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Bildmaterial © 2010 Schwarz Weiss Filmverleih
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Das Lied in mir
(Florian Cossen)
Deutschland 2010, Buch: Elena von Saucken, Florian Cossen, Kamera: Matthias Fleischer, Schnitt: Philipp Thomas, Musik: Matthias Klein, mit Jessica Schwarz (Maria), Michael Gwisdek (Anton), Raphael Ferro (Alejandro), Beatriz Spelzini (Estela), Alfredo Castellani (Hugo), Marcela Ferrera (Ana), Carlos Portaluppi, 95 Min., Kinostart: 10. Februar 2011
Die Schwimmwettkämpferin Maria (Jessica Schwarz) ist auf dem Weg nach Chile. Auf einem Zwischenstop-Flughafen hört sie, wie eine Mutter ihrem Baby ein Lied vorsingt. Obwohl Maria kein Spanisch spricht, erkennt sie dieses Wiegenlied wieder und ist verwirrt. Sie macht einen Ausflug nach Buenos Aires (Touristikplakat: »Buenos Aires is waiting for you«), und ihr Vater Anton (Michael Gwisdek) eilt zu ihr.
Es stellt sich heraus, dass sie von Anton und dessen inzwischen verstorbener Frau nur adoptiert worden war, ihre Eltern starben als Opfer der Militärjunta. Maria ist schockiert ob der Lüge, die drei Jahrzehnte ihres Lebens prägte, sie konfrontiert ihren Vater. »Weißt Du, was Liliane mir mal als Kind vorm Einschlafen erzählt hat? Wie es war, mich im Bauch zu haben!«
Der »entthronte Vater« (schöne Formulierung aus dem Presseheft) will Maria so schnell wie möglich nach Deutschland mitnehmen, die Vergangenheit verdrängen. Doch Maria recherchiert stattdessen, ob noch Mitglieder ihrer »echten« Familie am Leben sind (»Nun mal langsam, Maria. Das ist keine Suche, wo man einfach mal durchklingeln kann.«). Sie findet neben einer Männerbekanntschaft, die auch einen interessanten Hintergrund hat (»Familien von verschwundenen Leuten mögen keine Polizei«), einen Onkel, eine Tante und eine Großmutter, und die neu (wieder-)gefundene Familie gibt spontan ein Fest für sie, während die Beziehung zu Anton immer mehr zerbricht. (»Hast Du Deinen Vater nie gefragt, was er gemacht hat in der Diktatur?« --- »Ich will nicht, dass er mir was erzählt oder dass ich ihn hassen muss.«)
Schon aufgrund der Besetzung von Michael Gwisdek wirkt Das Lied in mir ein wenig wie ein Gegenentwurf zu Vater Morgana. Wenn der verschwundene Vater auftaucht, wird daraus eine (misslungene) Komödie, wenn der behauptete Vater sich wie eine Fata Morgana in Luft aufzulösen droht, ist dies der Stoff eines Dramas.
Der Abschlussfilm des ebenfalls weitgereisten Regisseurs überzeugt durch seinen Recherche-Hintergrund und die gut eingefangene Atmosphäre der »Hauptdarstellerin« Buenos Aires. Die Konfrontation wirkt zwar ein wenig typisch für den deutschen Film, aber wäre exakt genauso in einem spanischsprachigen Film verlaufen, wäre ich nie auf so eine Idee gekommen. Und an Michael Gwisdek wird es auch gelegen haben.
Jessica Schwarz kommt übrigens immer mehr von ihrem »hübsche Moderatorin«-Image weg, und einige kammerspielartige Szenen im Hotelzimmer brennen sich gemeinsam mit den Helikopteraufnahmen über der argentinischen Hauptstadt erstaunlich stark ins Gedächtnis.