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Bildmaterial © Walt Disney Studios
Motion Pictures Germany GmbH
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Küss den Frosch
(John Musker & Ron Clements)
Originaltitel: The Princess and the Frog, USA 2009, Buch: Ron Clements, John Musker, Rob Edwards, Greg Erb, Jason Oremland, Schnitt: Jeff Draheim, Musik: Randy Newman, mit den Original- / deutschen Stimmen von Anika Noni Rose / Cassandra Steen (Tiana), Bruno Campos / Roger Cicero (Prince Naveen), Michael-Leon Wooley / Bill Ramsey (Louis), Jim Cummings / Robert Missler (Ray), Keith David / Thomas Amper (Dr. Facilier), Jennifer Cody (Charlotte LaBouff), John Goodman (Eli “Big Daddy” LaBouff), Jenifer Lewis / Marianne Rosenberg (Mama Odie), Elizabeth M. Dampier (Young Tiana), Terrence Howard (James), Angela Bassett, Oprah Winfrey (Eudora), Breanna Brooks / Sophia Kronenwett (Young Charlotte), Kinostart: 10. Dezember 2009
Meine Erwartungen an den neuen Disney-Zeichentrickfilm waren hoch. Die Regisseure haben immerhin schon The Little Mermaid (dt.: Arielle, die Meerjungfrau), Aladdin und Treasure Planet gedreht (Hercules hat mich hingegen nicht überzeugt), und auch die Aussicht auf die erste afroamerikanische Disney-Prinzessin und die laut Trailer ganz interessante Umdeutung des Märchens vom Froschkönig erfüllten mich mit Vorfreude. Das Ergebnis entspricht dann auch ganz den Ansprüchen an einen Weihnachtsfamilienfilm in Disney-Tradition, aber für den ewig nörgelnden Kulturpessimisten gab es auch einiges, was zu sehr in der Disney-Tradition verhaftet war.
Mithilfe von Randy Newman versuchte man, mal wieder zur Musical-Vergangenheit Disneys zurückzukehren (die in letzter Zeit ja vor allem in den Realfilmen wie Hannah Montana, High School Musical, Camp Rock oder auch Enchanted vorherrschend ist), und nach einigen Startschwierigkeiten funktioniert das auch (der erste Song ließ mich kalt, der zweite erinnerte vom Setting her stark an die Intro von Beauty and the Beast, und der dritte ist in vielerlei Hinsicht “Almost there”), wobei man die Location New Orleans und deren Musik-Geschichte gut ausnutzt und gleichzeitig an verwandte Disney-Hits aus Filmen wie The Jungle Book oder Aristocats erinnert.
Die Geschichte ist in ihren Grundzügen schnell erzählt: Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Tiana will sich mit viel Arbeit den Traum eines eigenen Restaurants erfüllen, lässt sich aber irgendwie dazu animieren, einen verwunschenen Prinz in Froschgestalt zu küssen, woraufhin aus ihr auch ein Frosch wird. Und das allen Klischees entsprechende Romantic-Comedy-Paar (der Prinz ist natürlich selbstverliebt und arbeitsscheu) sucht dann Hilfe im nahen Sumpf, wodurch man noch einige tierische Nebenfiguren ins Spiel bringen kann wie ein Krokodil, das gerne Jazzmusiker wäre und ein verliebtes Cajun-Glühwürmchen, dessen Angebetete namens Evangeline unerreichbar scheint.
Der Bösewicht ist ein Voodoo-Zauberer, dessen Gesichtszüge ähnlich stark an Jafar erinnern wie die des Prinzen an Aladdin, dessen Schatten aber ähnlich eigenständig wie bei Coppolas Dracula agiert, was visuell durchaus interessant ist. Doch zumindest für Vorschulkinder scheint die Schattenthematik (insbesondere die später auftauchenden Schattenwesen aus dem Jenseits) etwas zu gruselig.
An vielen Stellen wirkt The Princess and the Frog etwas zusammengefleddert. Man ließ sich ausgiebig von der Disney-Geschichte inspirieren, doch wo die Neuinterpretation des Spaghetti-Kusses aus Lady and the Tramp (dt.: Susi und Strolch) per Froschzungen noch gelungen scheint, wirken die Szenen im Sumpf, wo die Frösche auf dem Bauch des auf dem Rücken treibenden (freundlich gesinnten) Krokodils sitzen wie einst Mowgli auf Baloo zu sehr wie ein minderwertiger Aufguss. Das Sumpf-Personal ist natürlich sehr ähnlich wie in The Rescuers (dt.: Bernard und Bianca), aber Krokodil und Glühwürmchen können keine wirkliche Eigenständigkeit ihrer Figuren erreichen. Noch schlimmer ist es bei den menschlichen Nebenfiguren wie Tianas seit Kindestagen bester Freundin Charlotte, die ab ihrer ersten Szene nervt (auch, wenn sie das wahrscheinlich sogar soll) und deren Vater “Big Daddy”, der eigentlich nur von der Stimme John Goodmans getragen wird. Dem Film fehlen einfach ein paar eigene Ideen, ich behaupte einfach mal frech, wenn man ein Jahr mehr in die Entwicklung gesteckt hätte, wäre eine wirkliche Neubelebung des Zeichentrick-Zweigs des Studios (durch Besucherzahlen) möglich gewesen, aber womöglich fehlt einfach das Vertrauen in das Medium (Zeichentrick), dass man zu Zeiten von Aladdin noch hatte. Man kann sich keinen Flop leisten, man will nicht das dreifache einer Computeranimation in die Produktionskosten stecken, und das Ergebnis ist dann irgendwie wie ein Sicherheitsversuch, wie es ihn in vielen Leichtathletikdisziplinen gibt. Es ist immer noch schön, einen klassischen abendfüllenden Old-School-Disney-Zeichentrickfilm zu sehen, aber gerade, weil es diese nicht mehr jedes Jahr gibt, erwartet man einfach ein bißchen mehr.