|
Fotos © Senator Film
Fotos © 2009 Warner Bros. Ent.
|
Shopping-Center King
(R: Jody Hill)
Originaltitel: Observe and Report, USA 2009, Buch: Jody Hill, Kamera: Tim Orr, Schnitt: Zene Baker, Musik: Joseph Stevens, mit Seth Rogen (Ronnie Bernhardt), Ray Liotta (Detective Harrison), Anna Faris (Brandi), Michael Peña (Dennis), Celia Weston (Mom), Collette Wolfe (Nell), Dan Bakkedahl (Mark), Jesse Plemons (Charles), John Yuan (John Yuen), Matt Yuan (Matt Yuen), Randy Gambill (Pervert), Aziz Ansari (Saddamn), Debra-Jayne Brown (Female Reporter), Alston Brown (Bruce), Cody Midthunder (D-Rock), Patton Oswalt (Roger), 86 Min., Kinostart: 18. Juni 2009
Top Job
Showdown im Supermarkt
(R: Steve Conrad)
Originaltitel: The Promotion, USA 2008, Buch: Steve Conrad, Kamera: Lawrence Sher, Schnitt: Myron I. Kerstein, Tim Streeto, Musik: Alex Wurman, mit Seann William Scott (Doug Stauber), John C. Reilly (Richard Wehlner), Jenna Fischer (Jen Stauber), Lili Taylor (Lori Wehlner), Chris Conrad (Teddy Grahams), Rick Gonzalez (Ernesto), Adrian Martinez (Octavio), Gil Bellows (Mitch), Bobby Cannavale (Dr. Timms), Joe Farina (Kevin - the Pepsi Rep), Mario Larraza (Edgar), Tory O. Dais (Keith), Abby Allen (Christine), Jason Bateman (Retreat Leader), 86 Min., Kinostart: 4. Juni 2009
Mall Rats - “Hilfssheriff zum Tamponregal!”
Nach dem auch in Deutschland bemerkenswerten Erfolg von Kevin James als Paul Blart: Mall Cop folgen im Juni gleich zwei sehr ähnliche Filme, ein neues Genre scheint aus dem Boden gestampft. Zur Verteidigung der vermeintlichen Nachahmer muss man sagen, dass sie zu zeitig nach dem Mall Cop bereits abgedreht waren, um ihnen den schwarzen Peter des “auf der Erfolgswelle mitschwimmen” anzudrehen. Es ist aber durchaus möglich, dass bei Drehbeginn dieser zwei Werke von jungen Regisseuren, die jeweils auch als Autoren fungierten, zumindest der Plan, Paul Blart: Mall Cop zu drehen, über die Business-Blätter wie Variety im Gespräch war, ein gänzlicher Freispruch ist also ausgeschlossen, der Verdacht bleibt bestehen.
Allerdings versucht eigentlich keiner der zwei Filme, einfach aus dem inhärenten Komödien-Potential schnelles Kapital zu schlagen, beide geben sich viel Mühe, die Regeln des noch jungen Genres zu biegen oder gar zu brechen, und mancher Betrachter mag darin auch das Scheitern der zwei Filme begründet sehen.
Beginnen wir mit The Promotion, der in Deutschland früher startet, und dessen blödsinniger deutscher Titel im Nachsatz “Showdown im Supermarkt” immerhin den leisen Western-Ansätzen des Films Rechnung trägt. Der Ansatz ist schnell erklärt: “Dieser Markt ist zu klein für uns beide”, bzw. geht es um den Job als Marktleiter einer neuen, vielversprechenden Filiale, um den sich die Comedy-Star Seann William Scott (zuletzt in Role Models) und John C. Reilly (noch vor kurzem Golden-Globe-nominiert für Walk Hard) streiten. Angesichts der bisherigen Filme der Hauptdarsteller erwartet der Zuschauer hier einen Schenkelklopfer, auch weil beide in Filmen, in denen sie sich gegen einen anderen Komiker durchsetzen mussten, immer wieder gern besetzt wurden. Doch Regisseur und Autor Steve Conrad ist kein Judd Apatow oder Adam McKay, sondern beispielsweise der Autor hinter dem von ähnlich subtilen Witz durchzogenen The Weather Man oder des eher kitschigen The Pursuit of Happyness. Und so zeigt er auch hier kein “Tit for tat”, das in immer größerem Chaos endet, sondern eine fast politische Kapitalismuskritik, die anhand zweier bedingt sympathischer Figuren, die beide für den Erhalt ihrer Familie den Job benötigen, und aufgrund des verachtenswerten Systems gegeneinandergehetzt werden, wo sie doch Solidarität für das gemeinsame Problem zeigen müssten. John C. Reillys Figur hat hier als “Kanadier” einen geringfügigen Sympathie-Nachteil, der auch aufgrund der Konstruktion des Drehbuchs, die Seann William Scott zuerst und als Identifikationsfigur einführt verstärkt wird, doch dem halbwegs offenen Betrachter wird schnell aufgehen, dass beide Bewerber um den Job die gleichen Schwächen und Stärken besitzen, doch weder die Lage am Arbeitsmarkt noch das Filmgenre erlauben ihnen eine glückliche Verbrüderung, und so geht der Film seinen traurigen Weg, ganz ähnlich wie in The Weather Man, und glücklicherweise nicht ganz so wie in der Hollywood-Version des Neorealismus, die man in The Pursuit of Happyness erleben durfte.
