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5. Februar 2009 | Käte Infektiös und Elisabeth Nagy für satt.org | ||||||
Berlinale-WegweiserIm Vorfeld der Berlinale befragte satt.org einige befreundete Filmkritiker, für einen Berlinale-Wegweiser jeweils etwa drei Empfehlungen (“Ziel erreicht!”) und Warnungen (“Bereich weiträumig umfahren”) auszusprechen. Hier die Ergebnisse: Käte Infektiös, Queer View: Es ist nicht leicht, eine Top-Liste für die Berlinale-Pressevorführungen zu erstellen. Von den 53 von mir wahrgenommenen Pressevorführungen gab es zwar eine gewisse Menge guter Filme, aber keinen einzigen, für den ich Purzelbäume schlagen würde (weswegen ich also diesen Beruf gewählt habe). "Nur" gute Filme verdienen keine Top-Positionen. Es gibt aber zwei tolle Dokumentationen und einen klasse Knetfilm ohne Sperrfrist:
Shit 10: Das ist sehr, sehr unfair. Die Sektion Generation hat zuverlässig wieder die meisten guten Filme im Programm bzw. zumindest der Presse gezeigt. Dieser Sektion sind die Zuschauer wichtiger als die selbstzentrierte Attitüde anderer Sektionen, die auf Weltpremieren pochen - und dann weitestgehend Mist im Programm haben. Wegen Sperrfristen darf ich über Weltpremieren nichts schreiben. In der Shit-10-Liste darf ich deshalb nur über einen Generation-Film schreiben. Die anderen verteilen sich auf 6x Panorama, 2x Deutsche Perspektivlosigkeit und 1x Forum. Trotzdem hat das Panorama insgesamt weit mehr bessere Filme als das Forum und in der Deutschen Perspektivlosigkeit habe ich nur Mist gesehen. Also empfehle ich Generation-Filme. Mit einer Ausnahme: Sorasoi Es gibt wirklich ausgezeichnete japanische Teenagerkomödien über Synchronsportler wie Shinobu Yaguchis Waterboys (2001). Dieses fragwürdige Werk hier, Sorasoi (kein Wort, sondern der Name eines Hotels), über SynchronstrandtänzerInnen ist allerdingst Waterboys' filmkünstlerische Antithese. Er hat drei Regisseure und ist von einer bestenfalls albernen Belanglosigkeit, dass man nicht einmal Superlative für seine Beschreibung finden kann. Eine Kollegin schrie die Pressebetreuung an, wie sie es wagen könne, uns so etwas anzutun... Es gibt noch viele andere schlechte Filme auf der Berlinale, aber die sind nicht so miserabel wie die Weltpremieren der Shit 10 und finden hier deshalb keinen Eintrag. ◊ ◊ ◊
Elisabeth Nagy (freie Journalistin): Wegweiser durch den Festivalprogrammdschungel... Der Umstand, nicht über Weltpremieren im Vorfeld berichten zu dürfen, zumindest nicht wertend, verhindert einen ehrlichen Wegweiser durch den Dschungel des Festivalprogramms. So sehr es auch verständlich ist, dass Filmemacher ihre über Jahre hinweg mit viel Arbeit gehegten Werke nicht schon im Vorfeld ins Aus versetzt sehen wollen, so schwierig ist es für den zahlenden Zuschauer eine vernünftige Auswahl zu treffen. Ein Blick in die Tagespresse, denn frühestens am Premierentag darf über diese geschrieben werden, nutzt dem Cineasten nicht viel, muss er/sie ihre Karten doch drei Tage im Voraus kaufen.
Auch in diesem Jahr hat die Sektion Generation die für mich ansprechendste Auswahl an Filmen. C’est pas moi, je le jure! (Ich schwöre es, ich war es nicht, Generation Kplus) erzählt von Leon, einem problembeladenen Kind, das allerlei Streiche ausheckt, wozu auch gelegentliche Selbstmordversuche gehören. Mit viel Phantasie wirkt es dem Zusammenbruch seiner kleinen Welt, in der seine Eltern sich ständig streiten, entgegen. Ein zarter einfühlsamer Film, nicht nur für Kinder, der aufzeigt, dass nicht immer alles gut wird und trotzdem geht der Zuschauer gestärkt aus der Vorführung.
Auch in Mary and Max (Generation 14plus), dem mit viel Liebe zum Detail erstelltem Knet-Animationfilm, ist nicht alles heile Welt. Mary ist ein trauriges Kind und Max ein trauriger Erwachsener. Es trennt sie ein Ozean, es verbindet sie die Liebe zu Schokoriegeln. Erzählt wird von einer Brieffreundschaft, die ein Leben lang hält und die so düstere und schwierige Themen aufgreift, dass es nur größeren Kindern empfohlen werden kann.
In La journée de la jupe (Skirt Day, Panorama) gibt es ein unerwartetes Wiedersehen mit Isabelle Adjani. Sie spielt Sonia, eine Lehrerin in einer Problemschule, an der der Lehrkörper angewiesen wird, Rücksicht auf alle möglichen Empfindlichkeiten seiner Schüler Rücksicht zu nehmen. Als ihr bei einer Taschenkontrolle eine Waffe in die Hände fällt, gerät sie erst in Panik und dann in Bedrängnis, denn die Situation eskaliert zur Geiselnahme. La journée de la jupe erzählt nicht wirklich Neues, entwickelt jedoch eine Spannung, dem sich der Zuschauer kaum entziehen kann. Fairerweise sollte ich erwähnen, dass der Film gut einen Monat nach der Berlinale (20. März) auf Arte gezeigt werden wird, also keinen regulären Kinoeinsatz haben wird und folglich auch auf der kleinen Leinwand genossen werden kann. Es gibt so einige Filme, von denen ich abraten würde. Durchaus auch mit Leidenschaft, doch da greift obige Weisung. Von dem Mittelmaß würde ich daher nur Afterschool erwähnen, der zu heftigen Diskussionen anregen könnte. Sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht. Mit der Highschool-Geschichte um Video-Betrachtungen auf Youtube, Drogenproblemen und –toten, wird das Leben Heranwachsender als Hölle dargestellt und es ist eine Herausforderung, den Film durchzusitzen.
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