterrier)

Der unglaubliche Hulk
(R: Louis Leterrier)

Originaltitel: The Incredible Hulk, USA 2008, Drehbuch: Zak Penn, Kamera: Peter Menzies Jr., Schnitt: Rick Shaine, Vincent Tabaillon, John Wright, Musik: Craig Armstrong, Production Design: Kirk M. Petruccelli, Supervising Art Director: Daniel T. Dorrance, mit Edward Norton (Bruce Banner), Liv Tyler (Dr. Elizabeth “Betty” Ross, Tim Roth (Emil Blonsky), William Hurt (General Thaddeus “Thunderbolt” Ross), Tim Blake Nelson (Samuel Sterns), Ty Burrell (Dr. Samson), Christina Cabot (Major Kathleen “Kat” Sparr), Lou Ferrigno (Voice of The Incredible Hulk / Security Guard), Paul Soles (Stanley), Peter Mensah (General Joe Greller), Débora Nascimento (Martina), Pedro Salvín (Tough Guy Leader), Raimundo Camargo Nascimento (Tough Guy #2), Carla Nascimento (Large Woman), Maxwell McCabe-Lokos (Cab Driver), Rickson Gracie (Aikido Instructor), Robert Downey Jr. (Tony Stark), Stan Lee (Lemonade Drinker), 114 Min., Kinostart: 10. Juli 2008

An den Tagen vor der Sichtung dieses Films hatte ich die Batman Begins-DVD nebst umfangreichen Bonusmaterial studiert, und es drängte sich der Verdacht auf, dass die Macher dieses eigentümlichen Sequels / Neubeginns des 2003 von Ang Lee mit Eric Bana recht erfolgreich verarbeiteten Franchise eine ähnliche Herangehensweise verfolgten.

Zunächst einmal ist Edward Norton wie Christian Bale eine ernsthaftere (und auch bessere) Besetzung. Verglichen mit den 3 K bei Batman (Keaton, Kilmer, Klooney) war Bana (insbesondere am noch verheißungsvollen Beginn seiner Karriere) zwar niemand, bei dem man den Produzenten unterstellen könnte, sie hätten ihn nur wegen seines Starpotentials engagiert, doch Edward Norton ist eher als ambitionierter Künstler als als Kassenmagnet bekannt (von seinen letzten vier Filmen startete nur einer in Deutschland, und in diesem - Kingdom of Heaven - sieht man kaum mal sein Gesicht), und er verkörpert Bruce Banner als ernstzunehmende, no-nonsense Figur, die sogar besser durchtrainiert ist als der Gegenspieler in diesem Film, der vermeintlich 39jährige soon-to-be-super-Soldat Emil Blonsky (Tim Roth, 47).

Aber zurück zum Vergleich mit Batman Begins: Beim Casting sieht man die Bemühungen, den Vorgänger zu übertreffen: Norton statt Bana, William Hurt statt Sam Elliott, einzig bei Liv Tyler statt Jennifer Connelly als Betty Ross drängen sich ernsthafte Zweifel auf, doch Rehauge Liv macht ihre Sache erstaunlich gut.

Bei Batman Begins hatte Regisseur Christopher Nolan viel Wert darauf gelegt, dass man vom Studio-Look wegkommt (Himalaya-Szenen) und man der Figur Bruce Wayne näher kommt, statt zu früh das Batkostüm anzulegen. Bei The Incredible Hulk spielt fast die erste halbe Stunde in einer brasilianischen Favela, und wenn Bruce Banner sich erstmals in den Hulk verwandelt, ist er lange Zeit eher im Schatten zu erahnen als wirklich zu sehen, ähnlich wie bei einigen frühen Batman-Szenen.

Das ist clever und funktioniert auch. Bei Ang Lees Hulk war das Hauptproblem, dass jeder Auftritt des CGI-Hulk so lächerlich war, dass der Film dadurch heruntergezogen wurde. Durch die behutsame Einführung der Figur und einige erstaunlich gut funktionierende Szenen zwischen Bruce und Betty bzw. Hulk und Betty kann man sogar noch den ersten offenen Schlagabtausch zwischen Hulk und der kompletten Kriegsmaschinerie seines Nicht-ganz-Schwiegervaters General Ross durchgehen lassen - trotz einiger blöder Momente (Schall-Kanonen??) und einem völlig unmotiviert plötzlich einsetzenden Regen (was längst nicht jedem Zuschauer auffiel). Der mit seinem J. Jonah Jameson-Schnurrbart ziemlich seltsam (aber für einen Marvel-Comic komplett authentisch) aussehende William Hurt wird hier immerhin nicht zur kompletten Witzfigur (wie in vielen Hulk-Comics), sondern zu einem zwar nahezu skrupellosen, aber immerhin vorbereiteten Strategen. Wie er beim konzertierten Kampf gegen Hulk immer noch einen Plan F, G oder H aus der Hintertasche holt (“Wo bleibt der Hubschrauber?”), ist bei dieser Szene schon bestaunenswert.

Doch während der Film abgesehen von einer dem Original-Material anzulastenden Überbetonung des Militäraspekts immer mehr gelungene Momente schart (großartige Gastauftritte von Stan Lee und Lou Ferrigno, die verhinderte Sexzene, der running gag um Banners störenden Co-Worker), sieht man schon am Horizont, wie der Hulk-Gegner “The Abomination” lauert, und mit ihm eine ca. viertelstündige Kampfsequenz, die blöder ist als alles, was man bei Ang Lee ertragen musste, und den Film erstaunlich tief herunterzieht. Wer an der Stelle, wenn Hulk und The Abomination sich erstmals entgegenlaufen, für 15 Minuten eine Pinkelpause macht und erst wiederkommt, wenn der Gegner (an dieser Stelle kommt keine Spoilerwarnung, weil es offensichtlich ist) Hulk zu Füssen liegt, der könnte auf die Idee kommen, dass The Incredible Hulk eine sehenswerte, gelungene Comicverfilmung ist. Wer hingegen miterleben muss, wie die zwei CGI-Viecher aufeinander einhauen (selbst die Idee, dass Hulk zwei Polizeiauto-Hälften als Boxhandschuhe benutzt, kann hier nichts retten), würde im Leben nicht auf so eine Idee kommen. Selbst die Versuche, dem Ganzen noch ein bisschen Spannung zu verleihen, indem auch die “realen” Figuren mit in den Kampf einbezogen werden, misslingen vollkommen, weil dabei im fragwürdigen Dienste des Drehbuchs General Ross plötzlich seines kompletten Scharfsinns beraubt wird. “Ich habe zwar mehrfach miterlebt, dass Kugeln, ja selbst Granatwerfer keine Auswirkung auf diese Monstren haben, aber ignoriere ich doch mal für einen Moment, dass meine Tochter zwei Meter neben mir sitzt und ordne dem Hubschrauberpiloten an, auf eines der Viecher zu schießen ...” Es ist ja nicht so, als wenn ein Helikopter in engen Hochhäuserschluchten irgendwelchen Gefahren unterworfen sei ...

Naja, wie gesagt, den Showdown einfach sofort vergessen (bei Batman Begins war die Szene mit der Monorail-Bahn auch kein cineastischer Höhepunkt), und danach gibt es immerhin noch eine schöne Schluss-Szene. Und für die Fanboys noch eine Zugabe mit einem Kurzauftritt von Robert Downey jr (Stark Industries und S.H.I.E.L.D. waren schon sehr früh im Film vorgekommen), die wohl einen Avengers-Film (nicht Emma Peel, sondern die Marvel-Rächer) vorbereiten soll.