Ein ähnliches Problem hat Observe and Report, denn auch hier wird früh eine Identifikationsfigur etabliert (Seth Rogen), und der vermeintliche Gegenspieler (Ray Liotta) ist eben entgegen dem üblichen Type Casting des auf Bösewichte abonnierten Liotta (zuletzt in Crossing Over oder Road Hogs) keineswegs ein mit unschönen Mitteln arbeitender Fiesling, sondern einfach nur ein Polizist, der seinen Job macht und dabei vom Security-Heini Ronnie behindert wird. Ronnie ist White Trash der Sonderklasse, er ist macht- und waffengeil, grenzdebil, rassistisch bis ins Mark und somit überhaupt kein Sympathieträger, doch das Publikum bekommt hier den Helden, den es verdient. Regisseur und Autor Jody Hill ist relativ unerschrocken und macht aus Ronnier einen faschistoiden Psychopathen, der sich nicht nur in seinen Off-Kommentaren jederzeit mit Travis Bickle oder Rorschach messen könnte. Ein harmloser Exhibitionist, den ich lange Zeit als Ronnies unbekannten Vater in Verdacht hatte (die Ähnlichkeit ist frappierend), wird von ihm einfach zum Perversen erklärt, der mit der vollen Härte des Gesetzes gejagt werden muss. Dass Ronnie selbst jemand ist, der vorm Date-Rape nicht zurückschreckt und der eigentlich viel eher unter Verschluss gehört, das kehrt der Film ein wenig unter den Teppich, und ich befürchte, dass es ähnlich wie bei Taxi Driver oder Watchmen Zuschauer geben wird, die sich stärker mit dieser Figur identifizieren, als es dem Rest der Welt lieb sein kann. Das Perfide an dem Film ist, das er immer in den Situationen, wo man sich angewidert von Ronnie abwendet, einen Scherz einbaut, der die Figur nicht wirklich rehabilitiert, aber zumindest bei Zuschauern mit Kurzzeitgedächtnis die Identifikation im letzten Moment rettet. und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Ronnie wie der Märtyrer Rorschach und der Volksheld Travis ein Happy End erfährt, das er nicht einmal im Ansatz verdient hat. Weshalb viele Zuschauer den Film erbost verlassen werden, und ihn eigentlich nur jemand wirklich gut finden kann, den man nicht kennen will.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich zu den Zuschauern gehöre, die immerhin eine Hochachtung vor der (leider immer handgebremsten) Respektlosigkeit des Regisseurs haben. Bei der blutigsten, unnötigsten und unverzeihbarsten Stelle des Films habe ich mit am lautesten gelacht, weil der Film teilweise so absurd ist, dass der Zyniker in mir völlig losgelöst von der Bedenklichkeit des Stoffs einen Heidenspaß hatte.
Kurz noch erwähnen wollte ich, dass Patton Oswalt, ein Nebendarsteller aus King of Queens, hier eine sehr kleine Rolle hat. Im Wettstreit, welcher dieser zwei Filme wohl noch am ehesten darauf abzielte, den Mall Cop nachzuahmen und vergleichsweise ähnlich abzusahnen, sprechen also die Indizienbeweise gegen Ronnie Bernhardt.